Kategorien
Land-Lauschen Reise-Geflüster

Mit Hunden auf Trüffelsuche

Click here for the english version (translated by deepl.com):
https://www.strandkorb-gefluester.de/?p=1483&page=2&preview=true

Noch bevor ich zum ersten Mal da war, wusste ich: Rom ist meine Stadt! Ihre atemberaubende Geschichte und zurückhaltende, noble Pracht, die kleinen Cafés und Restaurants abseits der touristischen Hotspots, die Sprache, das Essen … hach! Nachdem der geplante Kurztrip mit meiner Tochter in der Woche nach Ostern corona-bedingt ausfiel, haben wir ihn jetzt, im September, nachgeholt. Nicht Kultur und Kunst standen auf dem Programm, wir wollten uns einfach nur treiben lassen. Und Roms unbekannte Seiten entdecken. So stießen wir bei unseren Recherchen auf Federico Spadoni. Mit ihm wollen wir uns auf die Spur von Trüffeln begeben.

Pinien & Vierbeiner statt Pantheon & Vatikan

Wer mich kennt, weiß, dass ich die Natur liebe. Und Hunde! Und beides weitaus mehr als Trüffel. Ohne dass ich es ahnte, geht es Federico Spadoni, unserem Gastgeber für den heutigen Tag, wohl genauso … Der 32-Jährige lebt nahe Rom und hat fünf Hunde, alle sind für die Trüffelsuche ausgebildet. Er verspricht: Für sechs Stunden wird er uns mitnehmen auf eine Entdeckungstour durch die Wälder von Rom, seine Vierbeiner werden Trüffel aufspüren, die wir später bei ihm zu Hause zubereiten. Klingt doch fantastisch!
Wir fahren mit der Bahn eine Dreiviertelstunde bis nach Cesano. Federico wartet schon auf uns und mit ihm seine wichtigsten Mitarbeiter: Rex, ein Grifo Nero Valnerino, Argo, ein Lagotto Romagnolo und dessen Tochter Arya, ein zauberhafter Mix mit einer Cocker-Spaniel-Hündin. Und dann geht es rein in den Wald.

Wo Trüffel gedeihen, wächst kein Gras mehr

Sobald die drei Vierbeiner von der Leine gelassen werden, preschen sie los. Die Nase immer am Boden. „Immer den Hunden nach, sie geben die Richtung vor“, sagt Federico. Während die auf der Suche sind, weiht uns ihr Master in die Geheimnisse der Trüffel ein. „Die Knollen gedeihen zumeist unter der Erde in der Nähe von Baumwurzeln, überwiegend von Laubbäumen. Sind die Trüffel eine Symbiose mit ihren Wirtspflanzen eingegangen sind, entsteht eine vegetationsgeschädigte Zone, die auch ‚verbrannte Erde‘ genannt wird.“ Wir befinden uns gerade auf einem solchen Flecken, und es dauert nicht lange, bis Argo zu Federico läuft und ihm einen Trüffel in die Hand spuckt. Kurz danach taucht auch Rex auf, der sichtlich auf seiner Beute herumkaut und nur noch einen halben Trüffel in Federicos ausgestreckte Hand kullern lässt. Woraufhin Federico ihn kopfschüttelnd, aber milde lächelnd tadelt.

Eine Arbeit, die beide erfüllt: Herr und Trüffel-Hund

„Neun Sorten gedeihen rund um Rom“, zählt Federico auf: u.a. der schwarze Sommertrüffel, dem wir heute auf der Spur sind, der Weiße Albatrüffel, der hocharomatische Wintertrüffel sowie der kleine weiße Märztrüffel (in Italien Bianchetto oder Marzuolo genannt), für den Federico selbst eine Schwäche entwickelt hat. „Sie wachsen vorzugsweise unter Pinien“, weiß er. Und auch, dass er die großen Weißen in eher feuchten Gegenden findet und die schwarzen Wintertrüffel eher in den Bergen.
Sein Handwerk hat Federico von einem alten Bauern gelernt. Federicos ganze Leidenschaft gilt aber weniger der Trüffelsuche, sondern seinen Hunden, die er selbst trainiert. „Ein guter Trüffelsucher macht einen guten Hund und ein guter Hund macht einen guten Trüffelsucher“, sagt Federico und betont die ausgezeichnete Beziehung zu den Hunden für eine erfolgreiche Trüffelsuche. „Mit ihnen zu arbeiten und sie glücklich zu sehen, ist das Beste, was mir passieren kann“, sagt er und seine leuchtenden Augen lassen keinen Zweifel daran, dass er das Draußensein und die stille Übereinkunft mit seinen vierbeinigen Freunden wie die Luft zum Atmen braucht.

Trüffelsuche ist Teamarbeit – Federico und seine Hunde beherrschen das perfekt
Foto: Claudia Reshöft/Strandkorb-Geflüster

Trüffel schmecken auch Hunden

Langsam füllt sich der Beutel, in dem Federico die Trüffel verschwinden lässt. Doch die Hitze setzt den Hunden zu. Federico holt einen faltbaren Napf aus seinem Rucksack und befüllt ihn mit Wasser. Und schon stürzen sich die drei Hundeschnauzen auf das kühle Nass.

Hier könnt ihr Federicos Hunden beim Trinken zuschauen 😉

Dann geht’s weiter in ein mit Pinien bewachsenes Areal. Auch hier zeigt sich an einigen Stellen die „verbrannte Erde“. Die Hunde laufen los, Rex verleibt sich das eine oder andere kostbare Exemplar ein. Doch Argo macht seinem Ruf als Champion des regionalen „Truffle Race“ alle Ehre. In schöner Regelmäßigkeit – und Zuverlässigkeit – apportiert er die ausgegrabenen Knollen. Ist das Erdreich zu trocken, was im Hitzesommer 2020 auch in den Wäldern Roms fast überall der Fall ist, hilft Federico mit seiner Trüffelschaufel ein wenig nach, um den Hunden das Ausgraben zu erleichtern. Der kleinen Arya, gerade mal ein Jahr alt, ist die Trüffelsuche aber offensichtlich zu anstrengend. Alle naslang streckt sie alle Viere von sich, um am Ende unserer Suche doch noch stolz einen Fund abzuliefern.

Viel Natur, wenig Trüffel-Ausbeute

Gut drei Stunden streifen wir mit Federico und seinen Hunden durch Pinien- und Eichenwälder. Obwohl die Hunde unablässig unterwegs sind, beträgt unsere Ausbeute gerade mal rund 60 Gramm. „Trüffel brauchen den Regen von vor drei Monaten“, sagt Federico. „Doch der Juni war extrem trocken und damit werden auch die Trüffel knapp. So wird angesichts der Ausbeute klar, warum die Knollen als teuerste Speisepilze der Welt gehandelt werden: ein Kilogramm weiße Trüffel kostet bis zu 9.000 Euro! 


Wir sollen noch in den Genuss der schwarzen Sommertrüffel kommen. In Federicos Zuhause bei Cesano begegnen wir noch den beiden anderen seiner fünf Hunde: Aryas Mutter Sally, eine sanftmütige und komplett verschmuste Cocker-Spaniel-Hündin sowie Aryas Schwester Brienne. Nach der Begrüßungszeremonie legen sich die eifrigen vierbeinigen Mitarbeiter im Garten ab.

Getrüffeltes Spiegelei ist die Krönung

Drinnen haben Federicos Vater Santino und seine Freundin Giulia ein dreigängiges Menü für uns vorbereitet. Doch erst einmal müssen die Trüffel sehr, sehr gründlich mit einer Bürste gereinigt werden, dann heißt es genießen – alles mit einer dicken Schicht fein geriebenen Trüffel: Bruschetta, echten (!) italienischen Mozzarella, hausgemachte Ravioli und last but not least als Krönung – ein üppig getrüffeltes Spiegelei.
So viel Naturerleben, so herzliche Gastfreundschaft, so nette Menschen, so wunderbare, sanftmütige Hunde – ich war gewiss nicht das letzte Mal in den Wäldern von Rom unterwegs.

Foto: Clara Reshöft
Federico und Cocker Sally
sind ein Herz und eine Seele
Foto: Claudia Reshöft

Ihr habt Lust, Federico und seine Hunde bei einer Trüffelsuche zu begleiten? Hier könnt ihr euch anmelden: http://www.discoveringtruffles.com

Vom Trüffelschwein zum Hund
Seit dem 15. Jahrhundert war das Ausgraben der Trüffel
die Aufgabe von Schweinen. Genauer gesagt, von Säuen. Angezogen von dem Geruch, der den von den männlichen Schweinen abgesonderten Sexualhormonen ähnelt, spürten sie Trüffel bis zu einer Tiefe von gut zwei Metern auf.
Die Bauern, die sie an der Leine führten, konnten aber kaum verhindern, dass sie Säue sich die Leckerbissen einverleiben wollten. Dazu wurde ihnen ein Eisenring um den Rüssel gelegt. Da die Schweine beim Graben die Baumwurzeln stark beschädigten, ist diese Praxis heute in Italien verboten. Lieber vertrauen die Trüffelsucher hier auf ihre spürsicheren und apportierfreudigen Hunde.

