Warning: The magic method Cookie_Notice::__wakeup() must have public visibility in /home/www/Claudia-Blog/wp-content/plugins/cookie-notice/cookie-notice.php on line 119 Juni 2020 - Strandkorb-Gefluester
Nicola Sieverling lernte ich kennen, als ich die Geschichte einer großartigen Freundin für ein Frauen-Magazin aufgeschrieben habe. Diese Freundin und Kollegin erkrankte mit Anfang 30 während der Schwangerschaft an Brustkrebs. Und Nicola betreute die Öffentlichkeitsarbeit für die Klinik, in der meine Freundin behandelt wurde – erfolgreich, wie es zunächst schien. Doch drei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter kam der Krebs zurück, K. starb und hinterließ ihre kleine Tochter und ihren Mann. Mit Nicola verband mich ein lockeres berufliches Band. Erst jetzt, als sie nach Ostholstein zog, haben wir uns nach vielen Jahren zu einem Strandkorb-Geflüster wiedergetroffen. Und es war beinahe so, als hätten wir uns erst gestern gesehen.
Nicola, du findest: Das Leben ist zu kurz für den falschen Job. Woran hast du selbst gemerkt, dass dein früherer Job nicht der richtige für dich ist?
Das war ein wirklich langer Prozess. Ich habe sehr viele Jahre meine PR-Agentur in Hamburg geleitet. Mir gefiel der Erfolg und auch das schicke Büro an der Alster. Obwohl ich zwei Mitarbeiterinnen hatte, befand ich mich in einer Wiederholungsschleife aus Verpflichtungen und Dauerpräsenz. Ich war nur noch im Außen, aber nicht mehr bei mir. Fünf Hörstürze hätten ein Warnsignal sein müssen, ich habe sie ignoriert. Erst als ich die Diagnose Brustkrebs bekam, konnte ich diesen Signalen nicht mehr ausweichen. Ich war vom Schicksal gewissermaßen gezwungen worden, mich zu entscheiden: für ein gut gefülltes Bankkonto oder Gesundheit und Lebensfreude. Seither kann ich nur jedem raten: Schiebt eure ersten Schritte hin zu einer Veränderung nicht auf – ob privat oder im Job.
Manche von uns hat wohl schon gedacht: Ach, ich könnte mir durchaus etwas anderes vorstellen … Ist das ein Grund, den Job gleichhinzuwerfen?
(Lacht) Keinesfalls! Aber wenn der Frust beginnt zu nagen und dieser Gedanke immer wiederkehrt, ist das ein Zeichen dafür, dass eine Veränderung ansteht. Allerdings lassen wir unser Sehnsuchtsmodell am Ende doch in der Schublade, weil sich in die Idee, es könnte Erfüllenderes geben, Zweifel und Unsicherheit mischen. Und oft ist die Angst vor dem Neuen größer als die Unzufriedenheit. Aber warum sollten wir in einem Job ausharren, der uns weder Erfüllung noch Lebensfreude bringt?
Woher weiß ich denn, ob es sich bei meinem Wunsch nach Veränderung nicht einfach um eine fixe Idee handelt?
Indem ich auf meine Herzensstimme höre. In der alltäglichen Routine meldet sie sich meist nur leise, aber bei Spaziergängen im Wald, einer Wanderung an der Küste oder in den Bergen hören wie sie deutlicher. Solche Mini-Auszeiten wirken Wunder. Und sie ermutigen uns, unserem Bauchgefühl und unserer Intuition zu vertrauen.
Du stellst in deinem Buch lauter tolle Menschen vor, die sich selbstständig gemacht haben. Aber ist es nicht Luxus – und vielleicht sogar leichtsinnig –, sich ausgerechnet zu Corona-Zeiten nach Alternativen umzuschauen und vielleicht sogar eine Festanstellung aufzugeben?
Wenn uns die vergangenen Monate etwas gelehrt haben, dann doch dies: Nichts, was wir für sicher hielten, ist von Bestand. Diese Krise hat vielen auch gezeigt, dass es Beglückenderes gibt als das Ausharren in einem ungeliebten Job. Andere haben ihren Job verloren und wollen sich neu orientieren. Die Chance für eine Veränderung war möglicherweise nie so groß wie jetzt. Das haben uns nicht zuletzt die vielen kreativen Initiativen gezeigt, die in dieser Zeit entstanden sind.
