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Land-Lauschen

Von Knicks, Küken und Kreisläufen in der Landwirtschaft

Auf Reportage ist man einiges gewohnt: Nach 1200 Kilometern Anreise ist der Protagonist plötzlich erkrankt. Eine lange vorbereitete Geschichte über Weinbergpfirsiche scheitert an nicht enden wollenden Regengüssen. Und eine wahnsinnig (!) spannende Geschichte stellt sich vor Ort nach ein paar Recherchen als Luftnummer heraus. Oder: Ein Fototermin, von dem man glaubt, er sei in einer Viertelstunde erledigt, zieht sich über Stunden hin. Am Ende hat man nur eine Handvoll brauchbare Motive. Aber dafür ist man um unbezahlbare Abenteuer reicher, so wie in diesem Fall.

Von wegen, einmal eben um die Ecke fahren …

Mein Herzensprojekt Landkunststück habe ich euch ja schon vorgestellt (https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/02/01/herzensprojekt-landkunststueck/). Aus der Vorstandsarbeit habe ich mich zurückgezogen, aber mit den Landwirten und KünsterlInnen fühle ich mich noch immer verbunden. Also bin ich fix mal rübergefahren nach Siggeneben, ist ja bei mir um die Ecke. Die Künstlerin Inga Momsen aus Flensburg http://www.ingamomsen.de hat dort für Heike und Kai-Dieter Kölle von Gut Rosenhof (Gemeinde Grube http://www.gemeinde-grube.de) ein Schwimm-Knick geschaffen. Die Kunst-Installation war lange geplant, dann kam Corona und mit ihm Lieferprobleme (aber das alles auszuführen würde jetzt einfach zu lange dauern). „Inga“, sagte ich, „ich brauche ein Foto für mein www.strandkorb-gefluester.de. Ich würde gern mal für eine Viertelstunde rumkommen.“ Inga: „Alles klar, ich sag dir Bescheid, wenn ich kurz davor bin, meine Installation ins Wasser zu lassen.“ Es sind ja nur fünf Minuten von hier nach dort.

„Schwimm-Knick“ in Rosenhof: Poesie in der Landschaft

Aus 45 Minuten wurden vier Stunden und Inga brauchte mehr als ihre beiden Hände – also auch meine –, um ihren Schwimm-Knick zu Wasser zu lassen: Taue spannen in einem Kahn mit Leck, der sich im Seegras immer wieder festfuhr und durch den Ostwind ständig vom Kurs abkam, während der Wasserpegel im Rumpf stieg. Brüchiges Material, das ersetzt werden musste … Am Ende ist die Aktion geglückt. Und nun schwebt der Schwimm-Knick übers Wasser.


Respekt vor der Geduld von Kai-Dieter Kölle und seinem „Assistenten“ Jakob, die eine gefühlte Ewigkeit am Ufer saßen und uns Frauen bei der Schwerstarbeit zugesehen haben, ohne uns anzutreiben 😉 Ich danke Inga Momsen für ein Stück Poesie inmitten der Landschaft Ostholsteins und beglückwünsche meinen Verein zu einem weiteren Landkunststück, das diese Region noch lebenswerter macht. Und meine Foto und meine Interviews mit Inga Momsen über ihre künstlerische Interpretation und Kai-Dieter Kölle über das, was in als Landwirt antreibt, die habe ich am Ende auch noch bekommen.

Die Dateien habe ich auf meiner Facebook-Seite hochgeladen:

Zum Lauschen mit Inga Momsen, die mächtig gegen den Ostwind anreden musste, geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=2981760621921999

Zum Lauschen mit Kai-Dieter Kölle geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=692698548180290

Den Schwimm-Knick findet ihr zwischen Rosenhof und Siggeneben auf dem Teich rechts hinter dem Wald

„Mobile Home“ in Groß Schlamin: Davon träumen Legehennen

Ein Landkunststück von Arno Neufeld für
den Geflügelhof Wulf in Groß Schlamin

Lena Niehoff und Tim-Ole Wulf mit Berta
Foto: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft

Tim-Ole Wulf und Lena Niehoff in Groß Schlamin halten Geflügel – Legehennen im Freiland und in Bodenhaltung. Und sie mästen Hähnchen für den Lebensmittelhandel. Als Arno Neufeld http://arnoneufeld.de die beiden das erste Mal besuchte, war er noch erfüllt von den Bildern seiner Kindheit, auf denen Hühner im Gras nach Würmern pickten. Die Realität heute ist eine andere. Ob bio oder konventionell – Hühner werden im großen Stil gehalten. Arno nahm das mit Humor. Und wie hat er seine Aufgabe erfüllt, Kunst für den Verein LANDKUNSTSTÜCK e.V. http://www.landkunststueck.de zu erschaffen?       

