… natürlich haben wir Berge im Ostseeferienland – aus Seegras. Aber zugegeben: ein paar Böen aus dem Westen und zwei Tage Sonne, dann sind sie wieder verschwunden
Kategorie: Meeres-Rauschen
Der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner allerdings hat vor über 460 Jahren in seinem „Thierbuch“ folgendes vermerkt: „Ein Schaf ist ein mildes, einfältiges, demütiges, stilles, gehorsames, furchtsames und närrisches Tier … Wenn eines sich verläuft …, stürzen sich die anderen alle hernach.“ Ich bin überzeugt, man wird den unterschiedlichen Hausschafrassen und -typen, die allesamt vom Armenischen Mufflon abstammen, mit dieser Charakterbeschreibung nicht gerecht. Aber ihr an Schicksalsergebenheit erinnernder Sanftmut erklärt wahrscheinlich, warum die Kirche die Metaphern vom Hirten (dem Pastor) und seiner Herde (der Gemeinde) gebraucht und das Lamm Gottes zum Sinnbild für den alles erduldenden Jesus Christus wurde. Vielleicht fiel es dem Menschen wegen dieser genügsamen Facette so leicht, sich die wolligen Wiederkäuer zunutze zu machen.
Neben der Wolle, der Milch und dem Fleisch finden Schafprodukte vielfältige Verwendung. Was nach der Schlachtung übrig bleibt, bildet beispielsweise das Rohmaterial für Leime, Kerzen und Seife sowie kosmetische Produkte. Der Darm dient als Wurstpelle und wird zum Bespannen von Tennisschlägern verwendet. Trotzdem gibt es immer weniger Schafe. Bundesweit weiden noch gut 1,6 Millionen der wolligen Nutztiere, in Schleswig-Holstein sind es, nach Angaben des Schaftzuchtverbands, 200.00 Mutterschafe. Dreizehn Jahre zuvor waren es beinahe doppelt so viele. Warum die Schäfer sich von ihren Herden trennen? Weil die extrem zeitraubende Bürokratie ihnen über den Kopf wächst und die Schafhaltung unwirtschaftlich wird.
Küstenschutz auf vier Beinen
Aber zum Glück prägen die wolligen Paarhufer noch immer das Landschaftsbild zwischen den Meeren. Mit „goldenem Tritt“ trampeln sie die Deiche fest, die der Mensch einst dem Meer abgerungen hat und seither gegen Sturmfluten verteidigt werden müssen. Und den Bewuchs knabbern sie mit ihrem „goldenen Biss“ knapp über den Wurzeln ab. Auf diese Weise bilden sich festere Grasnarben aus, durch die heranflutende Wassermassen nicht so leicht in den Deich eindringen können. Auch Wiesen, Äcker und Kargland halten sie so von Verbuschung frei.
Die lütten Lämmer, die gerade am Deich nördlich von Dahme herumtollen und Bocksprünge vollführen, wissen noch nichts davon, wie unentbehrlich sie sind. Und wir? Wir genießen das große Kino und schauen den „Deichgärtnern“ entzückt bei der Arbeit zu.
Wozu Schafe noch gut sind, findet ihr hier: https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/04/07/die-frau-die-ein-ganzes-tal-veraendert-hat/
Heimat. Das ist jetzt. Hier
Der Politikwissenschaftler Roland Sturm von der Uni Erlangen hat vermutet, es gehe wohl darum, dass der Staat auf bestimmte Dinge aufpasse. Ja, aber worauf soll er denn aufpassen, der Staat? Ich hätte da so ein paar Ideen: Zum Beispiel darauf, dass mich komplett (!) unbekleidet joggende Touristen auf dem idyllischen Feldweg zur Ostsee nicht dazu bringen, schon morgens den Kopf hängen zu lassen, weil ich da einfach nicht hinschauen kann. Das Heimatministerium könnte auch durchfahrenden Autofahrern beibringen, dass Flachmänner und Fast Food-Abfall absolut nix in der Natur zu suchen haben. Ich vermute mal, in Wahrheit soll es darauf auspassen, dass nicht so viele fremde Leute in unser Land kommen, die unsere schöne Kultur und unsere guten Sitten kaputtmachen …
Ich darf leben, wo andere Urlaub machen wollen. Über mir ein Himmel, der nirgends blauer ist als hier. Darunter die zu jeder Jahreszeit schöne Ostsee. Keine Bettenburg versperrt mir die Sicht, stattdessen kuscheln sich Backsteinhäuser in das Grün. Auf den Feldern machen sich die Bauern bald an die Ernte. Man riecht den Herbst schon, wenn der Raps gedroschen wird.