Kategorien
Land-Lauschen

Gabriele Münter und die Blauen Reiter

Es soll das Blau gewesen sein, welches das Murnauer Moos am Fuß der Alpen in die wohl romantischte aller Farben taucht und Gabriele Münter, Wassily Kandinsky, Franz Marc und August Macke zur Namensgebung ihrer Vereinigung Der Blaue Reiter inspirierte.
Die KünstlerInnen fuhren Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Bahn in die „Sommerfrische“ nach Murnau und entdeckten das Schauspiel, das sich insbesondere an späten Sommerabenden wiederholte. Kandinskys Vorliebe für die Farbe Blau und Marcs Schwäche für Pferde verbanden sich so zu den Blauen Reitern, die mit Ausstellungen ihrer expressionistischen Arbeiten in den Jahren 1911/12 für Furore und Aufruhr sorgten und seither zu den bedeutendsten Wegbereitern der modernen Kunst im 20. Jahrhundert zählen. Zu den Blauen Reitern gehören neben Marc und Kandinsky auch Robert Delaunay, Marianne von Werefkin, Alexej von Jawlensky, Alfred Kubin und August Macke.

„Je tiefer das Blau wird, desto tiefer ruft es den Menschen
in das Unendliche, weckt in ihm die Sehnsucht
nach Reinem und schließlich Übersinnlichem,
denn es ist die Farbe des Himmels“. 

Wassily Kandinsky

Das „Russenhaus“ von Murnau

Zu den Blauen Reitern gesellten sich zahlreiche Russen. Einer der bedeutendsten unter ihnen, Wassily Kandinsky, war mit der expressionistischen Malerin Gabriele Münter liiert. Das Paar kaufte sich ein Haus in der Kottmüllerstraße, welches sie von 1909 bis 1914 gemeinsam bewohnten – und in das sie natürlich ihre russischen Künstler-KollegInnen einluden. Das lockere Treiben dort erschien den Murnauern suspekt, weshalb sie es wohl mit einer Mischung aus Respekt und Abscheu nur das „Russenhaus“ nannten.

Gerettete Kunst

Nach Kandinskys Rückkehr nach Russland blieb seine Lebensgefährtin Gabriele Münter nach längerer Abwesenheit bis zu ihrem Tod 1962 in Murnau wohnen. Ihr ist zu verdanken, dass ein Teil der unter den Nationalsozialisten als „entartet“ geltenden Werke erhalten blieben. Unter anderem wird erzählt, sie habe in den Kriegsjahren so argen Hunger gelitten, dass sie beim örtlichen Metzger Bilder gegen ein Stück Wurst eingetauscht habe. Woraufhin der Metzger sich angesichts des jämmerlichen Mütterleins gnädig erwies – und Leinwände und Rahmen in Ermangelung von Brennstoffen zum Heizen verwendet haben soll. Getreu dem Motto: Von wegen Kunst – das kann weg.

Heute heißt das „Russenhaus“ Münter-Haus und ist eine Gedenkstätte und ein Museum. Es wird von einer Stiftung getragen, die nach der Künstlerin und ihrem späteren Lebensgefährten Johannes Eichner benannt ist.

Mehr Infos: http://www.muenter-stiftung.de/de/das-munter-haus-2/

Kategorien
Land-Lauschen

Kultur Gut Hasselburg: Wo die Musik zu Hause ist

Menschen, die auf dem satten Grün des weiten Innenhofs ihre Picknickdecken ausbreiten. Entspannte Gesichter im Licht der untergehenden Sonne, hier und da heiteres Gelächter, das erst verstummt, als die Musik ertönt und die laue Abendluft erfüllt. Gäste, die sich barfuß tanzend im Rhythmus wiegen …

Stifter Constantin Stahlberg
Foto: Claudia Reshöft

So etwa mag Constantin Stahlberg sich das vorgestellt haben, als er sich mit seiner Stahlberg Stiftung daran wagte, Gut Hasselburg in Ostholstein zu sanieren. Einen Ort hatte er schaffen wollen, an dem die Musik zu Hause ist und an dem Menschen Urlaub machen können wie im Bilderbuch. Daraus wurde ein bauliches Mammutprojekt, das nach zehn Jahren Bauzeit und der Investition eines zweistelligen Millionenbetrages kürzlich abgeschlossen wurde. Die kulturelle Vision des Stifters hat sich damit jedoch noch nicht gänzlich erfüllt.

Einzigartiges Gutshof-Ensemble

Wie aus dem Bilderbuch: Das Torhaus des Kultur Gutes Hasselburg in Schleswig-Holstein
Foto: Claudia Reshöft

Das Gut Hasselburg nahe Neustadt in Holstein gehört zu den wohl elegantesten feudalen Ensembles Schleswig-Holsteins. Schon die Anfahrt durch die schnurgerade, 300 Meter lange Lindenallee lässt vermuten, das prachtvoll geschwungene Torhaus mit seinem Rundbogentürmchen auf dem Mittelpavillon sei das Gut selbst. Doch sobald die von Mauern umschlossene Torzufahrt passiert ist, gelangt man in den weiten Innenhof des Gutes, der von zwei imposanten Gebäuden gerahmt wird.

Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune steht auf dem ostholsteinischen Gut Hasselburg nahe Altenkrempe
Foto: Claudia Reshöft

Zur rechten Hand liegt Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune. Wegen ihres einzigartigen Ständerwerks und der immensen Ausmaße von 74 mal 24 Meter wird sie auch Eichenkathedrale genannt und als Konzertscheune, beispielsweise während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals, genutzt. Zur Linken begrenzt das kürzlich eröffnete Kuhhaus mit seinem backsteinernen Kreuzgewölbe das Ensemble. Erst hinter dem von einer Baumreihe bestandenen Wassergraben liegt das von Kavaliershäusern flankierte, spätbarocke Herrenhaus Hasselburg. Hier residiert die Hörspielproduzentin Heikedine Körting (u. a. Die drei ???, TKKG, Hui Buh, das Schlossgespenst).

Vom Herrensitz zum Kultur Gut

In dem Herrenhaus von Gut Hasselburg residiert die Hörspiel-Produzentin Heikedine Körting
Foto: Claudia Reshöft

Heikedine Körting ist zu verdanken, dass Constantin Stahlberg den spätbarocken Landsitz entdeckte. Die beiden kennen sich seit 26 Jahren. Der Ex-Unternehmer, Hamburger Mäzen und passionierte Musiker komponierte Musik für ihre Hörspiele. Als Gut Hasselburg – und mit ihm auch das von Körting gepachtete Herrenhaus – 2005 zum Verkauf stand, schwebte ihm vor, hier könne ein kulturelles Zentrum entstehen, in dem neben der klassischen Musik auch Theater oder Musicals eine Heimat finden. „Wir möchten hier sämtliche Spielarten der Kultur durchdeklinieren“, sagt Constantin Stahlberg. Er legt Wert darauf, dass in Hasselburg Kultur zu Hause ist, die den Menschen gefällt. Vielen Menschen, und nicht etwa nur einem elitären Kreis.

Schon unter Heikedine Körting und ihrem 2016 verstorbenen Mann Andreas Beurmann, einem Musikwissenschaftler, hatte sich die Hasselburgsche Konzertscheune in den 1980er Jahren als Spielstätte des Schleswig-Holstein Musik Festivals einen Namen gemacht, ebenso mit den durch den Kulturkreis Hasselburg e. V. während der Wintermonate veranstalteten Kammerkonzerten im Herrenhaus. Doch erst mit der Übernahme Hasselburgs durch die Stahlberg Stiftung konnte die baufällig gewordene Konzertscheune nach neuesten baulichen Vorschriften saniert werden. Das war aber nur der Auftakt zu einem Gesamtkonzept.

