Kategorien
Land-Lauschen

Kultur Gut Hasselburg: Wo die Musik zu Hause ist

Menschen, die auf dem satten Grün des weiten Innenhofs ihre Picknickdecken ausbreiten. Entspannte Gesichter im Licht der untergehenden Sonne, hier und da heiteres Gelächter, das erst verstummt, als die Musik ertönt und die laue Abendluft erfüllt. Gäste, die sich barfuß tanzend im Rhythmus wiegen …

Stifter Constantin Stahlberg
Foto: Claudia Reshöft

So etwa mag Constantin Stahlberg sich das vorgestellt haben, als er sich mit seiner Stahlberg Stiftung daran wagte, Gut Hasselburg in Ostholstein zu sanieren. Einen Ort hatte er schaffen wollen, an dem die Musik zu Hause ist und an dem Menschen Urlaub machen können wie im Bilderbuch. Daraus wurde ein bauliches Mammutprojekt, das nach zehn Jahren Bauzeit und der Investition eines zweistelligen Millionenbetrages kürzlich abgeschlossen wurde. Die kulturelle Vision des Stifters hat sich damit jedoch noch nicht gänzlich erfüllt.

Einzigartiges Gutshof-Ensemble

Wie aus dem Bilderbuch: Das Torhaus des Kultur Gutes Hasselburg in Schleswig-Holstein
Foto: Claudia Reshöft

Das Gut Hasselburg nahe Neustadt in Holstein gehört zu den wohl elegantesten feudalen Ensembles Schleswig-Holsteins. Schon die Anfahrt durch die schnurgerade, 300 Meter lange Lindenallee lässt vermuten, das prachtvoll geschwungene Torhaus mit seinem Rundbogentürmchen auf dem Mittelpavillon sei das Gut selbst. Doch sobald die von Mauern umschlossene Torzufahrt passiert ist, gelangt man in den weiten Innenhof des Gutes, der von zwei imposanten Gebäuden gerahmt wird.

Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune steht auf dem ostholsteinischen Gut Hasselburg nahe Altenkrempe
Foto: Claudia Reshöft

Zur rechten Hand liegt Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune. Wegen ihres einzigartigen Ständerwerks und der immensen Ausmaße von 74 mal 24 Meter wird sie auch Eichenkathedrale genannt und als Konzertscheune, beispielsweise während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals, genutzt. Zur Linken begrenzt das kürzlich eröffnete Kuhhaus mit seinem backsteinernen Kreuzgewölbe das Ensemble. Erst hinter dem von einer Baumreihe bestandenen Wassergraben liegt das von Kavaliershäusern flankierte, spätbarocke Herrenhaus Hasselburg. Hier residiert die Hörspielproduzentin Heikedine Körting (u. a. Die drei ???, TKKG, Hui Buh, das Schlossgespenst).

Vom Herrensitz zum Kultur Gut

In dem Herrenhaus von Gut Hasselburg residiert die Hörspiel-Produzentin Heikedine Körting
Foto: Claudia Reshöft

Heikedine Körting ist zu verdanken, dass Constantin Stahlberg den spätbarocken Landsitz entdeckte. Die beiden kennen sich seit 26 Jahren. Der Ex-Unternehmer, Hamburger Mäzen und passionierte Musiker komponierte Musik für ihre Hörspiele. Als Gut Hasselburg – und mit ihm auch das von Körting gepachtete Herrenhaus – 2005 zum Verkauf stand, schwebte ihm vor, hier könne ein kulturelles Zentrum entstehen, in dem neben der klassischen Musik auch Theater oder Musicals eine Heimat finden. „Wir möchten hier sämtliche Spielarten der Kultur durchdeklinieren“, sagt Constantin Stahlberg. Er legt Wert darauf, dass in Hasselburg Kultur zu Hause ist, die den Menschen gefällt. Vielen Menschen, und nicht etwa nur einem elitären Kreis.

