Das Ultental ist meine Berg-Heimat. Ich bin gleich mehrere Male dort gewesen. Und so manches Mal hat mich der Fotograf Peter von Felbert begleitet, von dem die meisten Fotos auf dieser Seite stammen (https://felbert.de).
Wer ins Ultental reist, landet in eine Sackgasse. Womöglich ist das der Grund dafür, dass dieser beschauliche Flecken in Südtirol sich seine Ursprünglichkeit bewahrt hat. Im Osten steigen mit Lärchen bewaldete Felswände steil auf. Im Westen schmiegen sich jahrhundertealte Höfe und Häuser an sonnige Hänge. In der Mitte sammelt sich das Wasser des Flusses Falschauer im türkisfarbenen Zoggler Stausee, der 1995 ein Dutzend der einst schönsten und ältesten Ultener Höfe unter sich begrub.
Noch heute wird die vom Massentourismus verschonte Region geprägt von kleinbäuerlicher Kultur und von der Liebe der Menschen zu ihrem Land. Denn was sie verbindet, ist die Besinnung auf althergebrachte Traditionen, der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen, und der achtsame Genuss.
Auf Sisis Spuren
Am Eingang des Tals, etwa elf Kilometer südwestlich von Meran, liegt das Dorf St. Pankraz. Unser Weg führt ins drei Kilometer entfernte Mitterbad, das Anfang des 19. Jahrhunderts wegen seiner eisen- und magnesiumhaltigen Heilquellen zu den bekanntesten Bädern im deutschsprachigen Raum gehörte. Zu den prominenten Gästen zählten Reichskanzler Otto von Bismarck, Kaiserin Elisabeth von Österreich, die Brüder Heinrich und Thomas Mann. Letztgenannter beendete hier seinen Roman über die Buddenbrooks. Von der einstigen Pracht ist aber nichts übriggeblieben. Seit 1919 wechselten mehrfach die Besitzer, was dazu führte, dass das Badehaus und sämtliche Nebengebäude mittlerweile komplett verfallen sind. Dennoch lohnt sich ein Abstecher durch die stille, wildromantische Bergwelt bis zur Quelle im Marauntal.
Es ist Zeit für einen kleinen Mittagsimbiss auf dem Raffeinhof, gut zwei Kilometer oberhalb von St. Walburg. Was in dem gemütlichen, kleinen Buschenschank aufgetischt wird, stammt ausschließlich aus eigener Produktion: die Butter, das Fleisch, der der Speck – und die sensationellen Dinkel-Brotklee-Nocken.
Alles Gute kommt aus Ulten
In St. Walburg pulsiert im Eggwirt (www.eggwirt.it) das Herz des Dorfes. Hier versammeln sich Einheimische zu Bier und Wein. Kein Wunder, denn hier geht es so urig zu wie vor 600 Jahren – eine so lange Tradition hat der Eggwirt, der einst als Thingstätte diente. Die originale „Eckstube“ von 1611 wirkt so gemütlich, dass man am liebsten gar nicht mehr aufstehen mag. Erst recht nicht nach der Terrine vom Ultner Ziegenkäse mit feinem Gselchten vom heimischen Rind auf einem Salatbett.
Im Haus gleich nebenan wird früh aufgestanden. Richard Schwienbacher knetet in der Backstube den Teig für Vollkornbrote aus selbst angesetztem Sauerteig. Denn was in der Bäckerei Ultner Brot (www.ultnerbrot.it) in den Ofen kommt, wird nach guter alter Handwerkstradition aus naturbelassenen Zutaten hergestellt. Bestes biologisches Getreide wie Weizen, Roggen, Dinkel und Kamut wird kurz vor dem Verarbeiten in der eigenen Steinmühle gemahlen. Dazu kommt reines Quellwasser aus den Ultner Bergen, gewürzt wird mit mineralstoffreichem Steinkristallsalz. Oder, wie beim traditionellen Ultner Brot zusätzlich noch mit Fenchel, Kümmel und Brotklee.
Gegen alles ist ein Kraut gewachsen
In St. Walburg ist der Hofladen Kräuterreich Wegleit zu finden, in dem sie die ursprünglichsten Produkte der Region anbietet: selbst hergestellte Cremes und Salben, sowie Kräutertees für jede Befindlichkeit und Laune. Wer mehr über die Naturlebensschule von Waltraud Schwienbacher (https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/04/07/die-frau-die-ein-ganzes-tal-veraendert-hat/) erfahren möchte, dem sei eines ihrer Seminare (www.kraeuterreich.com) empfohlen.
In Kuppelwies betreibt das Label Bergauf (bergauf.it) einen Showroom. Dort wird nach streng nachhaltigen Kriterien Wolle von Ultner Bergschafe zu Wohnaccessoires, Teppichen, Matratzen und Bekleidung verarbeitet.
Gutes zum Mitnehmen
Was man aus den Zweigen von Lärche, Weide und Haselstrauch machen kann, zeigt der Bauer und Korbflechter Erhard Paris von der Moritzhöhe. Er flicht mit Engelsgeduld und Fingerfertigkeit Körbe und Dekorationsobjekte auf so meisterliche Weise, dass der Bozener Star-Designer Matteo Thun auf ihn aufmerksam wurde.
Ein paar Kilometer weiter bergan geht’s auf den Bio-Hof Unterschweig. Dort stellen Anna und Alois Berger hocharomatischen, würzigen Bergkäse her. Anna Berger würzt ihre Laibe mit Kräutern wie Oregano, Bockshornklee, Goldmelisse oder Kornblumen von den eigenen Kräuterterrassen. Ich entscheide mich für den „Blütenzauber“, setze mich aufs nächste Bänkchen, packe das Ultner Schüttelbrot aus und gönne mir eine wohlverdiente Jause. Und mit einem Mal fühlen wir uns dem Himmel ganz nah.
Kontakt
Raffeinhof: E-Mail raffeinhof@gmail.com
Erhard Paris: Mobil: +39 339 1713897.
Biohof Unterschweig: unterschweig@brennercom.net
Hotel-Tipps
Lässig-familiär und höchst komfortabel: Hotel Waltershof, www.waltershof.it
Gesundheitsbewusste Genießerküche: Hotel Unterpichl, www.unterpichl.it
Kreativ und nachhaltig: Hotel Schweigl, http://www.hotelschweigl.it