Bildschön schlafen im Torhaus

Das designprämierte Torhaus Foto: Claudia Reshöft

„Als wir Hasselburg übernahmen, hat uns der desolate Zustand doch überrascht. Die Scheune und das Kuhhaus waren marode und auch das Torhaus war stark sanierungsbedürftig“, erinnert sich Constantin Stahlberg. Zudem musste das gewaltige Vorhaben auf wirtschaftlich solide Beine gestellt werden. Das von Gregor Greggenhofer entworfene Torhaus von 1763 mit seinen beiden Seitenflügeln wurde unter Denkmalschutzrichtlinien saniert und für die behutsame Umsetzung durch den Bund Deutscher Architekten (BDA) ausgezeichnet, sowie mit einem Denkmalschutzpreis bedacht. Heute beherbergt das spätbarocke Juwel das Café Cembalo, das von Freitag bis Sonntag geöffnet ist. Sowie neun nach Musikinstrumenten benannte Ferienwohnungen und weitere neun Komponisten-Gästezimmer, in denen das Interieur auf jegliche Effekthascherei verzichtet. Stattdessen dominieren hier klare Linien und aus edlem Holz handgefertigtes Mobiliar.

Staunen und feiern im Kuhhaus

Mehr Raum für Gäste, die nahe der Lübecker Bucht ihren Urlaub verbringen möchten, bieten die Ferienwohnungen im kürzlich eröffneten Kuhhaus. Im Zentrum jedoch steht das backsteinerne Kreuzgewölbe, ein faszinierender Saal mit beinahe sakral anmutender Atmosphäre, in den durch bodentiefe Fenster das Tageslicht fällt. Hier finden bis zu 150 Personen Platz – anlässlich von Hochzeiten oder anderen Veranstaltungen. Auch eine Ausstellung zu Heikedine Körtings Hörspiel-Reihe Die drei ??? soll schon bald Besucher in das Kuhhaus locken Die ersten Requisiten schlummern bereits in Glasvitrinen. Zudem sind Fotoausstellungen geplant.

Neuer Mittelpunkt: das backsteinerne Kreuzgewölbe
Foto: Claudia Reshöft

Kathedrale der Musik: die Konzertscheune

Bevor Constantin Stahlberg sich Hasselburgs annahm, hatte er als Pianist auf der Bühne des Barocksaals gestanden. Mittlerweile hat der musikverliebte Mäzen, der in Hamburg das Jugendprojekt musical@school ins Leben gerufen hat, einige seiner eigenen Musical-Kompositionen (u.a. Mona Lisa, Sherlock) in der schleswig-holsteinischen „Eichenkathedrale“ zur Aufführung gebracht.

Ob Während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals oder bei einer Kleinkunstveranstaltung – in der Konzertscheune schlägt das musikalische Herz von Gut Hasselburg Foto: Claudia Reshöft

Bedingt durch die Covid19-Maßnahmen kann die Konzertscheune in diesem Jahr nicht wie gewohnt genutzt werden. Doch entspannt sich die Lage, wird es in der Konzertsaison 2021 u.a. zu weiteren Aufführungen von Stahlbergs Erfolgs-Musical Mona Lisa kommen. Auch das Schleswig-Holstein Musik Festival wird wieder auf dem Kultur Gut Hasselburg zu Gast sein.

Kleinkunst unter freiem Himmel

Einstweilen aber wird auf der Open Air Bühne Kleinkunst geboten – von der Lesung bis zum Bar Jazz-Konzert (https://hasselburg.de/veranstaltungen/). Und wer mag, bleibt nicht nur für zwei, drei Stunden, sondern auch für längere Zeit in den bildschönen Ferienwohnungen, in denen man sich nur allzu gern wachküssen lässt.

Mehr Infos sowie Termine zu den Veranstaltungen
auf dem Kultur Gut Hasselburg

www.hasselburg.de

www.stahlberg-stiftung.de

Kategorien
Land-Lauschen

Vintage-Fotografie: Malen mit der Kamera

Mein Blogazine www.strandkorb-gefluester.de lebt neben meinen Texten natürlich auch von Fotos. Ich fotografiere leidenschaftlich gern. Aber nicht immer gelingt es mir, die Seele eines Motivs so einzufangen, wie ich es mir wünsche. Denn ich bin ein absoluter Laie an der Kamera. Für einen Foto-Kurs fehlte mir bisher die Zeit. Daher machte mich die Ankündigung eines Facebook-Bekannten neugierig: „Kreatives Fotografieren mit Vintage-Objektiven“ mit Gunnar Asmus in der Alten Schlossgärtnerei in Plön. Wenn ich Gunnar richtig verstanden habe, geht es bei der Vintage-Fotografie um eine ganz andere Form des Sehens. Und um das schon einmal vorwegzunehmen: Einfach mal den Kopf ausschalten, den Blick auf das Wesen(tliche) richten, versunken sein im Hier und Jetzt – ja, ich habe nicht nur mehr über Fotografie gelernt, sondern auch eine wunderbare Variante der Natur-Meditation entdeckt.

Der mit der Kamera malt …

Gunnar Asmus mit Kamera und Vintage-Objektiv
Immer auf der Motivsuche: Gunnar Asmus aus Malente
Foto: privat

Ich hatte schon eine Weile lang Gunnars Foto-Posts verfolgt (https://www.facebook.com/gunnar.asmus.3). Darauf sind zumeist einzelne Blüten vor unscharfem Hintergrund zu sehen, sie erscheinen beinahe geheimnisvoll. Gunnar ist Beamter beim Land Schleswig-Holstein und nebenbei leidenschaftlicher Hobbyfotograf. Er gibt Kurse zum kreativen Fotografieren an der VHS Eutin https://vhs-eutin.de/ und organisiert die Fototage zwischen den Seen www.perspektiven-malente.de. Der erste Termin im Juli fiel sprichwörtlich ins Wasser und wurde um eine Woche verschoben. Aber mein Kalender ist an diesem Tag schon gut gefüllt, trotzdem möchte ich unbedingt dabei sein – und sei es nur für eine gute Stunde.
Treffpunkt ist die Alte Schlossgärtnerei in Plön, ein privatwirtschaftlich betriebener Garten, der unmittelbar an den Plöner See grenzt (http://www.alte-schlossgaertnerei-ploen.de/). Weil ich spät dran bin, haste ich dorthin. Aber der Anblick der offenbar tiefenentspannten Teilnehmer, die sich in dem naturnahen Garten schon einen malerischen Platz samt Kamera und Stativ gesichert hatten, lässt mich automatisch zwei Gänge runterschalten.

Auf der Suche nach dem richtigen Motiv

Für Neulinge wie mich hat Gunnar eine große Auswahl an Vintage-Objektiven dabei, jedes bietet einen anderen Effekt – mal mit größerer Unschärfe, mal mit kleinen Bubbles (Bokeh genannt). Aber allen gemeinsam ist: Sie stammen aus der vor-digitalen Zeit der Fotografie, in der Autofokus ein Fremdwort war, die Blende manuell über den Blendenring eingestellt wurde und es nicht um gestochen scharfe Aufnahmen ging. Gunnar hat inzwischen 16 analoge Objektive gesammelt, die über spezielle Adapter mit der digitalen Kamera verbunden werden können. Und was ist der Effekt? „Damit könnt ihr so fotografieren, wie ihr es real mit dem Auge nicht wahrnehmen könnt. Ihr lernt also gewissermaßen, die Kamera wie ein Malwerkzeug einzusetzen“, verspricht er. Ich Anfängerin entscheide mich auf seine Empfehlung hin für ein Carl Zeiss Jena Ultron 50 mm f 1.8. Dann gehen wir auf Motivsuche durch den Garten.
Vor einem Brombeerstrauch bleibe ich stehen. Ich will mich an einer Blüte samt grüner Frucht versuchen. Gunnar rät mir: „Mit analogen Objektiven kann man nicht mal eben schnell auslösen und auf ein perfektes Ergebnis hoffen. Nimm dir Zeit, richte dein Stativ aus, fokussiere mit der Lupe, nutze das Gegenlicht und nähere dich langsam deinem Motiv an.“ Und dann überlässt er mich meiner Übung. Runterkommen, Kopf ausschalten, mich an den Moment und das Motiv hingeben … mal schauen, ob das klappt.

Ob die Vintage-Fotografie und ich zusammenpassen?

Hm, ganz so habe ich mir das nicht vorgestellt. Das Ergebnis ist weit entfernt von dem leicht Verzauberten, das Gunnars Fotos zu eigen ist. Also marschiere ich weiter durch den verwunschenen Garten und versuche mich als Nächstes an Herbstanemonen und Mohn. Dank der digitalen Rückschau kann ich mir das Ergebnis gleich anschauen.

Ob es an den Motiven liegt oder an der zunehmenden Achtsamkeit, mit der ich durch dieses kleine Paradies wandere – diesmal habe ich den Eindruck, auf der richtigen Spur zu sein. Aber gerade als ich den Suchtfaktor spüre, von dem Gunnar mir erzählt hat, beginnt meine innere Uhr laut zu ticken – ich muss leider los. Der nächste Termin wartet. Aber eines steht fest: Ich bin mit dem Vintage-Fotografie-Virus infiziert und mache weiter! Denn diese Art des wirkt wie eine Meditation, aus der man mehr Achtsamkeit und zudem noch zauberhafte Fotos mitnehmen kann.