Schon unter Heikedine Körting und ihrem 2016 verstorbenen Mann Andreas Beurmann, einem Musikwissenschaftler, hatte sich die Hasselburgsche Konzertscheune in den 1980er Jahren als Spielstätte des Schleswig-Holstein Musik Festivals einen Namen gemacht, ebenso mit den durch den Kulturkreis Hasselburg e. V. während der Wintermonate veranstalteten Kammerkonzerten im Herrenhaus. Doch erst mit der Übernahme Hasselburgs durch die Stahlberg Stiftung konnte die baufällig gewordene Konzertscheune nach neuesten baulichen Vorschriften saniert werden. Das war aber nur der Auftakt zu einem Gesamtkonzept.

Bildschön schlafen im Torhaus

Das designprämierte Torhaus Foto: Claudia Reshöft

„Als wir Hasselburg übernahmen, hat uns der desolate Zustand doch überrascht. Die Scheune und das Kuhhaus waren marode und auch das Torhaus war stark sanierungsbedürftig“, erinnert sich Constantin Stahlberg. Zudem musste das gewaltige Vorhaben auf wirtschaftlich solide Beine gestellt werden. Das von Gregor Greggenhofer entworfene Torhaus von 1763 mit seinen beiden Seitenflügeln wurde unter Denkmalschutzrichtlinien saniert und für die behutsame Umsetzung durch den Bund Deutscher Architekten (BDA) ausgezeichnet, sowie mit einem Denkmalschutzpreis bedacht. Heute beherbergt das spätbarocke Juwel das Café Cembalo, das von Freitag bis Sonntag geöffnet ist. Sowie neun nach Musikinstrumenten benannte Ferienwohnungen und weitere neun Komponisten-Gästezimmer, in denen das Interieur auf jegliche Effekthascherei verzichtet. Stattdessen dominieren hier klare Linien und aus edlem Holz handgefertigtes Mobiliar.

Staunen und feiern im Kuhhaus

Mehr Raum für Gäste, die nahe der Lübecker Bucht ihren Urlaub verbringen möchten, bieten die Ferienwohnungen im kürzlich eröffneten Kuhhaus. Im Zentrum jedoch steht das backsteinerne Kreuzgewölbe, ein faszinierender Saal mit beinahe sakral anmutender Atmosphäre, in den durch bodentiefe Fenster das Tageslicht fällt. Hier finden bis zu 150 Personen Platz – anlässlich von Hochzeiten oder anderen Veranstaltungen. Auch eine Ausstellung zu Heikedine Körtings Hörspiel-Reihe Die drei ??? soll schon bald Besucher in das Kuhhaus locken Die ersten Requisiten schlummern bereits in Glasvitrinen. Zudem sind Fotoausstellungen geplant.

Neuer Mittelpunkt: das backsteinerne Kreuzgewölbe
Foto: Claudia Reshöft

Kathedrale der Musik: die Konzertscheune

Bevor Constantin Stahlberg sich Hasselburgs annahm, hatte er als Pianist auf der Bühne des Barocksaals gestanden. Mittlerweile hat der musikverliebte Mäzen, der in Hamburg das Jugendprojekt musical@school ins Leben gerufen hat, einige seiner eigenen Musical-Kompositionen (u.a. Mona Lisa, Sherlock) in der schleswig-holsteinischen „Eichenkathedrale“ zur Aufführung gebracht.

Ob Während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals oder bei einer Kleinkunstveranstaltung – in der Konzertscheune schlägt das musikalische Herz von Gut Hasselburg Foto: Claudia Reshöft

Bedingt durch die Covid19-Maßnahmen kann die Konzertscheune in diesem Jahr nicht wie gewohnt genutzt werden. Doch entspannt sich die Lage, wird es in der Konzertsaison 2021 u.a. zu weiteren Aufführungen von Stahlbergs Erfolgs-Musical Mona Lisa kommen. Auch das Schleswig-Holstein Musik Festival wird wieder auf dem Kultur Gut Hasselburg zu Gast sein.

Kleinkunst unter freiem Himmel

Einstweilen aber wird auf der Open Air Bühne Kleinkunst geboten – von der Lesung bis zum Bar Jazz-Konzert (https://hasselburg.de/veranstaltungen/). Und wer mag, bleibt nicht nur für zwei, drei Stunden, sondern auch für längere Zeit in den bildschönen Ferienwohnungen, in denen man sich nur allzu gern wachküssen lässt.