Arno Neufeld über sein Mobile Home
Witziger Guckloch-Effekt

„Angesichts der Abläufe und des Lebenswandels vor Ort dachte ich, ob die Hühner in ihren Träumen nicht ein wenig Abwechslung und Entspannung herbeisehnen. Da sie selbst nicht als überragende Flieger bekannt sind, habe ich mit einem Mobile Home Abhilfe geschaffen. Damit biete ich den Hühnern auf dem Hof einen modellhaften Ausflug an, der Komfort und Luftveränderung verbindet.“

Die Installation „Mobile Home“ ist ein stillgelegter VW Golf. Auf der Außenhaut des Wagens sind malerische Szenen aus dem Hühnerleben abgebildet, kleine Gucklöcher gestatten einen Blick in das komfortable Wageninnere. Dort hat Arno für warme Nester gesorgt. Es gibt eine Kükenkrippe auf der Hutablage. Futternäpfe dürfen nicht fehlen und die Getränke werden stilvoll vorgehalten. Sogar Sitzstangen und Hühnerleiter sind Bestandteil der Ausstattung.

Aber am besten setzt ihr euch einfach mal aufs Fahrrad und guckt selbst mal rein.
Kleiner Tipp: Nach Einbruch der Dämmerung ist es besonders schön, denn dann macht sich Schummerlicht im Mobile Home breit. Aber pssst! Die Hühner sind dann schon längst zu Bett gegangen.

Adresse: Geflügelhof Wulf, Hauptstraße 14, Groß Schlamin

„kreise, kreise“ in Krummbek: Der Klang von Milch und Mist

Ein Landkunststück von Maria Malmberg
für Gut Krummbek (Gemeinde Schashagen)

Familie de la Motte hat den Wirtschaftskreislauf auf ihrem Hof perfektioniert. Stark vereinfacht funktioniert das so: Getreide dient als Futter für die Milchkühe des Hofes, die Kühe geben Milch, die Gülle aus dem Stall wird in einer Biogasanlage aufbereitet, mit der Energie werden der Hof und die umliegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude gewärmt. Und was an festen Bestandteilen übrigbleibt, landet als Einstreu wieder im Kuhstall.

Wie Martin de la Motte und seine Familie wirtschaften, erklärt er hier (auf meiner Facebook-Seite) – unterlegt von einer ersten Klang-Hörprobe: https://www.facebook.com/watch/?v=214136906334099

Kälber-Kinderstube auf Gut Krummbek
Foto: Strandkorb-Geflüster/ C. Reshöft

Die Künstlerin Maria Malmberg http://mariamalmberg.de hat diesen Wirtschaftskreislauf in ihrer Klanginstallation „kreise, kreise“ interpretiert. „Der Kreislaufgedanke findet sich zum einen formal in der Innenkreisplatte wieder, aus der die Installation erklingt und auch in der Klangschale, in der ich den Klang erzeugt habe“, erklärt Maria ihr Landkunststück. „Inhaltlich habe ich mich auf die Stationen konzentriert, die Martin de La Motte mir bei dem Hofrundgang gezeigt hat. Zum einen den Weizen, die Milch der Kühe, photonengereinigtes Wasser, flüssiges Substrat und Gülle. Alle diese flüssigen Materialien habe ich nacheinander in eine Klangschale gefüllt und die Töne, die dabei erzeugt wurden, mit speziellen Mikrofonen aufgenommen, während ich die Klangschale umkreist habe. Zusätzlich habe ich ein Unterwassermikrofon installiert, das die Bläschen und Wassertropfen hörbar macht – das klingt dann fast wie ein Glockenspiel …“

Maria Malmbergs kreise, kreise ist ein ganz besonderes Hörerlebnis! Nehmt euch 9 Minuten Zeit dafür – und genehmigt euch dazu ein Glas Milch von der Milchtankstelle am Hof gegenüber

Adresse: Hof Krummbek, Dorfstraße 5, 23730 Schashagen – gegenüber von der Milchtankstelle