Fast wie gemalt das Mohn-Trio, oder?
Foto: Claudia Reshöft

Weitere Kurse mit Gunnar Asmus

14.08.20 Kreatives Fotografieren mit Vintage-Objektiven: Fotoworkshop in der Alten Schlossgärtnerei Plön.

24./25.10.20 Natur erleben und festhalten – kreative Fotografie im Wald: 2-tägiger Fotoworkshop in Malente

Mehr Infos und Anmeldung per Email an Gunnar.Asmus@t-online.de oder mobil 0172-4374476

Kategorien
Land-Lauschen Reise-Geflüster

Aromatherapie: Der Duft der Immortelle

Sobald die Sonne über Korsika den nächtlichen Tau getrocknet hat, wird es Zeit für die Ernte der Immortelle. Jener intensiv riechenden Pflanze, die auf der ganzen Insel zwischen der Macchia blüht, an deren Duft Napoleon einst seine Heimat erkannt haben will. Vor uns liegt ein Feld goldgelber Blüten, die sich im Morgenlicht wiegen. Und durch die schon warme Luft ziehen herb-würzige, leicht süßliche Duftschwaden, die an Curry erinnern.

Männer mit Handschuhe ernten mit einer Sichel die Immortellenpflanzen
Immortellenernte auf dem Gut Bordeo der Familie von Keyserlingk
Foto: privat


Mit Handschuhen bewehrt, streifen die Erntehelfer von Gut Bordeo durch die Reihen. Mit der Sichel schneiden sie dicke Büschel des Krauts ab. Etwa 20 Zentimeter unterhalb der Blütenköpfe und nicht zu tief, damit die verholzten Stängel nicht verletzt werden und die Pflanzen wieder besser austreiben können. Denn die Immortelle ist kostbar und begehrt – in der Parfumindustrie, in der Aromatherapie und Aromapflege.

Die Immortelle leuchtet wie die Sonne selbst

Die Immortelle, die übersetzt die Unsterbliche heißt, wird botanisch als Helichrysum bezeichnet. Der Name stammt vom griechischen helios und bedeutet „Sonne“ oder „Gold“. Vielen ist sie als Currykraut bekannt. Das junge, grau-weißlich behaart Laub und die Sprossachsen etwa eignen sich zum Würzen von Speisen. Der currytypische Geruch entfaltet sich jedoch erst, wenn man die Blätter ein wenig zwischen den Fingern reibt.

Nahaufnahme einer Immortellenpflanze
Sonnige Schönheit
Foto: Claudia Reshöft

Oder bei regnerischem Wetter, wie vor wenigen Tagen. Da stürzte das Wasser vom Himmel und drückte die bis zu 60 Zentimeter langen Stängel zu Boden. Daher müssen die Männer die langen, dünnen Stiele samt Blüte vor dem Schnitt erst aufrichten. Denn in ihnen stecken die wertvollen Inhaltsstoffe, die sich die Aromatherapie zunutze macht.
Auf körperlicher Ebene wirkt die Immortelle wundheilend, entstauend und entzündungshemmend. Aufgrund ihrer zellregenerierenden Eigenschaft wird sie in der Hautpflege von reifer Haut und Aknenarben, aber auch bei Blutergüssen und kleinen Verletzungen eingesetzt. Und wer die Erscheinungsform der doldenartigen Blütenkörbchen betrachtet, kann nachvollziehen, welche Wirkung der Immortelle zugeschrieben wird: Es heißt, in ihrem Goldgelb sei die Sonne gespeichert, deren Energie sich bei der Anwendung ihres Öls oder Pflanzenwassers auf den Menschen überträgt. Sie stärkt die Nerven, löst Blockaden und schenkt uns Halt, wenn wir diesen verloren haben.

Die Immortelle stärkt die Nerven, löst Blockaden und schenkt uns Halt.

Demeter-Anbau auf Gut Bordeo

Auf Gut Bordeo, dem Anwesen der auf Korsika ansässigen Familie von Keyserlingk, wächst die Helichrysum italicum. Anbau und Aufbereitung erfolgen hier nach Demeter-Richtlinien für das im Allgäu ansässige Aromaölunternehmen Primavera Life (http://www.primaverlife.com). Um die späte Mittagszeit knattert ein wendiger Mini-LKW auf den Hof, fährt rückwärts in die Produktionshalle und kippt die Immortellenernte des Vormittags herunter. Eine sonnig-warme Duftwelle weht durch die Halle. Zügig breiten die Mitarbeiter die Büschel mit Forken flächig aus, denn jetzt soll es schnell gehen. Das würzige Kraut muss noch vor Einsetzen des Fermentationsprozess destilliert werden.

Bei der Dampf-Destillation wird das Pflanzenöl vom Pflanzenwasser getrennt
Erst nach sorgfältiger Destillation lösen sich die wertvollen Inhaltsstoffe
Foto: Pascaline Photographies

Eine Hebekran bewegt die Aromapakete fuderweise in einen großen zylindrischen Kessel. Das Immortellenkraut wird zwischendurch immer wieder von einem mit Zement beschwerten Stein zusammengepresst. So lange, bis nichts mehr hineinpasst. Dann wird das Pflanzenmaterial in dem bis ins untere Geschoss reichenden Tank mit 800 Liter Wasser unter Dampf gesetzt, um die phytochemischen Verbindungen der Immortelle zu extrahieren. Bereits nach zehn Minuten hat sich 80 Prozent des Öls gelöst, aber auf Gut Bordeo dauert die Destillation etwa drei Stunden. Denn erst dann lösen sich die besonders wertvollen, hochwirksamen Inhaltsstoffe.
Das ätherische Öl fängt sich in den Aufpralltellern der sogenannten Florentiner Vase. Hier wird es von dem Pflanzenwasser getrennt und später abgeschöpft. Auf diese Weise lassen sich aus 1,2 Tonnen Pflanzenmaterial rund zwei Liter konzentriertes Aromaöl gewinnen. Das ist wenig Ausbeute für so viel Arbeit!

SOS-Spray für schwierige Zeiten

Das Immortellen-Öl ist hochkonzentriert und hochwirksam. Doch auch das Pflanzenwasser, Hydrolat genannt, kommt in der Aromatherapie und Aromapflege zur Anwendung.
Ute Leube von Primavera Life ist in diesen Tagen auf Korsika zu Besuch bei ihrem langjährigen Anbaupartner Albrecht von Keyserlingk. Forscher ihres Unternehmens haben lange Zeit daran getüftelt, das Immortellen-Hydrolat ohne den Zusatz von Alkohol so weit zu stabilisieren, dass es über 26 Monate haltbar und keimfrei bleibt. „Nun setzen wir ein Fermentationsprodukt von Milchsäurebakterien ein, das zudem über eine pflegende Eigenschaft verfügt und hilft, die Hautflora in gesunder Balance zu halten.“ Gutsbesitzer Albrecht von Keyserlingk, der sich auf den Anbau von Aromapflanzen spezialisiert hat, interessiert sich vor allem auf die seelenheilende Wirkung: „Immortellenwasser beruhigt und entspannt auch unter dem Aspekt der Innenschau. Der Duft kann dabei unterstützen ‚Knoten‘ in unseren Emotionen zu lösen, wenn wir uns in schwierigen Zeiten befinden.“

Die Sonne im Gepäck

Ein Strauß Immortellen neben einer Tasse Kaffee
Mein Korsika-Souvenir: Ein Sträußchen wild wachsender Immortellen
Foto: Claudia Reshöft

Für manche ist das Immortellen-Hydrolat zu einer Art Allheilmittel geworden. Es werden damit Sonnenbrände gelindert, Muskelkater, blaue Flecken, Zerrungen und Stauchungen behandelt. Ich habe in den wilden Bergen Korsikas ein Sträußchen der „Unsterblichen“ als Souvenir gesammelt. Es hängt in meiner Küche und hat auch viele Monate noch seine sonnengleiche Farbe und den herb-süßen, krautig-warmen Duft bewahrt, der mich an die Sonne Korsikas erinnert.