Welche Erkenntnis war für dich, und vielleicht sogar für Menschen, die du coachst, die wichtigste beim Neustart?
Wenn man einmal den Mut aufbringt, die Routine in Frage zu stellen, die Komfortzone zu verlassen und eintaucht in das Leben und seine Möglichkeiten, ist das ein fantastisches Gefühl. Denn neue Erfahrungen füllen das Selbstfreude-Konto, egal, in welcher Lebensphase wir uns gerade befinden. Denn wir haben nur dieses eine Leben und wir selbst dürfen es in die Hand nehmen. Breiten wir doch einfach unsere Flügel aus!
Nicola Sieverling weiß, wie man fliegen lernt. Ihr könnt das nachlesen in ihrem Buch „Plan B“, 256 Seiten, 18 Euro, kailash Verlag, ISBN: 978-3-424-63197-5.
Auf Reportage ist man einiges gewohnt: Nach 1200 Kilometern Anreise ist der Protagonist plötzlich erkrankt. Eine lange vorbereitete Geschichte über Weinbergpfirsiche scheitert an nicht enden wollenden Regengüssen. Und eine wahnsinnig (!) spannende Geschichte stellt sich vor Ort nach ein paar Recherchen als Luftnummer heraus. Oder: Ein Fototermin, von dem man glaubt, er sei in einer Viertelstunde erledigt, zieht sich über Stunden hin. Am Ende hat man nur eine Handvoll brauchbare Motive. Aber dafür ist man um unbezahlbare Abenteuer reicher, so wie in diesem Fall.
Von wegen, einmal eben um die Ecke fahren …
Mein Herzensprojekt Landkunststück habe ich euch ja schon vorgestellt (https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/02/01/herzensprojekt-landkunststueck/). Aus der Vorstandsarbeit habe ich mich zurückgezogen, aber mit den Landwirten und KünsterlInnen fühle ich mich noch immer verbunden. Also bin ich fix mal rübergefahren nach Siggeneben, ist ja bei mir um die Ecke. Die Künstlerin Inga Momsen aus Flensburg http://www.ingamomsen.de hat dort für Heike und Kai-Dieter Kölle von Gut Rosenhof (Gemeinde Grube http://www.gemeinde-grube.de) ein Schwimm-Knick geschaffen. Die Kunst-Installation war lange geplant, dann kam Corona und mit ihm Lieferprobleme (aber das alles auszuführen würde jetzt einfach zu lange dauern). „Inga“, sagte ich, „ich brauche ein Foto für mein www.strandkorb-gefluester.de. Ich würde gern mal für eine Viertelstunde rumkommen.“ Inga: „Alles klar, ich sag dir Bescheid, wenn ich kurz davor bin, meine Installation ins Wasser zu lassen.“ Es sind ja nur fünf Minuten von hier nach dort.
„Schwimm-Knick“ in Rosenhof: Poesie in der Landschaft
Aus 45 Minuten wurden vier Stunden und Inga brauchte mehr als ihre beiden Hände – also auch meine –, um ihren Schwimm-Knick zu Wasser zu lassen: Taue spannen in einem Kahn mit Leck, der sich im Seegras immer wieder festfuhr und durch den Ostwind ständig vom Kurs abkam, während der Wasserpegel im Rumpf stieg. Brüchiges Material, das ersetzt werden musste … Am Ende ist die Aktion geglückt. Und nun schwebt der Schwimm-Knick übers Wasser.
Respekt vor der Geduld von Kai-Dieter Kölle und seinem „Assistenten“ Jakob, die eine gefühlte Ewigkeit am Ufer saßen und uns Frauen bei der Schwerstarbeit zugesehen haben, ohne uns anzutreiben 😉 Ich danke Inga Momsen für ein Stück Poesie inmitten der Landschaft Ostholsteins und beglückwünsche meinen Verein zu einem weiteren Landkunststück, das diese Region noch lebenswerter macht. Und meine Foto und meine Interviews mit Inga Momsen über ihre künstlerische Interpretation und Kai-Dieter Kölle über das, was in als Landwirt antreibt, die habe ich am Ende auch noch bekommen.