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Reise-Geflüster

(M)Ein perfekter Tag
in Hamburg

Diese Tipps für einen perfekten Tag in der Elbmetropole stammen
aus meinem Buch National Geographic Styleguide Hamburg *.
Die tollen Bilder dazu hat die Fotografin Anne Eickenberg gemacht (http://www.anne-eickenberg.de)

Frühstück im Café Schmidt

Zwischen Fischereirestaurants und Feinschmeckermärkten hat sich dieses charmante Café einquartiert. Deshalb heißt die hauseigene Kaffeemarke »Waterkant«. In der gläsernen Bäckerei werden die ausgezeichneten Tartelettes, Kuchen, Torten und Quiches zubereitet. Ich werde rundum glücklich beim Frühstück mit einem typisch hamburgischen Franzbrötchen und selbst gebackenen Broten. Kein Wunder, denn bei Schmidt & Schmidtchen schmeckt Norddeutschlands erster Brotsommelier heraus, ob der Salzanteil 1,8 oder 1,9 Prozent beträgt. Nehmt deshalb unbedingt ein Ankerbrot mit!
• Große Elbstraße 212 http://www.schmidt-und-schmidtchen.de

Saúde! Portugals Sonne im Gin Sul

Sobald an der Südwestküste Portugals die Lack-Zistrose „weint“, wird sie geerntet. Das harzige Öl ihrer Blätter ist eines der Geschmacksgeheimnisse des portugiesischen Gins, der in Hamburg destilliert wird. Entdeckt hatte Stephan Garbes das neben Wacholder blühende Aromawunder per Zufall während eines Urlaubs. Daraufhin begrub der Ex-Werber seinen Aussteigertraum und gründete eine Destillerie in seiner Heimatstadt. Seither betört der Duft gebrannten Wacholders, Rosmarin und Zitrone die Nasen. Und der frische Geschmack berauscht all jene, die Gin-Kultur für sich entdecken wollen.
• Bahrenfelder Steindamm 2 http://www.gin-sul.de

Männermode bei Christian Adler

Diese Pullover! Ohne Bündchen, ohne jeden Schnickschnack. Gestrickt aus bester Schurwolle, gefertigt in einer norddeutschen Strickmanufaktur. Sie sind nach Christian Adlers Entwürfen gemacht für Männer. Aber auch weibliche Kunden, die auf der Suche nach dem Besonderen für den Mann an ihrer Seite durch die „Herrenboutique“ stöbern, dürften sich in diese und andere Edelteile verlieben.Weil Christian nur macht, was er mag, gibt es bei ihm nicht nur klassische Teile ausgesuchter Designer und guten Kaffee. Er verkauft auch traumhafte Bildbände und selbst designte Allzweckschürzen – und die sind, wie sollte es anders sein, für Männer gemacht.
• Bei der Reitbahn 3 http://www.adler-altona.de

Mittags ins Ti Breizh

Krasser kann der Gegensatz kaum sein, wenn ihr die coole HafenCity verlasst und rüber in die Deichstraße, das Herz des historischen Hamburgs, wechselt. Hinter der barocken Fachwerkfassade von Nr. 39 versteckt sich das Haus der Bretagne. Im Souterrain geht es vorbei an einer Boutique mit maritimer Mode – immer schön der Nase nach. In der Crêperie Ti Breizh werden köstliche Buchweizen-Galettes gebacken. Mein Favorit: mit Roquefort, Birne, Parmaschinken und Walnüssen, dazu ein bretonischer Apfelwein. Délicieux! Im Sommer genieße ich meinen Lunch auf dem Ponton direkt am Nikolaifleet, wo sich einst der Hamburger Hafen befand.
• Deichstr. 39 http://www.tibreizh.de

Bedrucktes von Frohstoff

In einer Seitenstraße des Großneumarkts findet ihr diesen hübschen Laden. Die beigefarbenen Kacheln sind Relikte aus den 1930er-Jahren. Da wurden in dem Krämerladen noch Lebensmittel verkauft. Es gab wohl sicher schon Geschirrhandtücher aus Leinen, aber
die waren wahrscheinlich nicht so schön wie die von Frohstoff. Tiere, Pflanzen und Maritimes sorgen für gute Laune. Ob Brotbeutel, Servietten, Kissen oder ein Postkartengruß – alles, was die Manufaktur verlässt, ist selbst genäht oder per Hand vom Sieb gedruckt. Und weil dabei nur ökologisch vertretbare Materialien verwendet werden, nehmen wir guten Gewissens ein paar Souvenirs mit nach Hause.
• Wexstraße 38 http://www.frohstoff.de