Wie Ute Leube mit ihrem Unternehmen gewachsen ist, lest ihr in meinem Porträt Die Bio-Pionierin aus dem Allgäu:
www.strandkorb-gefluester.de/2020/07/27/ute-leube-die-frau-aus-der-zweiten-reihe/

Mehr Infos über die Pflanzenwässer und Aromaöle findet ihr hier: http://www.primaveralife.com

Kategorien
Land-Lauschen

Kloster Cismar-Ausstellung: Zum Fressen gern …

Zum Fressen gern … der Titel der aktuellen Ausstellung im Kloster Cismar hat mich neugierig gemacht. Mir selbst fällt eine Menge ein, was ich zum Fressen gernhabe: meine Tochter, den Bärlauch im Garten, meinen Hund Frida, meinen besten Freund … Das ist in diesem Zusammenhang natürlich nur ein geflügeltes Wort für eine ausgeprägte Form der Zuneigung. Im Tierreich hingegen bezeichnet das Fressen und Gefressenwerden die Notwendigkeit des Überlebens. Und da bleibt es nicht aus, dass uns Menschen etwas abhandenkommt, was uns lieb und teuer ist. Kulturschätze zum Beispiel gehören dazu. Was passiert, wenn Kleinstlebewesen den Bestand jahrhundertalter Bücher gefährden, mussten die Mönche des Benediktinerstifts Admont erfahren.

Dorothea Jöllenbeck führt durch die Ausstellung
Foto: Strandkorb-Geflüster/C.Reshöft

Schädlinge drohten die wertvollen Bände in ihrer weltgrößten Klosterbibliothek für immer zu zerstören. „Das brachte die Ordensmänner auf die Idee, das Jahresmotto ‚Zum Fressen gern‘ zu entwickeln“, erklärt Dorothea Jöllenbeck, die im Auftrag der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen durch die Ausstellung im Kloster Cismar führt. „Diesem Motto folgend, entstand ein facettenreicher Veranstaltungszyklus. Und sie luden die auf historische Sammlungen spezialisierten Berliner Fotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold nach Admont ein, um eine ganz eigene Interpretation zu finden“, so Jöllenbeck.

Erleuchtung inklusive

#Corona folgend wurden die Ausstellungsräume im 1. Obergeschoss des Klosters Cismar zur Einbahnstraße erklärt. Gleich zu Beginn zieht es mich magisch zu einem Bild, auf dem der „Heilige Geist“ in Form einer holzgeschnitzten Taube über einem Igel schwebt. Umgeben ist das Stacheltier von geradezu paradiesischen Früchten, die dem Admonter Wachsobst-Museum entstammen. „Eine zugegeben gewagte Inszenierung. Anfangs hatten sich die Fotografen auch gesorgt, das Bild könnte von ihren Auftraggebern, den Mönchen, als Blasphemie abgelehnt werden, aber die Benediktiner zeigten sich aufgeklärt und nahmen es mit Humor“, erklärt Dorothea Jöllenbeck.

Ausschnitt aus dem Einführungsvideo zur Ausstellung

Die komplette Video-Einführung zur Ausstellung „Zum Fressen gern“ durch Dorothea Jöllenbeck könnt ihr auf meiner Facebook-Seite anschauen

Fotoausstellung "Zum Fressen gern" im Kloster Cismar

Fotoausstellung "Zum Fressen gern" im Kloster Cismar: Dorothea Jöllenbeck erklärt, die "photograpischen Einblicke in den Benediktinerstift Admont"

Gepostet von Strandkorbgeflüster am Dienstag, 7. Juli 2020

Noch mehr über Kunst im Ostseeferienland findet ihr hier https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/06/26/von-knicks-kueken-und-kreislaeufen-in-der-landwirtschaft/

Augenzwinkernde Inszenierung

Köpcke und Weinhold hatten vier Wochen Zeit, aus den reichen Schätzen des Kulturhistorischen und Naturhistorischen Museums im Benediktinerstift Admont die passenden „Hauptdarsteller“ für ihre an Gemälde erinnernden Arrangements zu suchen. Die bisweilen über hundertjährige Präparate, Aufzeichnungen und Rezepte haben sie vor schwarzem Tuch im Stil von Jagd- und Küchenstillleben der Renaissance inszeniert.


Das Ergebnis ist eine ebenso liebevolle wie hintersinnige Fotoausstellung im Kloster Cismar, die Dr. Carsten Fleischhauer aus Schloss Gottorf kuratiert hat. Köpcke und Weinhold verweisen im ersten Saal auf überraschende Größenverhältnisse, etwa wenn ein Strauß ein Ei in eine Kinderwiege legt oder ein kleiner Kolibri sich auf einer Nautilusschnecke niederlässt. Doch zumeist handeln die faszinierenden Motive vom Fressen und Gefressenwerden. Etwa wenn geflügelte Beutegreifer, nebst Seehund über einer naturkundlichen Zeichnung von Fischen lauern. Oder ein von einem Schwarm furchterregender Raubfische eskortierter Kugelfisch wirkt wie eine unheimliche Begegnung im Weltraum.

Wo Zuneigung durch den Magen geht

„Zum Fressen gern“ hatten Köpcke und Weinhold wohl auch ein paar höchst lebendige gute Klostergeister. Weil die beiden als Gäste im Stift Admont in den Genuss der guten Klosterküche kamen, haben sie den Küchenfrauen ein anspielungsreiches fotografisches Denkmal gesetzt. Denn die Liebe zu ihrer Aufgabe ging offenbar sprichwörtlich durch den Magen. ¶

„Zum Fressen gern“ ist noch bis zum 18. Oktober 2020 im
Kloster Cismar, Bäderstraße 42. https://kloster-cismar.sh/ zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.

 Der Eintritt ist kostenlos; Spenden sind willkommen.
Geschlossene Gruppenführungen sind nach Anmeldung möglich.
 Ab 1. August finden wieder öffentliche Führungen statt:
Samstag 01. August um 10 Uhr
Sonntag 16. August um 11 Uhr
Samstag 29. August um 11 Uhr
Sonntag 13. September um 14 Uhr
Freitag 02. Oktober um 15 Uhr
Sonntag 18. Oktober um 15 Uhr
Kosten:3 Euro pro Person

 Anmeldung bitte per Mail an service@landesmuseen.sh
oder telefonisch unter 0 43 66 – 884 65 22.

Infos zum Benediktinerstift Admont unter www.stiftadmont.at

Infos zu den Sammlungsfotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold unter http://sammlungsfotografen.de

Kategorien
Land-Lauschen

Von Knicks, Küken und Kreisläufen in der Landwirtschaft

Auf Reportage ist man einiges gewohnt: Nach 1200 Kilometern Anreise ist der Protagonist plötzlich erkrankt. Eine lange vorbereitete Geschichte über Weinbergpfirsiche scheitert an nicht enden wollenden Regengüssen. Und eine wahnsinnig (!) spannende Geschichte stellt sich vor Ort nach ein paar Recherchen als Luftnummer heraus. Oder: Ein Fototermin, von dem man glaubt, er sei in einer Viertelstunde erledigt, zieht sich über Stunden hin. Am Ende hat man nur eine Handvoll brauchbare Motive. Aber dafür ist man um unbezahlbare Abenteuer reicher, so wie in diesem Fall.

Von wegen, einmal eben um die Ecke fahren …

Mein Herzensprojekt Landkunststück habe ich euch ja schon vorgestellt (https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/02/01/herzensprojekt-landkunststueck/). Aus der Vorstandsarbeit habe ich mich zurückgezogen, aber mit den Landwirten und KünsterlInnen fühle ich mich noch immer verbunden. Also bin ich fix mal rübergefahren nach Siggeneben, ist ja bei mir um die Ecke. Die Künstlerin Inga Momsen aus Flensburg http://www.ingamomsen.de hat dort für Heike und Kai-Dieter Kölle von Gut Rosenhof (Gemeinde Grube http://www.gemeinde-grube.de) ein Schwimm-Knick geschaffen. Die Kunst-Installation war lange geplant, dann kam Corona und mit ihm Lieferprobleme (aber das alles auszuführen würde jetzt einfach zu lange dauern). „Inga“, sagte ich, „ich brauche ein Foto für mein www.strandkorb-gefluester.de. Ich würde gern mal für eine Viertelstunde rumkommen.“ Inga: „Alles klar, ich sag dir Bescheid, wenn ich kurz davor bin, meine Installation ins Wasser zu lassen.“ Es sind ja nur fünf Minuten von hier nach dort.

„Schwimm-Knick“ in Rosenhof: Poesie in der Landschaft

Aus 45 Minuten wurden vier Stunden und Inga brauchte mehr als ihre beiden Hände – also auch meine –, um ihren Schwimm-Knick zu Wasser zu lassen: Taue spannen in einem Kahn mit Leck, der sich im Seegras immer wieder festfuhr und durch den Ostwind ständig vom Kurs abkam, während der Wasserpegel im Rumpf stieg. Brüchiges Material, das ersetzt werden musste … Am Ende ist die Aktion geglückt. Und nun schwebt der Schwimm-Knick übers Wasser.