Mehr Infos sowie Termine zu den Veranstaltungen
auf dem Kultur Gut Hasselburg

www.hasselburg.de

www.stahlberg-stiftung.de

Kategorien
Reise-Geflüster

Gasthof Krone:
Genuss braucht Zeit

Die „Krone“ in Aldein: Hier wohnen lauter gute Geister (Foto: M. Lohe)

Die „Krone“ in Aldein ist schon vieles gewesen in ihrer nahezu 500-jährigen Geschichte: ein Heubad, Zuflucht, Treffpunkt für Bauern und Erholungsuchende. Und ein Gasthof, der – wie es sich für ein gewachsenes Dorf in Südtirol gehört – zu Füßen der Pfarrkirche den Zeitläuften trutzt. Seit 1720 ist der Überetscher Profanbau mit seinem typischen Bogenfenster im Besitz der Familie Franzelin. Die jetzige Generation hat dem historischen Haus frisches Leben und Genuss eingehaucht. Dabei hat sie den Charme unangestrengter, authentischer Tradition erhalten. Das Ergebnis zeigt, dass die schlichte Bezeichnung „Gasthof“ im Fall der „Krone“ eine eher uncharmante Untertreibung – oder aber im besten Fall wörtlich zu nehmen ist.

Seelenort: die Bar im Gasthof Krone Foto: Anneliese Kompatscher

Speisen auf Gourmet-Niveau

Während die 15 Gästezimmer mit Bedacht, viel Holz und modernstem Komfort renoviert wurden, blieben die traditionsreichen Räume, in denen seinerzeit Einheimische wie Feriengäste im kräuterreichen und heilsamen Heu badeten, im Kern erhalten. Man speist in der originalen, mit wunderschön patiniertem Fichtenholz getäfelten Gaststube, an deren Deckenmitte ein handgeschnitzter, Erleuchtung spendender Heiliger Geist schwebt. Frühstückt in der lichtdurchfluteten Veranda neben einem Gemälde des Tiroler Helden Andreas Hofer, der den Südtirolern mindestens ebenso viel bedeutet wie der Heiland. Und genießt, was Küche und Weinkeller des Hauses Franzelin hergeben: eine fulminante Auswahl erlesener Weine und Speisen auf Gourmet-Niveau.

Die Familie Franzelin – das sind der Senior Andreas, der gute Geist des Hauses. Junior-Chef Georg, Gastgeber und kenntnisreicher Sommelier. Sein Bruder Peter, der die familieneigene Neuhütt-Alm samt Vieh bewirtschaftet. Und Senior-Chefin Alberta, eine begnadete Köchin, die für ihre Knödel ebenso gerühmt wird, wie für ihre legendäre Innereienküche. Ihr Credo lautet: „Ein gutes Essen braucht Zeit – die Zutaten ebenso, wie die Zubereitung und der Genuss.“

Die Franzelins: Gastgeber, wie man sich herzlicher kaum wünschen kann Foto: Mascha Lohe

Ein gutes Essen braucht Zeit – die Zutaten ebenso,
wie die Zubereitung und der Genuss.

Credo der Familie Franzelin

Glockengeläut und Apfelstrudel

Einen Eindruck von dem, was sie – und auch die anderen Mitglieder der Familie Franzelin – damit meinen, erfahren wir nach einer dreistündigen Wanderung hinauf zur Neuhütt-Alm. Auf 1.800 Höhenmetern gelangen wir auf eine Lichtung, die einen atemberaubenden Blick auf die Dolomiten freigibt.