Kaufrausch im Perle Store

Ja, natürlich hat Sabine Brandt schlichte Brands, wie Hanseaten sie mögen: Klassische Mode in Grau, Blau und Beige und herausragender Qualität. Echte Entdeckungen in der »Perle« macht ihr aber zwischen den Statement-Mustern und -farben, die den Concept-Store am Großneumarkt dominieren. Das zwischen Innenstadt, Hafen und Planten un Blomen verortete Quartier hat sich in den vergangenen Jahren neu erfunden. Auch die gebürtige Hessin Sabine hat eine Schwäche für alte Ideen im neuen Gewand und den Blick für das Besondere, ob es nun um Mode geht, ausgefallene Geschenke oder Accessoires, von denen man sich nie wieder trennen mag.
• Großneumarkt 22 http://www.perlestore.com

Dekoratives aus dem Maison F.

Fabelhafte Wesen bevölkern den exotischen, ein wenig geheimnisvollen Laden von Falk Pachulski: Affen tragen Lampen- schirme, langarmige Kraken bewachen Keramiktöpfe, leuchtende Korallen blühen auf edlem Porzellan, dazwischen chinesische Deckelvasen und mit Achat-Scheiben belegte Boxen. Der Einrichter, der sich gerne auf seinen Reisen durch die Beneluxländer inspirieren lässt, war viele Jahre Merchandiser bei einem renommierten Juwelier. Dieses traumhafte Geschäft ist mit so viel Fantasie, Geschmack und Liebe dekoriert – da findet ihr sicher ein einzigartiges Souvenir.
• Poolstraße 32 http://www.maison-f.de

Papeterie bei Papier & Feder

Ich habe tatsächlich schon ein kleines Vermögen ausgegeben für Briefpapier, Karten, Kistchen und Schreibgeräte. Egal wo ich bin, zieht es mich dorthin, wo ich meine Lust auf Papeterie befriedigen kann. Rea Ortmanns wunderbarer Laden gehört definitiv dazu! Zwischen handgeschöpften Papieren mit eleganten Stahlstichmotiven und ungewöhnlichen Grußkarten, wie jenen mit den ebenso schlichten wie originellen Hamburg-Motiven (von der Ladeninhaberin selbst gedruckt) und den tollen Armbänder aus originalen Schreibmaschinentasten, fällt die Wahl diesmal besonders schwer.
• Colonnaden 108/Ecke Esplanade http://www.papierundfeder.com

Land-Look von Todt & Meiers

Die Fassade ist aus den Fifties, die Mode für Frauen und Männer dahinter ist jedoch zeitlose schöne Basis-Garderobe fürs Drüber und Drunter. Von der Umhängetasche ohne Blingbling über nicht einengende Blusen bis zur fabelhaften Shapewear von Spanx ist alles angenehm schnörkellos. Ich liebäugele mit einem stoffummantelten silbernen Flachmann als Geburtstagsgeschenk für den besten meiner Freunde, entscheide mich dann aber egoistisch für ein Paar Schnürer von Cordwainer und eine knautschige Kulturtasche von Qwstion, die sich als wahres Raumwunder auf Reisen entpuppt.
• Weidenallee 17 http://www.todt-meiers.de

Kuchentraum im Harbor Cake

Was dabei herauskommt, wenn sich ein kerniger Südtiroler und eine Hamburgerin zusammentun? Ein unbeschreiblich gemütliches, bis ins Detail liebevoll gestaltetes kleines Café. Unter leuchtenden Globen an der Decke, zwischen Kaffeesäcken, maritimen Bildern und alpinen Liebhabereien erliegen wir dem, was Giorgio in der Küche zaubert und Yvonne mit Hingabe serviert. Zum Beispiel den unverschämt leckeren Käsekuchen mit Passionsfrucht, sahniges Himbeer-Tiramisu, Tiroler Walnusstorte oder verführerische Knödelspezialitäten, die authentisch nach Giorgios schöner Heimat schmecken.
• Marktstraße 36 http://www.harbor-cake.de