Respekt vor der Geduld von Kai-Dieter Kölle und seinem „Assistenten“ Jakob, die eine gefühlte Ewigkeit am Ufer saßen und uns Frauen bei der Schwerstarbeit zugesehen haben, ohne uns anzutreiben 😉 Ich danke Inga Momsen für ein Stück Poesie inmitten der Landschaft Ostholsteins und beglückwünsche meinen Verein zu einem weiteren Landkunststück, das diese Region noch lebenswerter macht. Und meine Foto und meine Interviews mit Inga Momsen über ihre künstlerische Interpretation und Kai-Dieter Kölle über das, was in als Landwirt antreibt, die habe ich am Ende auch noch bekommen.

Die Dateien habe ich auf meiner Facebook-Seite hochgeladen:

Zum Lauschen mit Inga Momsen, die mächtig gegen den Ostwind anreden musste, geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=2981760621921999

Zum Lauschen mit Kai-Dieter Kölle geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=692698548180290

Den Schwimm-Knick findet ihr zwischen Rosenhof und Siggeneben auf dem Teich rechts hinter dem Wald

„Mobile Home“ in Groß Schlamin: Davon träumen Legehennen

Ein Landkunststück von Arno Neufeld für
den Geflügelhof Wulf in Groß Schlamin

Lena Niehoff und Tim-Ole Wulf mit Berta
Foto: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft

Tim-Ole Wulf und Lena Niehoff in Groß Schlamin halten Geflügel – Legehennen im Freiland und in Bodenhaltung. Und sie mästen Hähnchen für den Lebensmittelhandel. Als Arno Neufeld http://arnoneufeld.de die beiden das erste Mal besuchte, war er noch erfüllt von den Bildern seiner Kindheit, auf denen Hühner im Gras nach Würmern pickten. Die Realität heute ist eine andere. Ob bio oder konventionell – Hühner werden im großen Stil gehalten. Arno nahm das mit Humor. Und wie hat er seine Aufgabe erfüllt, Kunst für den Verein LANDKUNSTSTÜCK e.V. http://www.landkunststueck.de zu erschaffen?       

Arno Neufeld über sein Mobile Home
Witziger Guckloch-Effekt

„Angesichts der Abläufe und des Lebenswandels vor Ort dachte ich, ob die Hühner in ihren Träumen nicht ein wenig Abwechslung und Entspannung herbeisehnen. Da sie selbst nicht als überragende Flieger bekannt sind, habe ich mit einem Mobile Home Abhilfe geschaffen. Damit biete ich den Hühnern auf dem Hof einen modellhaften Ausflug an, der Komfort und Luftveränderung verbindet.“

Die Installation „Mobile Home“ ist ein stillgelegter VW Golf. Auf der Außenhaut des Wagens sind malerische Szenen aus dem Hühnerleben abgebildet, kleine Gucklöcher gestatten einen Blick in das komfortable Wageninnere. Dort hat Arno für warme Nester gesorgt. Es gibt eine Kükenkrippe auf der Hutablage. Futternäpfe dürfen nicht fehlen und die Getränke werden stilvoll vorgehalten. Sogar Sitzstangen und Hühnerleiter sind Bestandteil der Ausstattung.

Aber am besten setzt ihr euch einfach mal aufs Fahrrad und guckt selbst mal rein.
Kleiner Tipp: Nach Einbruch der Dämmerung ist es besonders schön, denn dann macht sich Schummerlicht im Mobile Home breit. Aber pssst! Die Hühner sind dann schon längst zu Bett gegangen.

Adresse: Geflügelhof Wulf, Hauptstraße 14, Groß Schlamin

„kreise, kreise“ in Krummbek: Der Klang von Milch und Mist

Ein Landkunststück von Maria Malmberg
für Gut Krummbek (Gemeinde Schashagen)

Familie de la Motte hat den Wirtschaftskreislauf auf ihrem Hof perfektioniert. Stark vereinfacht funktioniert das so: Getreide dient als Futter für die Milchkühe des Hofes, die Kühe geben Milch, die Gülle aus dem Stall wird in einer Biogasanlage aufbereitet, mit der Energie werden der Hof und die umliegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude gewärmt. Und was an festen Bestandteilen übrigbleibt, landet als Einstreu wieder im Kuhstall.

Wie Martin de la Motte und seine Familie wirtschaften, erklärt er hier (auf meiner Facebook-Seite) – unterlegt von einer ersten Klang-Hörprobe: https://www.facebook.com/watch/?v=214136906334099

Kälber-Kinderstube auf Gut Krummbek
Foto: Strandkorb-Geflüster/ C. Reshöft

Die Künstlerin Maria Malmberg http://mariamalmberg.de hat diesen Wirtschaftskreislauf in ihrer Klanginstallation „kreise, kreise“ interpretiert. „Der Kreislaufgedanke findet sich zum einen formal in der Innenkreisplatte wieder, aus der die Installation erklingt und auch in der Klangschale, in der ich den Klang erzeugt habe“, erklärt Maria ihr Landkunststück. „Inhaltlich habe ich mich auf die Stationen konzentriert, die Martin de La Motte mir bei dem Hofrundgang gezeigt hat. Zum einen den Weizen, die Milch der Kühe, photonengereinigtes Wasser, flüssiges Substrat und Gülle. Alle diese flüssigen Materialien habe ich nacheinander in eine Klangschale gefüllt und die Töne, die dabei erzeugt wurden, mit speziellen Mikrofonen aufgenommen, während ich die Klangschale umkreist habe. Zusätzlich habe ich ein Unterwassermikrofon installiert, das die Bläschen und Wassertropfen hörbar macht – das klingt dann fast wie ein Glockenspiel …“

Maria Malmbergs kreise, kreise ist ein ganz besonderes Hörerlebnis! Nehmt euch 9 Minuten Zeit dafür – und genehmigt euch dazu ein Glas Milch von der Milchtankstelle am Hof gegenüber

Adresse: Hof Krummbek, Dorfstraße 5, 23730 Schashagen – gegenüber von der Milchtankstelle

Kategorien
Land-Lauschen

Naschen unterm Hollerbusch

Ringel, ringel, reihe, sind der Kinder dreie. Sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!

Erinnert ihr euch noch an den Reim? Als Kind habe ich ihn zwar mitgesungen, hatte aber keine Ahnung, was das für ein „Hollerbusch“ sein sollte. Denn wer wie ich im Norden großgeworden ist, kennt den Holunderbusch als Fliederbeerstrauch.
Eigentlich sind die beiden Sträucher ganz leicht zu unterscheiden: Der Gemeine Flieder blüht im Mai. Man kann seine Blüten essen. Die Fliederbeeren dagegen blühen im Juni. Ihre Blüten sind ebenfalls genießbar, am besten aber schmecken sie mir zu Sirup verarbeitet oder gebacken. Besonders lecker sind dann wieder die besagten Beeren. Sie wandern ab August ins Erntekörbchen und werden zu Saft und Suppe verarbeitet.
Aber noch ist es Frühsommer und an den Herbst mag ich jetzt nicht denken. Also habe ich die ersten weißen Dolden eingesammelt und Holunder-Sirup daraus gekocht. Der ist die Grundlage für eines meiner Lieblingsdessert, das so schön ist diese Jahreszeit passt.

Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder

Rezept für 6 Personen

  • 400 g Erdbeeren
  • 1 gehäuften EL Vollrohrzucker
  • 200 g Schlagsahne
  • 2 frische Eigelbe
  • 25 ml Holunderblütensirup
  • 25 g Zucker
  • 150 g Sahne-Joghurt
  • einige Holunderblüten und evtl. Erdbeeren für die Deko

Erdbeeren putzen, kleinschneiden und mit Vollrohrzucker pürieren. Sahne steif schlagen und kaltstellen.

Eigelb, Sirup und Zucker mit dem Handmixer über einem heißen Wasserbad dick-cremig aufschlagen. Im kalten Wasserbad die Creme so lange rühren, bis sie gut durchgekühlt ist.

Zuerst Joghurt unter die Masse ziehen, dann 2/3 des Erdbeerpürees (Rest beiseitestellen) und die Schlagsahne unterheben. Die Masse im Wechsel mit dem Rest Püree in Dessertschalen schichten. Danach mindestens 7 Stunden einfrieren.

Vor dem Servieren das Parfait ca. 30 Minuten antauen lassen. Gegebenenfalls löst ihr das Parfait durch Eintauchen in Heißwasser vom Rand und stürzt es dann auf die Dessertschale. Mit einigen Holunderblüten oder Erdbeeren garniert servieren.

