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Strandkorb-Geflüster

Nicola Sieverling: Und endlich hat sich getraut

Nicola Sieverling lernte ich kennen, als ich die Geschichte einer großartigen Freundin für ein Frauen-Magazin aufgeschrieben habe. Diese Freundin und Kollegin erkrankte mit Anfang 30 während der Schwangerschaft an Brustkrebs. Und Nicola betreute die Öffentlichkeitsarbeit für die Klinik, in der meine Freundin behandelt wurde – erfolgreich, wie es zunächst schien. Doch drei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter kam der Krebs zurück, K. starb und hinterließ ihre kleine Tochter und ihren Mann.
Mit Nicola verband mich ein lockeres berufliches Band. Erst jetzt, als sie nach Ostholstein zog, haben wir uns nach vielen Jahren zu einem Strandkorb-Geflüster wiedergetroffen. Und es war beinahe so, als hätten wir uns erst gestern gesehen.

Nicola Sieverling arbeitete lange Jahre als erfolgreiche PR-Beraterin – bis sie ihr Leben von Grund auf umkrempelte. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen hat sie nun als Autorin veröffentlicht. Heute hält die Job-Expertin Vorträge und gibt Seminare zum Thema (Foto: Kailash)

Nicola, du findest: Das Leben ist zu kurz für den falschen Job. Woran hast du selbst gemerkt, dass dein früherer Job nicht der richtige für dich ist?

Das war ein wirklich langer Prozess. Ich habe sehr viele Jahre meine PR-Agentur in Hamburg geleitet. Mir gefiel der Erfolg und auch das schicke Büro an der Alster. Obwohl ich zwei Mitarbeiterinnen hatte, befand ich mich in einer Wiederholungsschleife aus Verpflichtungen und Dauerpräsenz. Ich war nur noch im Außen, aber nicht mehr bei mir. Fünf Hörstürze hätten ein Warnsignal sein müssen, ich habe sie ignoriert. Erst als ich die Diagnose Brustkrebs bekam, konnte ich diesen Signalen nicht mehr ausweichen. Ich war vom Schicksal gewissermaßen gezwungen worden, mich zu entscheiden: für ein gut gefülltes Bankkonto oder Gesundheit und Lebensfreude. Seither kann ich nur jedem raten: Schiebt eure ersten Schritte hin zu einer Veränderung nicht auf – ob privat oder im Job.

Manche von uns hat wohl schon gedacht: Ach, ich könnte mir durchaus etwas anderes vorstellen … Ist das ein Grund, den Job gleich hinzuwerfen?

(Lacht) Keinesfalls! Aber wenn der Frust beginnt zu nagen und dieser Gedanke immer wiederkehrt, ist das ein Zeichen dafür, dass eine Veränderung ansteht. Allerdings lassen wir unser Sehnsuchtsmodell am Ende doch in der Schublade, weil sich in die Idee, es könnte Erfüllenderes geben, Zweifel und Unsicherheit mischen. Und oft ist die Angst vor dem Neuen größer als die Unzufriedenheit. Aber warum sollten wir in einem Job ausharren, der uns weder Erfüllung noch Lebensfreude bringt?

Woher weiß ich denn, ob es sich bei meinem Wunsch nach Veränderung nicht einfach um eine fixe Idee handelt?

Indem ich auf meine Herzensstimme höre. In der alltäglichen Routine meldet sie sich meist nur leise, aber bei Spaziergängen im Wald, einer Wanderung an der Küste oder in den Bergen hören wie sie deutlicher. Solche Mini-Auszeiten wirken Wunder. Und sie ermutigen uns, unserem Bauchgefühl und unserer Intuition zu vertrauen.

Du stellst in deinem Buch lauter tolle Menschen vor, die sich selbstständig gemacht haben. Aber ist es nicht Luxus – und vielleicht sogar leichtsinnig –, sich ausgerechnet zu Corona-Zeiten nach Alternativen umzuschauen und vielleicht sogar eine Festanstellung aufzugeben?

Wenn uns die vergangenen Monate etwas gelehrt haben, dann doch dies: Nichts, was wir für sicher hielten, ist von Bestand. Diese Krise hat vielen auch gezeigt, dass es Beglückenderes gibt als das Ausharren in einem ungeliebten Job. Andere haben ihren Job verloren und wollen sich neu orientieren. Die Chance für eine Veränderung war möglicherweise nie so groß wie jetzt. Das haben uns nicht zuletzt die vielen kreativen Initiativen gezeigt, die in dieser Zeit entstanden sind.

Welche Erkenntnis war für dich, und vielleicht sogar für Menschen, die du coachst, die wichtigste beim Neustart?