Die Dateien habe ich auf meiner Facebook-Seite hochgeladen:
Zum Lauschen mit Inga Momsen, die mächtig gegen den Ostwind anreden musste, geht’s hier entlang:
Zum Lauschen mit Kai-Dieter Kölle geht’s hier entlang:
https://www.facebook.com/watch/?v=692698548180290
Den Schwimm-Knick findet ihr zwischen Rosenhof und Siggeneben auf dem Teich rechts hinter dem Wald
„Mobile Home“ in Groß Schlamin: Davon träumen Legehennen
Ein Landkunststück von Arno Neufeld für den Geflügelhof Wulf in Groß Schlamin
Lena Niehoff und Tim-Ole Wulf mit Berta Foto: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft
Tim-Ole Wulf und Lena Niehoff in Groß Schlamin halten Geflügel – Legehennen im Freiland und in Bodenhaltung. Und sie mästen Hähnchen für den Lebensmittelhandel. Als Arno Neufeld http://arnoneufeld.de die beiden das erste Mal besuchte, war er noch erfüllt von den Bildern seiner Kindheit, auf denen Hühner im Gras nach Würmern pickten. Die Realität heute ist eine andere. Ob bio oder konventionell – Hühner werden im großen Stil gehalten. Arno nahm das mit Humor. Und wie hat er seine Aufgabe erfüllt, Kunst für den Verein LANDKUNSTSTÜCK e.V. http://www.landkunststueck.de zu erschaffen?
Arno Neufeld über sein Mobile Home
Witziger Guckloch-Effekt
„Angesichts der Abläufe und des Lebenswandels vor Ort dachte ich, ob die Hühner in ihren Träumen nicht ein wenig Abwechslung und Entspannung herbeisehnen. Da sie selbst nicht als überragende Flieger bekannt sind, habe ich mit einem Mobile Home Abhilfe geschaffen. Damit biete ich den Hühnern auf dem Hof einen modellhaften Ausflug an, der Komfort und Luftveränderung verbindet.“
Die Installation „Mobile Home“ ist ein stillgelegter VW Golf. Auf der Außenhaut des Wagens sind malerische Szenen aus dem Hühnerleben abgebildet, kleine Gucklöcher gestatten einen Blick in das komfortable Wageninnere. Dort hat Arno für warme Nester gesorgt. Es gibt eine Kükenkrippe auf der Hutablage. Futternäpfe dürfen nicht fehlen und die Getränke werden stilvoll vorgehalten. Sogar Sitzstangen und Hühnerleiter sind Bestandteil der Ausstattung.
Fotos: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft
Aber am besten setzt ihr euch einfach mal aufs Fahrrad und guckt selbst mal rein. Kleiner Tipp: Nach Einbruch der Dämmerung ist es besonders schön, denn dann macht sich Schummerlicht im Mobile Home breit. Aber pssst! Die Hühner sind dann schon längst zu Bett gegangen.
„kreise, kreise“ in Krummbek: Der Klang von Milch und Mist
Ein Landkunststück von Maria Malmberg für Gut Krummbek (Gemeinde Schashagen)
Martin de la Motte hat Maria Malmberg den Betriebskreislauf auf Gut Krummbek erklärt. Was sie daraus gemacht hat, könnt ihr jetzt vor Ort hören Fotos: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft
Familie de la Motte hat den Wirtschaftskreislauf auf ihrem Hof perfektioniert. Stark vereinfacht funktioniert das so: Getreide dient als Futter für die Milchkühe des Hofes, die Kühe geben Milch, die Gülle aus dem Stall wird in einer Biogasanlage aufbereitet, mit der Energie werden der Hof und die umliegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude gewärmt. Und was an festen Bestandteilen übrigbleibt, landet als Einstreu wieder im Kuhstall.