Peter wacht über die Neuhüttalm, die einen fantastischen Ausblick bietet Foto: Mascha Lohe

Vor uns recken sich der schneebedeckte Rosengarten und der Latemar in den wolkenlosen Himmel. Auf den Wiesen zur Linken galoppieren Haflinger, rechts weiden Rinder an sanften, kräuterreichen Hängen – Schwarzbunte, Simmentaler und Südtiroler Grauvieh. Mittendrin steht Peter Franzelin, der Sohn, der von Mitte Mai bis Mitte Oktober und dann noch einmal von Weihnachten bis März hier oben ist und jede Kuh schon am Geläut erkennt. Und der nebenbei noch Apfelstrudel backt, die jede Sünde wert sind. Sobald die Dämmerung einbricht und die Wanderer schon längst wieder sicher zuhause angelangt sind, stellt er sich an den Berg. Mit dem Fernglas in der Hand. Was er da macht, wollen wir wissen. „Schauen und lernen“, sagt er. Wie die Kühe und das Wetter sich entwickeln. Und ob das Futter auf den kräuterreichen Almwiesen reicht, zum Beispiel.

Mit Liebe gemacht schmecken sogar Innereien

Schauen und lernen. Den Dingen Zeit geben. Und was man macht mit Liebe tun – so haben es die Franzelins gelernt. Sie können nicht anders. Was für ein Glück für die Gäste, die bei ihrer Einkehr in den Genuss der Produkte kommen, die die Familie aus der eigenen naturnahen Viehhaltung und Bewirtschaftung des Gartens beziehen.

Senior-Chefin Alberta serviert eine Saure Kuttelsuppe (Tripa alla parmigiana), eine Delikatesse, die Südtiroler Bauern sonntags zu sich nahmen. Eine delikate Kalbskopfsülze, die ihren Namen auch verdient, weil tatsächlich nichts anderes hineinkommt als das, was auch am Kalbskopf sitzt – und das Werk eines kompletten Arbeitstages ist. Und köstliche, von Hand gemachte Schlutzkrapfen mit frischen Kräutern.

Dazu wählt Junior Georg Franzelin aus dem reich bestückten Gewölbekeller die passenden Weine von kleinen, ausgesuchten Weingütern. Der kenntnisreiche Hotelier, der seinen Beruf mit „Bauer und Gastwirt“ angibt, hat vor fünf Jahren noch einmal eine Landwirtschaftslehre durchlaufen, um mehr darüber zu lernen darüber, wie man die beste Qualität von landwirtschaftlichen Produkten sicherstellt. Seine Erkenntnis lautet: Selber machen.

Mal wieder was gelernt

Hotelzimmer mit sonnigen Aussichten (Foto: Anneliese Kompatscher)

Und so schlafe ich nach einem grandiosen Abend im Gasthof Krone in von einem von Kronen-Intarsien geschmückten Betten satt und zufrieden ein.
Als Motto für mein weiteres Leben nehme ich von diesem wahrhaft gastfreundlichen Ort mit: Mit Zeit genießen. Schauen und lernen – was sind das für Aussichten!
http://www.gasthof-krone.it

Wenn ihr schon dort seid, im Gasthof Krone,
habe ich hier noch ein paar Ausflugs-Tipps für euch:

Feine Heimatkost in der Isi Hütte
Foto: Claudia Reshöft

Herzhafte Hüttenkost, die nach Südtirol schmeckt, kreiert Isolde Daldoss aus dem, was vor ihrer Haustür wächst. In ihrer Isi Hütte kommen bodenständige, unverfälschte Gerichte auf den Tisch. Künstliche Geschmacksverstärker sind in ihrer Küche tabu, die Zutaten werden mit Respekt behandelt, alles wird frisch zubereitet. Mehr zu Isis Hütte findet ihr hier: isi.st

Goaßlschnölln bei einer Wanderung zum Sonnenaufgang auf dem Weißhorn
Foto: Claudia Reshöft

Morgenwanderung auf das Weißhorn
Man muss zwar weit mitten in der Nacht aufstehen, aber wenn man auf dem Gipfel des Weißhorns angekommen ist und die aufgehende Sonne über die Bergwelt der Dolomiten schleicht, geht einem sprichwörtlich das Herz auf! Start ist am Parkplatz Jochgrimm, weiter geht’s auf dem Weg „H“. Der Aufstieg dauert etwa eine Stunde.

Noch mehr schöne Genießer-Ziele in Südtirol findet ihr unter https://www.strandkorb-gefluester.de/reise-gefluester/