Wenn man einmal den Mut aufbringt, die Routine in Frage zu stellen, die Komfortzone zu verlassen und eintaucht in das Leben und seine Möglichkeiten, ist das ein fantastisches Gefühl. Denn neue Erfahrungen füllen das Selbstfreude-Konto, egal, in welcher Lebensphase wir uns gerade befinden. Denn wir haben nur dieses eine Leben und wir selbst dürfen es in die Hand nehmen. Breiten wir doch einfach unsere Flügel aus!

Nicola Sieverling weiß, wie man fliegen lernt.
Ihr könnt das nachlesen in ihrem Buch „Plan B“,
256 Seiten, 18 Euro, kailash Verlag, ISBN: 978-3-424-63197-5.

Oder ihr nächstes Seminar in Hamburg besuchen: https://www.plan-b-sieverling.de/intensivseminar-on-tour/

Mehr zu Nicola Sieverling findet ihr auf ihrer Homepage unter
https://www.plan-b-sieverling.de

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Der Zauber des Holunders


Amely Gräfin Platen ist auf dem Friederikenhof http://www.gut-friederikenhof.de, nahe dem Weißenhäuser Strand, aufgewachsen. Ihr Vater lehrte sie viel Wissenswerte über Pflanzen, Tiere und Bäume. Der Schäfer der Familie gab ihr Einblick in die Heilkraft der Pflanzen. Und auf dem benachbarten Schloss Weißenhaus lauschte sie den Geschichten und Märchen ihres Großvaters Clemens Graf Platen. Heute ist Amely selbst ausgebildete Märchenerzählerin und Heilpflanzenexpertin

Wer mit Amely Gräfin Platen draußen unterwegs ist, betrachtet die Natur mit anderen Augen. Denn die 47-Jährige Ostholsteinerin kennt sich aus mit magischen Kräften und verborgenen Mächten, die unsere Umwelt beseelen. Während wir am Wald entlanglaufen, um einige Holunderdolden zu ernten, fliegt plötzlich ein Buntspecht auf. „Da, ein Hollen-Vogel“, sagt Amely. Und schon sind wir beim Thema. Denn der Buntspecht gilt als Göttinnenbote. Denn seine Gefiederfarben Schwarz, Weiß und Rot sind im keltischen Raum den drei Lebensstadien von Geburt, Leben und Tod zugeordnet. Und genau diese Farben finden sich auch im Holunder wieder.
Wenn man der Pflanzen- und Kräuterkundigen glauben darf, ist der Wildstrauch nicht nur ein Busch, dessen Blüten im Juni betörend duften und sich wunderbar für köstlichen Sirup verwenden lassen. Vielmehr sei er das Zuhause von Mutter Holle.
Wohl jeder kennt Frau Holle, die uns durch ausgiebiges Schütteln ihrer Kopfkissen schneereiche Winter beschert. Und auch die gleichnamige Märchengestalt, die die faule Pechmarie bestraft und die fleißige Goldmarie mit Gaben überschüttet. Für Amely von Platen geht die Bedeutung der germanische Gottheit Mutter Holle weit darüber hinaus.

Götterwohnung

Das Glück ist mit denen, die einen Hollerstrauch im Garten haben

»Der Sage nach ist Mutter Holle eine weise, gütige Frau. Von einem unterirdischen Lichtreich aus wacht sie über die Menschen und begünstigt oder bestraft ihr Tun. Mutter Holle oder Holda, wie die Germanen sie nannten, wurde als Hausgöttin verehrt und man glaubte, dass sie im Holunder lebt. Holda heißt übersetzt so viel wie die Holde, Strahlende und Gütige. Man geht davon aus, dass sich die Sagenfigur Holle aus der nordischen Göttin Frigg, entwickelte, die im Holunderbusch wohnte und von dort aus über Haus und Hof wachte. Wenn sich im Garten, vor dem Haus oder der Scheune ein Holunderbusch ansiedelte, galt das als Segensbeweis der Hausgöttin. Dort wurde er gehegt und gepflegt. Von Zeit zu Zeit trug man auch Opfergaben in die sogenannte Holler-Ecke. Die Hausfrau goss zum Beispiel regelmäßig Wasser oder Milch an die Wurzeln, um die alte Göttin gnädig zu stimmen.

… und Kultstätte

Der Holunderstrauch verspricht Gesundheit

Zu den Zeiten, als das Wünschen noch half, hängte man dem Holunder Krankheiten an. Dazu bedurfte es eines guten Reimes und tiefer Entschlossenheit, die Krankheit los zu werden. Man befestigte ein rotes Band am Ast des Hollerbusches und sagte dazu beispielsweise dieses Sprüchlein auf: „Goden Abend, Herr Fleder, hier bring ick min Feber!“ Hatte man Zahnschmerzen, ging man rückwärts aus der Stube zum Holler, während man dreimal sagte: „Liebe Hölter, leiht mir einen Spälter, den bring ich Euch wieder.“ Dann entnahm man dem Holunder einen kleinen Span, rieb ihn an der schmerzenden Stelle und steckte ihn dann wieder in die Spalte. Der Baum würde den Schmerz mit sich in die Erde hinunterziehen.