Kälber-Kinderstube auf Gut Krummbek Foto: Strandkorb-Geflüster/ C. Reshöft
Die Künstlerin Maria Malmberghttp://mariamalmberg.de hat diesen Wirtschaftskreislauf in ihrer Klanginstallation „kreise, kreise“ interpretiert. „Der Kreislaufgedanke findet sich zum einen formal in der Innenkreisplatte wieder, aus der die Installation erklingt und auch in der Klangschale, in der ich den Klang erzeugt habe“, erklärt Maria ihr Landkunststück. „Inhaltlich habe ich mich auf die Stationen konzentriert, die Martin de La Motte mir bei dem Hofrundgang gezeigt hat. Zum einen den Weizen, die Milch der Kühe, photonengereinigtes Wasser, flüssiges Substratund Gülle. Alle diese flüssigen Materialien habe ich nacheinander in eine Klangschale gefüllt und die Töne, die dabei erzeugt wurden, mit speziellen Mikrofonen aufgenommen, während ich die Klangschale umkreist habe. Zusätzlich habe ich ein Unterwassermikrofon installiert, das die Bläschen und Wassertropfen hörbar macht – das klingt dann fast wie ein Glockenspiel …“
Maria Malmbergs kreise, kreise ist ein ganz besonderes Hörerlebnis! Nehmt euch 9 Minuten Zeit dafür – und genehmigt euch dazu ein Glas Milch von der Milchtankstelle am Hof gegenüber
Adresse: Hof Krummbek, Dorfstraße 5, 23730 Schashagen – gegenüber von der Milchtankstelle
Die „Krone“ in Aldein: Hier wohnen lauter gute Geister (Foto: M. Lohe)
Die „Krone“ in Aldein ist schon vieles gewesen in ihrer nahezu 500-jährigen Geschichte: ein Heubad, Zuflucht, Treffpunkt für Bauern und Erholungsuchende. Und ein Gasthof, der – wie es sich für ein gewachsenes Dorf in Südtirol gehört – zu Füßen der Pfarrkirche den Zeitläuften trutzt. Seit 1720 ist der Überetscher Profanbau mit seinem typischen Bogenfenster im Besitz der Familie Franzelin. Die jetzige Generation hat dem historischen Haus frisches Leben und Genuss eingehaucht. Dabei hat sie den Charme unangestrengter, authentischer Tradition erhalten. Das Ergebnis zeigt, dass die schlichte Bezeichnung „Gasthof“ im Fall der „Krone“ eine eher uncharmante Untertreibung – oder aber im besten Fall wörtlich zu nehmen ist.
Seelenort: die Bar im Gasthof Krone Foto: Anneliese Kompatscher
Speisen auf Gourmet-Niveau
Während die 15 Gästezimmer mit Bedacht, viel Holz und modernstem Komfort renoviert wurden, blieben die traditionsreichen Räume, in denen seinerzeit Einheimische wie Feriengäste im kräuterreichen und heilsamen Heu badeten, im Kern erhalten. Man speist in der originalen, mit wunderschön patiniertem Fichtenholz getäfelten Gaststube, an deren Deckenmitte ein handgeschnitzter, Erleuchtung spendender Heiliger Geist schwebt. Frühstückt in der lichtdurchfluteten Veranda neben einem Gemälde des Tiroler Helden Andreas Hofer, der den Südtirolern mindestens ebenso viel bedeutet wie der Heiland. Und genießt, was Küche und Weinkeller des Hauses Franzelin hergeben: eine fulminante Auswahl erlesener Weine und Speisen auf Gourmet-Niveau.
Urige Gaststube
Lichter Frühstücksraum
Romantische Terrasse
Alle Fotos: Mascha Lohe
Die Familie Franzelin – das sind der Senior Andreas, der gute Geist des Hauses. Junior-Chef Georg, Gastgeber und kenntnisreicher Sommelier. Sein Bruder Peter, der die familieneigene Neuhütt-Alm samt Vieh bewirtschaftet. Und Senior-Chefin Alberta, eine begnadete Köchin, die für ihre Knödel ebenso gerühmt wird, wie für ihre legendäre Innereienküche. Ihr Credo lautet: „Ein gutes Essen braucht Zeit – die Zutaten ebenso, wie die Zubereitung und der Genuss.“
Die Franzelins: Gastgeber, wie man sich herzlicher kaum wünschen kann Foto: Mascha Lohe
Ein gutes Essen braucht Zeit – die Zutaten ebenso, wie die Zubereitung und der Genuss.
Credo der Familie Franzelin
Glockengeläut und Apfelstrudel
Einen Eindruck von dem, was sie – und auch die anderen Mitglieder der Familie Franzelin – damit meinen, erfahren wir nach einer dreistündigen Wanderung hinauf zur Neuhütt-Alm. Auf 1.800 Höhenmetern gelangen wir auf eine Lichtung, die einen atemberaubenden Blick auf die Dolomiten freigibt.