„Man riecht den Herbst schon,
wenn der Raps gedroschen wird.“
Wo ein Fischbrötchen besser schmeckt als Sushi
Meine Heimat riecht nach Ostseeluft, nach Ackererde und Wald. Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, von dem Flecken vertrieben zu werden, an dem man groß geworden ist. Die Landschaft, die Düfte und den Geschmack der Kindheit hinter sich lassen zu müssen – unfreiwillig, aus Not oder blanker Angst. Wie es ist, nach Flucht und Vertreibung an einem nicht vertrauten Ort Wurzeln schlagen zu müssen.
Laut einer Infratest-dimap-Umfrage ist der Begriff „Heimat“ überwiegend positiv besetzt. Für rund neun von zehn in Deutschland lebenden Menschen ist er eng verknüpft mit einem Ort oder mit „Menschen, die ich liebe oder mag“, andere denken dabei an „Sicherheit und Geborgenheit“. Ich bin nach Jahren aus all diesen Gründen dorthin zurückgekehrt, wo mir ein Fischbrötchen besser schmeckt als Sushi, wo Menschen leben, die ticken wie ich, und wo Schimpfworte, die im Streit aus einem herauswollen, auf Plattdeutsch so milde klingen, dass man sich danach wieder problemlos vertragen kann. Hier fühle ich mich geborgen und kann sein, wie ich bin.
Die Heimat tragen wir in uns
Das Bundesheimatministerium soll ja tatsächlich wichtige Aufgaben erfüllen. Es will unsere Traditionen bewahren, ererbtes Kulturgut pflegen und dafür sorgen, dass Menschen in ländlichen Regionen nicht abgehängt werden. Staatliches Aufpassen allein wird das aber nicht richten.
Die Heimat, die tragen wir in uns. Wir alle. Deshalb sollten wir sie gut behandeln – die Orte und Menschen und die Natur, die wir so sehr lieben. Wenn wir den Müll nicht einfach in der Landschaft entsorgen und beim Joggen Schlüpfer anziehen, wäre das doch schon mal ein guter Anfang, oder?
Warum ich so gern auf dem Land lebe? Deshalb! https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/03/20/auf-dem-dorf-wohnt-das-glueck/
Sturmfreie Bude
Da hinten! Da kommt schon wieder einer dieser Bagaluten, die auf der Promenade mit ihrem Rad fahren. Lars Plön ahndet solche Vergehen auf die ihm eigene Weise. Er raschelt mit der Bonbontüte und ruft, „Kinder, guckt mal, was ich hier habe.“ Begeistert stürmen drei Lütte im Grundschulalter los. Raus aus dem Sand, rauf auf die Promenade, rüber zur Strandkorbvermieterbude. Der Radfahrer bremst, gerät ins Trudeln, steigt ab, und schiebt seinen Drahtesel weiter, als wäre er unverdächtig. Lars lächelt verschmitzt: „Das ist meine Art von Verkehrsberuhigung. Aufregen bringt doch nix“, sagt er norddeutsch gelassen und blinzelt der Sonne entgegen.