Lasst es euch schmecken!

Welche Geheimnisse der Holunder birgt, verrät
Amely Gräfin Platen demnächst im Land-Lauschen
bei Claudias Strandkorb-Geflüster im Beitrag
Der Zauber des Holunders

Kategorien
Land-Lauschen

Die Würde des Menschen
ist antastbar

Der Tod kommt unerwartet, auch wenn genug Zeit blieb, um sich auf ihn vorzubereiten. Zwei Jahre hat er sich Zeit gelassen. Zwei Jahre sind eine lange Zeit für ein Kind, das gerade in die Schule gekommen ist, als seine Mutter schwer erkrankt. Und zwei Jahre Schmerzen und Leiden sind eine viel zu lange Zeit für die Mutter, die gern noch geblieben wäre. Bei ihrem Mann, ihren beiden Töchtern. Aber der Tod fragt nicht nach Sehnsucht, nach Liebe, nach Hoffnung. Beate Rincks Mutter starb an Krebs. Da war das Mädchen gerade mal acht Jahre alt. Vielleicht ist deswegen der Übergang vom Leben zum Tod ihr Thema. Ein Thema, das die meisten Menschen lieber verdrängen.
Hier erzählt Beate Rinck, Initiatorin des Fördervereins Hospiz Wagrien-Fehmarn e.V., warum der Tod ihr ebenso nah ist wie das Leben.

Die Unfassbarkeit des Todes

„Das Sterben begleitet mich schon seit meiner Kindheit in Niedersachsen. Als ich sechs Jahre alt war, erkrankte meine Mutter an Krebs. Ich erinnere mich noch genau an die Besuche im Krankenhaus, zwei Mal die Woche. Es gehörte zu meinem Alltag dazu, dass ich meine Mutter am Mittwoch und am Samstag oder Sonntag mit meinem Vater im Krankenhaus besuchte. Ich erinnere mich noch an das Krankenzimmer und den Blick auf hohe Bäume in denen Krähen wohnten. Es ist sehr lange her, aber ich habe fest daran geglaubt, dass meine Mutter wieder gesund wird. Etwas anderes ist für ein Kind dieses Alters ja auch nicht vorstellbar. Erst einige Tage bevor sie tatsächlich starb, klärte mich eine gute Bekannte der Familie auf Wunsch meines Vaters auf. Ich erinnere mich, dass ich sehr zornig auf die Frau war und ihr kein Wort geglaubt habe. Auch bei niemand anderen fragte ich nach, ob stimmt, was sie mir erzählte. Die Antwort wollte ich wohl nicht hören. Meine Mutter verstarb im Krankenhaus, ihr Bett war neben einen Schreibtisch im Arztzimmer geschoben, dort habe ich sie noch einmal gesehen.
Unsere Mutter unwiederbringlich verloren zu haben, war für mich und meine ältere Schwester nur schwer zu überwinden. Der Kummer über den Verlust der Mutter blieb, auch nachdem mein Vater sich – wohl auch aus ganz praktischen Erwägungen heraus – rasch wiederverheiratete.
Als ich 16 war, verstarb auch er völlig unerwartet nach einem Herzinfarkt. Diese beiden frühen Todesfälle haben sicher mein ganzes Leben geprägt. Aber das ist mir erst viel später bewusst geworden.“

Was ist richtig?

Der Tod und das Sterben haben Beate Rincks spätere berufliche Entwicklung beeinflusst. An der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH) machte sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester und blieb dort bis 1989 im Dienst. Die letzten sechs der insgesamt zehn Jahre arbeitete sie als Pflegekraft in der Transplantationsmedizin. Eine intensivmedizinische Abteilung, in der es sprichwörtlich um Leben und Tod geht. Um Hoffnung. Und um die Fragen: Welchen Wert hat ein Leben? Wird das neue Herz abgestoßen? Erhält ein Patient ein passendes Spenderorgan, das ihm noch Jahre qualitätvollen Lebens schenken kann? Oder stirbt er oder sie auf der Warteliste?
Sie weiß um die inneren Konflikte, die das Team tragen muss. Und auch die Ärzte, die sich dem Eid des Hippokrates verpflichtet fühlen. Der besagt unter anderem, … Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht … Im Klinikalltag aber können Ärzte nicht allein das Wohl, den Nutz und das Frommen im Blick behalten, die Forschung und auch ein gewisser betriebswirtschaftlicher Druck hält sie mitunter dazu an, Entscheidungen zu treffen, die zeitweise scheinbar weder der Würde, noch der Menschlichkeit dienen – speziell im Umgang mit Sterbenden. Das ergibt sich aus den intensivmedizinischen Möglichkeiten, die in einem Transplantationsbereich voll genutzt werden, das wurde auch mit den Patienten und Angehörigen vorher besprochen.

Schwierige Entscheidungen

Anfangs habe ich mich intensiv fortgebildet und das neue Wissen in die Arbeit mit den schwerkranken Patienten eingebracht. Mit den Jahren wurde die Arbeit dort, wie bei allen KollegInnen, zu einer hohen emotionalen Belastung. Das eigentlich Belastende war nicht der Tod nach einer schweren Abstoßung oder anderen Komplikationen. Es war vielmehr das Leiden, dass einige PatientInnen z. B. im Verlauf durchlebten. Eine Universitätsklinik ist neben der Patientenversorgung in einem hohen Maße an Forschung interessiert. Da erschien es mir manchmal, als wären die Überlebensraten, also reine Statistik, wichtiger als die Würde der Betroffenen. Das konnte schon einmal ethischen Auseinandersetzungen zwischen den Berufsgruppen führen.
Für die Pflegekräfte waren einige ärztliche Entscheidungen schwierig zu bewältigen oder nachzuvollziehen, da sie zumeist während der ganze Dienstschicht mit den Patienten verbrachten und so die die Nöte der PatientInnen dichter erlebten.“

Neubeginn in Ostholstein

Ende der 80er Jahre erfolgte eine berufliche Veränderung , weil Beate Rinck und ihr Mann von Niedersachsen nach Schleswig-Holstein zogen. Sie arbeitete vertretungsweise in der ambulanten Pflege, gab Pflegekurse für das Rote Kreuz, um dann – bis nach der Geburt der Tochter – an die Krankenpflegeschule in Oldenburg zu wechseln. Sie wechselte dann als Pflegedienstleitung ins Management des damaligen Kreiskrankenhauses, das  2005 vom Sana-Konzern übernommen wurde. Ihr Anliegen für ihre Pflegeteams blieb aber immer der achtsame Umgang mit den PatientInnen.

Ethik und Ökonomie – ein Widerspruch?

„Es schloss sich eine Weiterbildung zur Ethikberaterin im Gesundheitswesen an. Als Ehtikberaterin beschäftigt man sich intensiv mit den Rahmenbedingungen, die mit den Lebensschwellen verbunden sind, wie z. B. Geburt und Tod. Ethikberaterinnen können Ethikkomitees etablieren und leiten, ethische Fallbesprechungen für Teams, Patientinnen und Angehörige durchführen.  
Es war Teil meiner Tätigkeit, alle ethischen Handlungsanweisungen für die Krankenpflege mitzuschreiben, die jetzt u.a. in den Sana-Kliniken auf Fehmarn oder in Eutin angewendet werden. Darin steht beispielsweise, dass Sterbende einen Anspruch auf ein Einzelzimmer haben und ihnen eine würdevolle, gepflegte Atmosphäre zu ermöglichen ist.
Soweit die Theorie. In der Praxis gestaltete sich das manchmal schwierig speziell bei hoher Belegung der Klinik. Ein Beispiel: Bei der Planung eines Neubaus mit mehreren Stationen stellte ich fest, dass es keine Einzelzimmer gab. Wo also sollten Sterbende würdevoll untergebracht sein oder wie sollten z. B. infizierte Patienten isoliert werden?  Würde man in den Doppelzimmern in der letzten Lebensphase eines Betroffenen ein Bett sperren, würde eine Belegung fehlen – mit anderen Worten: es wäre aus Sicht von Ökonomen nicht voll genutzt.
Den Pflegeteams war es ebenso wie mir sehr wichtig, dass Sterbende am Ende des Lebens allein oder mit ihren Angehörigen sein konnten. Pflegende haben ein ausgeprägtes Gespür dafür, wenn es um ethische Grenzfälle und gegen die Würde der Patienten geht. Mitarbeiterinnen formulierten in diesen Zusammenhängen auch häufig den Wunsch, dass es wichtig sei, ein Hospiz in der Region zu haben. In diesen Situationen nahm ich mir vor, mich zu einem späteren Zeitpunkt um eine Einrichtung zu kümmern, in der Menschen ein gutes Ende erleben dürfen. Nun ist es soweit. Und das ist gut so.“