Tor zu Unterwelt

Viel Leben steckt in den tot scheinenden Ästen

Schaut man sich den Hollerbusch genau an, wirken die knorrigen Äste, die das saftige Grün tragen, wie tot. Daher gilt der Holunder nicht nur als Domizil der Hausgöttin, sondern auch als ein Tor zur Unterwelt. Und damit zum Totenreich. Starb ein Familienmitglied, trank man bei der Totenwache Holunderblütentee. Für den Sarg nahm der Schreiner mit einer Elle aus Hollerholz Maß, derweil der Tote auf dem Reisig gebettet wurde. Auch die Grabkreuze des Verstorbenen wurden oft aus dem Strauchholz gefertigt. Schlug dieses wieder aus, nahm man das als gutes Omen.
Unglück, vielleicht sogar den Tod bedeutete es, wenn man einen Holunder fällte. Musste er doch einmal entfernt werden, durften das nur Kinder und Witwen tun. Denn sie genossen das besondere Wohlwollen der Holda. Oder man kündigte die notwendige Fällung respektvoll an.«

An dieser Stelle verschweige ich mal lieber, dass ich den Holunder in meinem Garten nichtsahnend einmal radikal beschnitten. Ein Jahr hat er gebraucht, um sich davon zu erholen. Großes Unglück ist mir erspart geblieben. Wer weiß, vielleicht bin ich ja doch gesegnet … Sicherheitshalber werde ich gelegentlich mit einem Glas Milch begießen. Oder eine weiße Speise „opfern“, zum Beispiel dieses Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/06/08/naschen-unterm-hollerbusch/

Götterspeise: ein Parfait von Erdbeeren und Holunder

Mehr zu Amely Gräfin Platen unter http://www.amalind.de

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Land-Lauschen

Naschen unterm Hollerbusch

Ringel, ringel, reihe, sind der Kinder dreie. Sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!

Erinnert ihr euch noch an den Reim? Als Kind habe ich ihn zwar mitgesungen, hatte aber keine Ahnung, was das für ein „Hollerbusch“ sein sollte. Denn wer wie ich im Norden großgeworden ist, kennt den Holunderbusch als Fliederbeerstrauch.
Eigentlich sind die beiden Sträucher ganz leicht zu unterscheiden: Der Gemeine Flieder blüht im Mai. Man kann seine Blüten essen. Die Fliederbeeren dagegen blühen im Juni. Ihre Blüten sind ebenfalls genießbar, am besten aber schmecken sie mir zu Sirup verarbeitet oder gebacken. Besonders lecker sind dann wieder die besagten Beeren. Sie wandern ab August ins Erntekörbchen und werden zu Saft und Suppe verarbeitet.
Aber noch ist es Frühsommer und an den Herbst mag ich jetzt nicht denken. Also habe ich die ersten weißen Dolden eingesammelt und Holunder-Sirup daraus gekocht. Der ist die Grundlage für eines meiner Lieblingsdessert, das so schön ist diese Jahreszeit passt.

Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder

Rezept für 6 Personen

  • 400 g Erdbeeren
  • 1 gehäuften EL Vollrohrzucker
  • 200 g Schlagsahne
  • 2 frische Eigelbe
  • 25 ml Holunderblütensirup
  • 25 g Zucker
  • 150 g Sahne-Joghurt
  • einige Holunderblüten und evtl. Erdbeeren für die Deko

Erdbeeren putzen, kleinschneiden und mit Vollrohrzucker pürieren. Sahne steif schlagen und kaltstellen.

Eigelb, Sirup und Zucker mit dem Handmixer über einem heißen Wasserbad dick-cremig aufschlagen. Im kalten Wasserbad die Creme so lange rühren, bis sie gut durchgekühlt ist.

Zuerst Joghurt unter die Masse ziehen, dann 2/3 des Erdbeerpürees (Rest beiseitestellen) und die Schlagsahne unterheben. Die Masse im Wechsel mit dem Rest Püree in Dessertschalen schichten. Danach mindestens 7 Stunden einfrieren.

Vor dem Servieren das Parfait ca. 30 Minuten antauen lassen. Gegebenenfalls löst ihr das Parfait durch Eintauchen in Heißwasser vom Rand und stürzt es dann auf die Dessertschale. Mit einigen Holunderblüten oder Erdbeeren garniert servieren.

Lasst es euch schmecken!

Welche Geheimnisse der Holunder birgt, verrät
Amely Gräfin Platen demnächst im Land-Lauschen
bei Claudias Strandkorb-Geflüster im Beitrag
Der Zauber des Holunders