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Meeres-Rauschen

Potzblitz: ein Donnerkeil!

Der Ostwind hat wieder mal Unmengen von Seegras, Steinen, Muscheln und Meerschnecken an Land gespült. Aber nicht nur an Tagen wie diesen vergeht kein Spaziergang am Strand ohne Sachensuchen. Meine Augen scannen im Vorbeigehen die Stellen ab, an denen besonders viele Kiesel angeschwemmt wurden, immer auf der Suche nach Donnerkeilen. Früher gab’s die zuhauf am Ostseestrand der Lübecker Bucht. Ich habe sie gesammelt – für einen Vorhang. Aufziehen wollte ich sie, an dicken Nylonfäden, einen nach dem anderen … bis mir klar wurde, dass wohl kein Türrahmen das Gewicht aushalten würde. Dann habe ich meine Sammlung verschenkt, um das schon einige Zeit später bereut. Jetzt sammele ich wieder …
Ha, ich hab‘ einen gefunden! Und frage doch gleich mal bei Dr. Vollrath Wiese nach. Der Museumsleiter im Haus der Natur in Cismar kennt sich nämlich mit so etwas aus.

Textfeld: (Porträtfoto) 
Dr. Vollrath Wiese ist ein Doktor. Aber keiner, der einen von Hühneraugen befreit oder Knochen repariert, sondern promovierter Erziehungswissenschaftler. Und er ist ganz verrückt nach Muscheln und Schnecken. Also hat er sich als Biologe auf diese sogenannten Mollusken spezialisiert. Von denen hat er Tausende gesammelt, genauso wie andere spannende Sachen aus dem Meer, vom Strand und an Land und 1979 das Haus der Natur im Klosterdorf Cismar gegründet.
Dr. Vollrath Wiese ist ein Doktor. Aber keiner,
der einen von Hühneraugen befreit oder Knochen repariert, sondern ein promovierter Erziehungswissenschaftler. Und er ist ganz verrückt nach Muscheln und Schnecken. Also hat er sich als Biologe auf diese sogenannten Mollusken spezialisiert. Von denen hat er Tausende gesammelt, genauso wie andere spannende Sachen aus dem Meer, vom Strand und an Land und 1979 das Haus der Natur im Klosterdorf Cismar gegründet.

Moin, Vollrath, guck mal, was ich gefunden habe …

Dr. Vollrath Wiese: Ah, das Stück eines versteinerten Belemniten!

Ich dachte, das ist ein Donnerkeil …
Ja, so wird der ja auch genannt.Dieser volkstümliche Name kommt daher, dass die Menschen bei Gewitter vor ein paar Jahrhunderten noch glaubten, mit den Blitzen schleudere der Donnergott Keile auf die Erde, eben diese Donnerkeile. Um Blitzschläge abzuwenden, legten sie die Versteinerungen unter ihre Hausdächer. Manche trugen sie auch als Schutz gegen einen Hexenschuss bei sich.

So sahen die Belemniten aus. Aber sie waren natürlich viel größer als dieses Modell, nämlich einige Meter lang

Klingt lustig, aber wer wissenschaftlich arbeitet wie du, weiß natürlich, dass Donnergötter ins Reich der Mythen gehört.
Wer weiß, vielleicht hat es Donnergötter ja mal gegeben, aber einen Beweis dafür gibt es nicht (lacht) – im Gegensatz zu ihren Keilen, die natürlich keine echten Donnerkeile sind. Es sind die Schwanzspitzen eines Belemniten, oder besser gesagt: die Verlängerung ihrer Rückenplatte. Belemniten sind übrigens fossile Kopffüßer, die zur Gruppe der Tintenfische gehören und in der Kreidezeit gelebt haben, also vor rund 70 Millionen Jahren. Aber dann sind sie ausgestorben, zusammen mit den Dinosauriern. Die Donnerkeile, die wir hier am Ostseestrand finden, waren auch mal länger, sind aber meistens durch den Gletschertransport der Eiszeit zerbrochen

Erst das große Aussterben der Belemniten, jetzt gibt’s auch immer weniger Donnerkeile. Darf ich diesen behalten, oder fällt der etwa unter den Artenschutz?

Gute Frage! Tatsächlich fallen bestimmte Muschel- und Schneckenschalen unter den Artenschutz. Aber klar kannst du deinen Donnerkeil behalten, solange du keinen Laden damit aufmachst …

Info Vollrath Wiese bietet in Kellenhusen und Grömitz unter dem Motto „Erlebnis Ostsee“ Naturführungen an.
Adresse Haus der Natur, Bäderstraße 26, 23743 Cismar,
Tel. 04366 – 1288, www.hausdernatur.de

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Land-Lauschen

Wie die Kunst
zu den Bauern kam

An der B 501, zwischen Grube in Ostholstein und Heringsdorf, liegt der Rosenhof. Die umliegenden Äcker werden von einem Landwirt bewirtschaftet. An einer seiner Scheunen hat er ein Transparent befestigt, so groß, dass keiner daran vorbeifahren kann. Darauf steht „Ihr sät nicht und ihr erntet nicht, aber ihr wisst alles besser … Liebe Landwirtschaftskritiker, sprecht mit uns, nicht über uns.“  Dieser Aufforderung kommt LANDKUNSTSTÜCK gerne nach. Der gleichnamige Verein, den wir vor fünf Jahren gegründet haben, möchte Einheimische und Gäste des Ostseeferienlandes über die Kunst zum Dialog mit den Landwirten einladen.