Viva! Mexiko Straße

Heute stehen in der vergnügt bunten Taqueria in einer Seitenstraße der Reeeperbahn Tostadas de Chapulines und Tuétano auf der Tageskarte. Was das ist? Nicht fragen, einfach probieren! Ansonsten entgehen euch die Spezialitäten der authentischen Küche Mexikos. Mit dieser will uns Miguel Zaldívar bekannt machen. Das gelingt ihm und seinem Team auf so sympathische Weise, dass man ihren Empfehlungen blind vertraut. Die Ceviches und Guacamoles köstlich, die – auch veganen – Tacos umwerfend. Mein Favorit: die mit schwarzen Bohnen und Kochbanane, nach einem Rezept von Miguels Mama.
• Detlev-Bremer-Straße 43 http://www.mexikostrasse.com

Kunstvoll übernachten im Kleinen Schwarzen

In Eimsbüttel geht alles etwas gemütlicher zu – wie in einem Dorf, in dem man sich kennt und keine allzu großen Aufgeregtheiten schätzt. Umso überraschender ist das Hotel, das Bettina und Ralph Merz in einer ruhigen, von Kastanien gesäumten Wohnstraße geschaffen haben. Die Fassade von »Das Kleine Schwarze« ist in eben dieser Farbe gestrichen. Das ist aber auch schon das Einzige, was an diesem Hotel von Bestand ist. Checkt einer der vielen Stammgäste ein, kann es passieren, dass er sein Lieblingszimmer nicht wiedererkennt. Denn Bettina Merz und ihr Mann Ralph lieben und leben den ständigen Wandel. Die Bühnen-Kostümbildnerin und der Ex-Art Director beauftragen jedes Jahr Künstler mit der Neugestaltung aller Räume. Ein guter Grund, jedes Jahr wiederzukehren.
• Tornquiststraße 25 https://das-kleine-schwarze.com/

Lust auf weitere Entdeckungen?
In meinem Reiseführer findet ihr 132 außergewöhnliche Tipps:
National Geographic Styleguide Hamburg, ISBN: 9783866905474

Ihr habt Zeit und wollt mehr von der Welt entdecken?
Dann schaut mal unter Claudia Reise-Geflüster https://www.strandkorb-gefluester.de/reise-gefluester/

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Land-Lauschen

Wie die Kunst
zu den Bauern kam

An der B 501, zwischen Grube in Ostholstein und Heringsdorf, liegt der Rosenhof. Die umliegenden Äcker werden von einem Landwirt bewirtschaftet. An einer seiner Scheunen hat er ein Transparent befestigt, so groß, dass keiner daran vorbeifahren kann. Darauf steht „Ihr sät nicht und ihr erntet nicht, aber ihr wisst alles besser … Liebe Landwirtschaftskritiker, sprecht mit uns, nicht über uns.“  Dieser Aufforderung kommt LANDKUNSTSTÜCK gerne nach. Der gleichnamige Verein, den wir vor fünf Jahren gegründet haben, möchte Einheimische und Gäste des Ostseeferienlandes über die Kunst zum Dialog mit den Landwirten einladen.

Und das kam so …

Mein langjähriger Kollege und Freund Ekkehard Briese besuchte mich mal wieder auf dem Land in Ostholstein. Er träumte seit seiner Studienzeit davon, ein Kunstprojekt auf dem Land zu realisieren. Als wir in meinem Garten zusammensaßen, erzählte ich ihm von einem Milchbauern, den ich als Journalistin anderthalb Jahre begleitet hatte. Ein Landwirt, der sehr selbstkritisch auf das blickt, was er tut. Einer, der wie viele andere tagtäglich den Spagat übt zwischen dem, was er als gläubiger Christ der Schöpfung schuldig zu sein glaubt – und der Notwendigkeit des wirtschaftlichen Überlebens seines Betriebs. Im ständigen Abwägen muss er oft genug seinen Verstand nutzen, ohne sein Herz dabei zu verlieren. 

Baum – Mensch – Baum: Skulptur der Künstlerin Margit Huch auf Bokhorst bei Kellenhusen

Er erzählte mir von den Herausforderungen, vor denen er, seine Familie und seine Kollegen stehen. Von dem Spagat, den die Obst- und Ackerbauern und Viehhalter leisten müssen: zwischen dem Weltmarkt und den Lebensmitteleinzelhandels-Riesen, die ihnen die Preise diktieren, dem Klimawandel und der Technisierung, zwischen den Verbrauchern, die billig essen wollen, und den Ausflüglern, die süße Ferkel und Kälber über die Wiesen toben sehen wollen, und den Umweltschützern, die die Natur bedroht sehen. Ganz schön viel auf einmal, wenn einem alle reinreden wollen in einen Beruf, von dem die meisten nichts verstehen, oder?  