Nachsatz: Beate Rinck schied 2016 aus dem Krankenhausdienst aus. Sie ist die Initiatorin und Gründerin des Fördervereins Wagrien-Fehmarn. https://www.hospiz-ostholstein.de/

Mehr zu den Plänen für ein Hospiz in Ostholstein findet ihr hier:

https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/05/30/hospiz-den-tagen-mehr-leben-geben/

Kategorien
Land-Lauschen

Imker aus Leidenschaft

Max Voß‘ Beuten auf dem Hof in Cismarfelde

Es ist endlich wärmer geworden an diesem Sonntag, ein paar Tage nach den Eisheiligen. Und Max Voß ist ein bisschen spät dran mit seiner Arbeit, wie er von den Kollegen gehört hat. „Wir hatten ja einen sonnig-warmen April und Mai und die Rapsblüte ist früh in diesem Jahr. Meine Imkerfreunde haben die erste Tracht schon geschleudert, nun muss das also losgehen“, sagt er, zieht seine blaue Arbeitsjacke an und marschiert von seinem Wohnhaus rüber zum Hof. In der Scheune streift er seine Schutzkleidung über die blaue Arbeitsjacke, schnappt sich sein Arbeitsgerät. Dann schaut er nach seinen Bienen. Denn bevor es ans Honigschleudern geht, wird in der „guten Stube“ der Immen erstmal aufgeräumt.

Jetzt, wo das Futterangebot reicher und es draußen wärmer wird, geraten die Bienen ins Schwärmen, denn im Bienenstock ist es durch die nachwachsende Generation eng geworden. Sogenannte Ammenbienen, die bisher mit der Pflege und Aufzucht der Brut beschäftigt waren, beginnen nun extra große Zellen zu bauen, die sogenannten Weiselzellen, aus denen neue Königinnen schlüpfen werden. „Sind die erst einmal da, folgen sie ihrem Schwarmtrieb und nehmen die Hälfte des Bienenvolkes mit sich“, sagt Max. Und weil er an seinen Tieren hängt, kann er das keinesfalls zulassen.

Die Tiere, das Draußensein sind ein Teil seiner selbst

Max Voß prüft den Wassergehalt des Nektars mit einem Refraktometer, mit dem auch der Öchslegrad von Wein bestimmt wird

Max Voß ist in seinem langen Leben schon vieles gewesen: Landwirt, Besamer, Feuerwehrmann, Mitstreiter beim Erhalt des historischen Klosters Cismar, Klosterjäger und sogar ein König, genauer gesagt: Schützenkönig beim Bürgervogelschießen der Freiwilligen Feuerwehr Cismar. Kurz: ein Mann jener Generation, die ohne Zögern anpackt, weil das „Wir“ und der Zusammenhalt an erster Stelle stehen. Zwei Dörfer weiter, in Manhagenerfelde (Gemeinde Lensahn), ist er als Sohn eines Kolonialwarenhändlers großgeworden. Aus Liebe zu seiner Frau Erika heiratete er, ein gelernter Landwirt, auf einen landwirtschaftlichen Betrieb in Cismarfelde ein. Doch in den 1970er Jahren reichten die 35 Hektar Acker und Weideland für das Milchvieh nicht mehr aus, um rentabel zu sein. Das Vieh wurde aufgegeben, das Land verpachtet. Also war Max 40 Jahre lang als Besamer unterwegs in der Region. Mit dem Sperma, das Zuchtbullen gespendet hatten, sorgte er für den Nachwuchs auf den ostholsteinischen Milchbetrieben, weshalb die Rinderbauern ihn scherzhaft den Beinamen „Rucksackbulle“ gaben. Neben Beruf und Ehrenamt nahm er sich noch Zeit für die Tiere, „zum Ausgleich“ wie er sagt.

Wunderwerk Wabe: Bienen „verständigen sich über engsten Körperkontakt

Doch die waren um vieles kleiner als die Rinder. Anfangs züchtete Max Hühner, dann Tauben – bis allergische Reaktionen der Geflügelleidenschaft ein Ende bereiteten. Aber wenn man mit der Natur aufgewachsen ist, dann wird sie Teil von einem selbst, ein Leben lang. Auch bei Max hörte das Sehnen nicht auf: nach eigenen Tieren, nach dem Draußensein. Also verlegte er sich aufs Imkern, so wie sein Vater, der 1942 im Krieg sein Leben verlor, da war Max gerade mal fünf Jahre alt. Und nun steht er selbst mit seinen 83 Jahren hier auf dem Hof der Schwiegereltern, vor seinen Bienen, mit denen er seine lebenslange Passion als Landwirt ausleben kann. Seit er über die nützlichen Insekten wacht, nennt er sich mit einer Mischung aus Stolz und Ironie „Massentierhalter“, denn in seinen neun Bienenstöcken leben insgesamt 360.000 der nützlichen Insekten auf allerengstem Raum.

Ein Fehler und alles ist zunichte

„Landwirtschaft ist wie eine Sucht“, sagt er. „Man arbeitet über das ganze Jahr auf den Ertrag hin. Macht man nur einen groben Fehler, gibt es keinen Ertrag.“ Einer dieser Fehler könnte das bei Imkern gefürchtete Schwärmen sein. Deshalb untersucht Max akribisch jede einzelne Kiste, Zarge genannt. Solch eine Zarge wiegt an die 25 Kilo, schätzt Max, gefühlt ist sie aber deutlich schwerer – an die 30 Kilo nehme ich an. Ich kann sie jedenfalls um keinen Zentimeter anheben. Und auch Max kann sie mittlerweile nicht mehr herumwuchten, zu viele Jahre harter Arbeit lasten auf seinen Schultern. Aber Timo Stark kann das, der ewig hilfsbereite Nachbar, ein kräftiger junger Mann. „Ein Glück, dass ich ihn habe“, sagt Max.

Timo Stark (rechts) ist mittlerweile Max Voß‘ wichtigste Stütze und macht seinem Namen alle Ehre

Max öffnet den Deckel, zieht nacheinander die einzelnen Waben heraus und begutachtet die einzelnen Zellen. „Alles okay“, sagt er. Deckel drauf, Timo hievt die Zarge beiseite. So geht es fort, bis zur übernächsten Kiste, die beiden machen nicht viele Worte. „Guck mal hier, hier ist eine Weiselzelle. Die breche ich jetzt raus“, sagt Max beinahe schuldbewusst, greift aber entschlossen zum Beitel und knipst die Weiselzelle weg.

Bienen nützen heißt, sie schützen

Goldgräberstimmung: Ist der Wachsdeckel erst abgeschabt, kann der Honig aus den Waben fließen

Für Max sind Bienen faszinierende Tiere. „Wie die sich organisieren, das ist schon ein Wunder“, sagt er. Aber ihm geht es, wie jedem anderen Imker auch, um einen möglichst reichen Ertrag. Das Schwärmen eines halben Volkes wäre da schwer zu verkraften. Schmerzhafter ist nur der massenhafte Verlust durch einen Schädling, der die Beute heimsucht: die Varroamilbe. Das ist ein aus Ostasien eingeschleppter Parasit, der die Bienen und ihre Brut auf vielfältige Weise schwächt. „Die nisten sich mit Vorliebe in Drohnenzellen ein“, weiß Max. Deshalb muss er auch dem männlichen Nachwuchs zu Leibe rücken. Wieder zieht er eine Wabe heraus. Deutlich stehen die mit Wachs verdeckelten Zellen hervor, denn die Larven der Männchen sind deutlich größer als die der Weibchen. Beherzt bricht Max den größten Teil heraus. „Ein paar muss ich schon im Stock belassen“, sagt er, „denn ohne Drohnen gäbe es keinen Nachwuchs, und ohne Nachwuchs keinen Honig.“

Fast einen halben Tag bringen Max und Timo mit dem „Säubern“ des Bienenstocks zu. Dann ist es genug für heute. Jetzt geht’s für Max erst einmal nach Hause zu seiner Frau Erika. Pause machen, ausruhen und Kraft schöpfen für den nächsten Tag. Dann werden die prall mit flüssiger Süßigkeit gefüllten Waben geschleudert, für den ersten Honig der Saison.

Info Wer in den Genuss von Max Voß‘ Rapshonig kommen will, muss sich sputen. Der Haustürverkauf startet etwa am 10. Juni 2020 in Cismarfelde 1, 23743 Grömitz-Cismar.
Öffnungszeiten Gibt’s nicht. Der Hausherr meint: „Einfach klingeln! Wenn keiner da ist, dann habt ihr Pech gehabt.“