Seinen lachfaltigen Augen, die der 55-Jährige immer wieder von seiner Bude aus über den Nordstrand von Dahme (www.dahme.com) schweifen lässt, entgeht nichts. Kein Verkehrssünder, keine Kinder, die sich leichtsinnigerweise gegenseitig zu tief in den Sand eingebuddelt haben. Selbst das nicht, was sich auf dem Wasser abspielt. So wie vor ein paar Jahren, als ein Mann bei ablandigem Wind mit dem Boot rausgepaddelt und 300 Meter von der Küste entfernt in Seenot geraten war. „Das Ruder war gebrochen, und er trieb immer weiter raus“, erinnert sich Lars. Der schnappte sich sein Surfbrett, glitt über die Wellen und rettete den Schiffbrüchigen an Land. Dessen Familie ist ihm dafür bis heute dankbar und gehört zu seinen treuesten Kunden.
„Aufregen bringt doch nichts“
Lars Plön
Ein Strandkorb: mehr als pures Sommerglück
Lars ist Lebensretter, Kinderheld und Strandkorbbauer. Letzteres wurde der gelernte Tischler nur aus der Not heraus: „1989 hatte ein kräftiger Sturm mitten im August das Wasser bis zur Promenade hochgetrieben und die Strandkörbe meines Vaters Karl-Heinz zerstört. 80.000 D-Mark Schaden waren da entstanden. Wir hatten also die Wahl: kaufen oder selbermachen. Weil mir die Fabrikware nicht robust genug war, habe ich angefangen, die Körbe selbst zu bauen.“ Seither wird im Sommer vermietet und im Winter restauriert. Oder neu gebaut – mit Schlitzen, Nuten und Zapfen, so wie es sich für solides Handwerk gehört.
Dass Lars nicht nur ein guter Handwerker ist, sondern auch ein einfallsreicher Erfinder, hat sich herumgesprochen. So mancher, dem die mobilen Sonnenschutzhäuschen nicht komfortabel genug erscheinen, lässt sich Luxusausführungen für den heimischen Garten anfertigen. Einen „Ganzlieger“ etwa, bei dem sich die Haube auf 180 Grad absenken lässt, sodass eine ebene Liegewiese entsteht. Wer will, lässt sich von dem Tüftler dazu noch Extras wie schwenkbare Tische und einen Kühlschrank einbauen. Lars stellt sogar Eisbuden her, die wie ein begehbarer Strandkorb aussehen. Oder XXL- und Miniatur- Modelle, in denen es sich die Lütten mit ihrer ersten Sandkastenliebe gemütlich machen können – so wie es Generationen vor ihnen auch schon getan haben.
Lars‘ Augen entgeht nichts
In Lars’ Vermieterbude stapeln sich Surfbretter für einen Wellenritt, Schlummer- und Relaxkissen für die „sturmfreien Buden“, sowie Fleecedecken, in die man sich bei auffrischendem Wind hineinmummeln kann. „Für meine Gäste nur das Beste“, lautet Lars‘ Devise.
Aus jedem Winkel seiner Bude kann der Strandkorbbauer von Dahme über den Strand blicken. Was er sieht? Sommerglück pur! Männer wie Frauen strecken im Körbchen entspannt alle viere von sich. Lachende Kinder buddeln im Sand oder bemalen Steine, die sie an der Ostsee finden, mit Tieren oder Gesichtern.
Ein Steinmännchen, das ihm bis aufs Haar gleicht, hat Lars von einem Stammgastkind geschenkt bekommen. Es liegt auf einem Tisch am Eingang seiner Vermieterbude. „So kann sich keiner mehr beschweren, ich wäre nie da, denn einer von uns beiden ist garantiert hier“, schmunzelt Lars.
Wo Lars ist, wenn er mal nicht da ist? Müll aus dem Sand fischen oder den Promenadenverkehr beruhigen, natürlich. Oder auch wieder mal schnell ein Menschenleben retten.