Und das kam so …

Mein langjähriger Kollege und Freund Ekkehard Briese besuchte mich mal wieder auf dem Land in Ostholstein. Er träumte seit seiner Studienzeit davon, ein Kunstprojekt auf dem Land zu realisieren. Als wir in meinem Garten zusammensaßen, erzählte ich ihm von einem Milchbauern, den ich als Journalistin anderthalb Jahre begleitet hatte. Ein Landwirt, der sehr selbstkritisch auf das blickt, was er tut. Einer, der wie viele andere tagtäglich den Spagat übt zwischen dem, was er als gläubiger Christ der Schöpfung schuldig zu sein glaubt – und der Notwendigkeit des wirtschaftlichen Überlebens seines Betriebs. Im ständigen Abwägen muss er oft genug seinen Verstand nutzen, ohne sein Herz dabei zu verlieren. 

Baum – Mensch – Baum: Skulptur der Künstlerin Margit Huch auf Bokhorst bei Kellenhusen

Er erzählte mir von den Herausforderungen, vor denen er, seine Familie und seine Kollegen stehen. Von dem Spagat, den die Obst- und Ackerbauern und Viehhalter leisten müssen: zwischen dem Weltmarkt und den Lebensmitteleinzelhandels-Riesen, die ihnen die Preise diktieren, dem Klimawandel und der Technisierung, zwischen den Verbrauchern, die billig essen wollen, und den Ausflüglern, die süße Ferkel und Kälber über die Wiesen toben sehen wollen, und den Umweltschützern, die die Natur bedroht sehen. Ganz schön viel auf einmal, wenn einem alle reinreden wollen in einen Beruf, von dem die meisten nichts verstehen, oder?  

Miteinander schnacken statt übereinander

Ekkehard, der Kunstverständige, hatte sich für sein Landart-Projekt die Marke LANDKUNSTSTÜCK schon schützen lassen und plante, die Kunst durch eine Fahrradroute miteinander zu verbinden. Mir war es wichtig, dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen: die Landwirte mit den Künstlern, die Künstler mit den Verbrauchern und die Verbraucher mit den Landwirten. Damit war die Idee zu dem Projekt LANDKUNSTSTÜCK, wie es heute ist, geboren. 

Auch auf dem Land wird ja viel übereinander geschnackt statt miteinander. Nach meiner Erfahrung fühlt es sich für alle schöner, runder und aufrichtiger an, wenn man mal sich erkundigt, warum jemand etwas macht und auf welche Weise er es tut. Denn mit interessierten Fragen statt vorschnellen Urteilen lässt sich vieles besser verstehen. 

von bienen und blüten: Gedicht von Doris Runge für den Apfelhof Grimm bei Cismar

Dennoch war es ein oft nicht ganz einfacher Weg, die Bauern für die Idee zu erwärmen, dass wir ihnen ein paar Stücke Kunst auf das Land stellen wollten. Umso mehr habe ich mich über das Vertrauen gefreut, als die ersten Bauern Ja sagten und sich auf dieses Experiment eingelassen haben. Denn mit LANDKUNSTSTÜCK werden Kunst und Landwirtschaft erlebbar und erfahrbar. Unmittelbar, jenseits von Klischees und abseits von Museen. Jederzeit zugänglich und kostenlos für jedermann, ideologiefrei und unparteiisch. 

Abschied von Bullerbü

Mittlerweile stehen zwischen Grömitz, Cismar, Kellenhusen, Grube und Lensahn acht Skulpturen und Installationen. Die Knolle etwa, die Ulf Reisener und Ingo Warnke (www.heiliger-schein.de) für Steensens Bauernhof http://www.steensens-bauernhof.de geschaffen haben, ist ein Symbol dafür, dass ein Landwirt heute auf einem Bein kaum noch stehen kann. Als eine Huldigung der ostholsteinischen Hügellandschaft darf der Stein wie eine Landschaft von Ulrich Lindow für den Hof Dammer in Kattenberg verstanden werden. In seiner Videoinstallation Splitter nimmt Jobst von Berg http://www.jobstvonberg.de im Silo auf Hof Körnick Abschied von der Bullerbü-Idylle, die der Künstler selbst einst mit dem bäuerlichen Tun verbunden hat. Der Bildhauer Johannes Caspersen http://www.johannes-caspersen.de hat sich mit dem Thema Landgewinnung für den Ackerbau auseinandergesetzt und die beiden Stammgäste im trockengelegten Gruber See geschaffen.  

Bäume, Bienen und Gedichte

Generationenallee: Winni Schaak für den Hof Siems in Riepsdorf

Die Künstlerin Margit Huch http://www.margit-huch.de hat sich mit dem Bioland-Landwirt Kay Axt in Bokhorst zusammengetan und ihre Installation Baum – Mensch – Baum geschaffen. Sigrid Stegemann hat sich in ihrer Installation Bodenpunkte auf den Salzwiesen von Hof Hopp http://www.freizeitreiten-hopp.de in Lenste mit der Bodenfruchtbarkeit beschäftigt. Für den Bioland-Apfelhof Grimm hat die Lyrikerin Doris Runge aus dem Weißen Haus in Cismar mit einem Gedicht den bienen und blüten ein Denkmal gesetzt. Und der Bildhauer Winni Schaak (www.winnischaak.de) ist mit seiner Generationen-Allee bei dem Schweinemäster und Sauenhalter Carsten Siems in Riepsdorf zu Gast.

Vielleicht habt ihr ja auch mal Lust, mit einem der Bauern ins Gespräch zu kommen? Dann schwingt euch aufs Fahrrad und entdeckt das schöne Achterland im Ostseefreienland

Mehr Infos, auch zu Terminen und Routen, unter www.landkunststück.de