Miteinander schnacken statt übereinander

Ekkehard, der Kunstverständige, hatte sich für sein Landart-Projekt die Marke LANDKUNSTSTÜCK schon schützen lassen und plante, die Kunst durch eine Fahrradroute miteinander zu verbinden. Mir war es wichtig, dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen: die Landwirte mit den Künstlern, die Künstler mit den Verbrauchern und die Verbraucher mit den Landwirten. Damit war die Idee zu dem Projekt LANDKUNSTSTÜCK, wie es heute ist, geboren. 

Auch auf dem Land wird ja viel übereinander geschnackt statt miteinander. Nach meiner Erfahrung fühlt es sich für alle schöner, runder und aufrichtiger an, wenn man mal sich erkundigt, warum jemand etwas macht und auf welche Weise er es tut. Denn mit interessierten Fragen statt vorschnellen Urteilen lässt sich vieles besser verstehen. 

von bienen und blüten: Gedicht von Doris Runge für den Apfelhof Grimm bei Cismar

Dennoch war es ein oft nicht ganz einfacher Weg, die Bauern für die Idee zu erwärmen, dass wir ihnen ein paar Stücke Kunst auf das Land stellen wollten. Umso mehr habe ich mich über das Vertrauen gefreut, als die ersten Bauern Ja sagten und sich auf dieses Experiment eingelassen haben. Denn mit LANDKUNSTSTÜCK werden Kunst und Landwirtschaft erlebbar und erfahrbar. Unmittelbar, jenseits von Klischees und abseits von Museen. Jederzeit zugänglich und kostenlos für jedermann, ideologiefrei und unparteiisch. 

Abschied von Bullerbü

Mittlerweile stehen zwischen Grömitz, Cismar, Kellenhusen, Grube und Lensahn acht Skulpturen und Installationen. Die Knolle etwa, die Ulf Reisener und Ingo Warnke (www.heiliger-schein.de) für Steensens Bauernhof http://www.steensens-bauernhof.de geschaffen haben, ist ein Symbol dafür, dass ein Landwirt heute auf einem Bein kaum noch stehen kann. Als eine Huldigung der ostholsteinischen Hügellandschaft darf der Stein wie eine Landschaft von Ulrich Lindow für den Hof Dammer in Kattenberg verstanden werden. In seiner Videoinstallation Splitter nimmt Jobst von Berg http://www.jobstvonberg.de im Silo auf Hof Körnick Abschied von der Bullerbü-Idylle, die der Künstler selbst einst mit dem bäuerlichen Tun verbunden hat. Der Bildhauer Johannes Caspersen http://www.johannes-caspersen.de hat sich mit dem Thema Landgewinnung für den Ackerbau auseinandergesetzt und die beiden Stammgäste im trockengelegten Gruber See geschaffen.  

Bäume, Bienen und Gedichte

Generationenallee: Winni Schaak für den Hof Siems in Riepsdorf

Die Künstlerin Margit Huch http://www.margit-huch.de hat sich mit dem Bioland-Landwirt Kay Axt in Bokhorst zusammengetan und ihre Installation Baum – Mensch – Baum geschaffen. Sigrid Stegemann hat sich in ihrer Installation Bodenpunkte auf den Salzwiesen von Hof Hopp http://www.freizeitreiten-hopp.de in Lenste mit der Bodenfruchtbarkeit beschäftigt. Für den Bioland-Apfelhof Grimm hat die Lyrikerin Doris Runge aus dem Weißen Haus in Cismar mit einem Gedicht den bienen und blüten ein Denkmal gesetzt. Und der Bildhauer Winni Schaak (www.winnischaak.de) ist mit seiner Generationen-Allee bei dem Schweinemäster und Sauenhalter Carsten Siems in Riepsdorf zu Gast.

Vielleicht habt ihr ja auch mal Lust, mit einem der Bauern ins Gespräch zu kommen? Dann schwingt euch aufs Fahrrad und entdeckt das schöne Achterland im Ostseefreienland

Mehr Infos, auch zu Terminen und Routen, unter www.landkunststück.de