Kontakt: Wenn die Sonne scheint, ist Lars in seiner Strandkorbvermieterbude am Nordstrand von Dahme http://www.dahme.com, An der Promenade 40 (direkt neben dem Schnitzelparadies Kumluk) zu finden. E-Mail: larsploen@gmx.de
Ein deutsches Original
Das erste Strandkorb-Modell ließ sich angeblich 1882 eine feine, aber von Rheuma geplagte Dame vom Rostocker Hof-Korbmacher Wilhelm Bartelmann anfertigen. Sie wollte das heilende Reizklima der Ostsee genießen, sich aber vor allzu viel Sonne und Wind schützen. Rasch fanden die übrigen Seebäder Gefallen an den praktischen Strandmöbeln. Damit ist es aber, wie in manchen Neubausiedlungen, optisch nicht drüber und drunter geht, sind Standardmaße und -aussehen festgelegt: An der Nordsee sind die Windkabinen 1,60 Meter hoch und haben eine gerade Haube, an der Ostsee sind sie 1,68 m hoch und ducken sich unter einer gewölbten Haube … es sei denn, es ist ein Sondermodell von Lars Plön.
Potzblitz: ein Donnerkeil!
Der Ostwind hat wieder mal Unmengen von Seegras, Steinen, Muscheln und Meerschnecken an Land gespült. Aber nicht nur an Tagen wie diesen vergeht kein Spaziergang am Strand ohne Sachensuchen. Meine Augen scannen im Vorbeigehen die Stellen ab, an denen besonders viele Kiesel angeschwemmt wurden, immer auf der Suche nach Donnerkeilen. Früher gab’s die zuhauf am Ostseestrand der Lübecker Bucht. Ich habe sie gesammelt – für einen Vorhang. Aufziehen wollte ich sie, an dicken Nylonfäden, einen nach dem anderen … bis mir klar wurde, dass wohl kein Türrahmen das Gewicht aushalten würde. Dann habe ich meine Sammlung verschenkt, um das schon einige Zeit später bereut. Jetzt sammele ich wieder …
Ha, ich hab‘ einen gefunden! Und frage doch gleich mal bei Dr. Vollrath Wiese nach. Der Museumsleiter im Haus der Natur in Cismar kennt sich nämlich mit so etwas aus.
Moin, Vollrath, guck mal, was ich gefunden habe …
Dr. Vollrath Wiese: Ah, das Stück eines versteinerten Belemniten!
Ich dachte, das ist ein Donnerkeil …
Ja, so wird der ja auch genannt.Dieser volkstümliche Name kommt daher, dass die Menschen bei Gewitter vor ein paar Jahrhunderten noch glaubten, mit den Blitzen schleudere der Donnergott Keile auf die Erde, eben diese Donnerkeile. Um Blitzschläge abzuwenden, legten sie die Versteinerungen unter ihre Hausdächer. Manche trugen sie auch als Schutz gegen einen Hexenschuss bei sich.
Klingt lustig, aber wer wissenschaftlich arbeitet wie du, weiß natürlich, dass Donnergötter ins Reich der Mythen gehört.
Wer weiß, vielleicht hat es Donnergötter ja mal gegeben, aber einen Beweis dafür gibt es nicht (lacht) – im Gegensatz zu ihren Keilen, die natürlich keine echten Donnerkeile sind. Es sind die Schwanzspitzen eines Belemniten, oder besser gesagt: die Verlängerung ihrer Rückenplatte. Belemniten sind übrigens fossile Kopffüßer, die zur Gruppe der Tintenfische gehören und in der Kreidezeit gelebt haben, also vor rund 70 Millionen Jahren. Aber dann sind sie ausgestorben, zusammen mit den Dinosauriern. Die Donnerkeile, die wir hier am Ostseestrand finden, waren auch mal länger, sind aber meistens durch den Gletschertransport der Eiszeit zerbrochen
Erst das große Aussterben der Belemniten, jetzt gibt’s auch immer weniger Donnerkeile. Darf ich diesen behalten, oder fällt der etwa unter den Artenschutz?
Gute Frage! Tatsächlich fallen bestimmte Muschel- und Schneckenschalen unter den Artenschutz. Aber klar kannst du deinen Donnerkeil behalten, solange du keinen Laden damit aufmachst …
Info Vollrath Wiese bietet in Kellenhusen und Grömitz unter dem Motto „Erlebnis Ostsee“ Naturführungen an.
Adresse Haus der Natur, Bäderstraße 26, 23743 Cismar,
Tel. 04366 – 1288, www.hausdernatur.de