Peter wacht über die Neuhüttalm, die einen fantastischen Ausblick bietet Foto: Mascha Lohe
Vor uns recken sich der schneebedeckte Rosengarten und der Latemar in den wolkenlosen Himmel. Auf den Wiesen zur Linken galoppieren Haflinger, rechts weiden Rinder an sanften, kräuterreichen Hängen – Schwarzbunte, Simmentaler und Südtiroler Grauvieh. Mittendrin steht Peter Franzelin, der Sohn, der von Mitte Mai bis Mitte Oktober und dann noch einmal von Weihnachten bis März hier oben ist und jede Kuh schon am Geläut erkennt. Und der nebenbei noch Apfelstrudel backt, die jede Sünde wert sind. Sobald die Dämmerung einbricht und die Wanderer schon längst wieder sicher zuhause angelangt sind, stellt er sich an den Berg. Mit dem Fernglas in der Hand. Was er da macht, wollen wir wissen. „Schauen und lernen“, sagt er. Wie die Kühe und das Wetter sich entwickeln. Und ob das Futter auf den kräuterreichen Almwiesen reicht, zum Beispiel.
Mit Liebe gemacht schmecken sogar Innereien
Schauen und lernen. Den Dingen Zeit geben. Und was man macht mit Liebe tun – so haben es die Franzelins gelernt. Sie können nicht anders. Was für ein Glück für die Gäste, die bei ihrer Einkehr in den Genuss der Produkte kommen, die die Familie aus der eigenen naturnahen Viehhaltung und Bewirtschaftung des Gartens beziehen.
Senior-Chefin Alberta serviert eine Saure Kuttelsuppe (Tripa alla parmigiana), eine Delikatesse, die Südtiroler Bauern sonntags zu sich nahmen. Eine delikate Kalbskopfsülze, die ihren Namen auch verdient, weil tatsächlich nichts anderes hineinkommt als das, was auch am Kalbskopf sitzt – und das Werk eines kompletten Arbeitstages ist. Und köstliche, von Hand gemachte Schlutzkrapfen mit frischen Kräutern.
Krönung des Genusses: Albertas Zutaten sind Achtsamkeit und Liebe zum Produkt Alle Fotos: Mascha Lohe
Dazu wählt Junior Georg Franzelin aus dem reich bestückten Gewölbekeller die passenden Weine von kleinen, ausgesuchten Weingütern. Der kenntnisreiche Hotelier, der seinen Beruf mit „Bauer und Gastwirt“ angibt, hat vor fünf Jahren noch einmal eine Landwirtschaftslehre durchlaufen, um mehr darüber zu lernen darüber, wie man die beste Qualität von landwirtschaftlichen Produkten sicherstellt. Seine Erkenntnis lautet: Selber machen.
Mal wieder was gelernt
Hotelzimmer mit sonnigen Aussichten (Foto: Anneliese Kompatscher)
Und so schlafe ich nach einem grandiosen Abend im Gasthof Krone in von einem von Kronen-Intarsien geschmückten Betten satt und zufrieden ein. Als Motto für mein weiteres Leben nehme ich von diesem wahrhaft gastfreundlichen Ort mit: Mit Zeit genießen. Schauen und lernen – was sind das für Aussichten! http://www.gasthof-krone.it
Wenn ihr schon dort seid, im Gasthof Krone, habe ich hier noch ein paar Ausflugs-Tipps für euch:
Feine Heimatkost in der Isi Hütte Foto: Claudia Reshöft
Herzhafte Hüttenkost, die nach Südtirol schmeckt, kreiert Isolde Daldoss aus dem, was vor ihrer Haustür wächst. In ihrer Isi Hüttekommen bodenständige, unverfälschte Gerichte auf den Tisch. Künstliche Geschmacksverstärker sind in ihrer Küche tabu, die Zutaten werden mit Respekt behandelt, alles wird frisch zubereitet. Mehr zu Isis Hütte findet ihr hier: isi.st
Goaßlschnölln bei einer Wanderung zum Sonnenaufgang auf dem Weißhorn Foto: Claudia Reshöft
Morgenwanderung auf das Weißhorn Man muss zwar weit mitten in der Nacht aufstehen, aber wenn man auf dem Gipfel des Weißhorns angekommen ist und die aufgehende Sonne über die Bergwelt der Dolomiten schleicht, geht einem sprichwörtlich das Herz auf! Start ist am Parkplatz Jochgrimm, weiter geht’s auf dem Weg „H“. Der Aufstieg dauert etwa eine Stunde.
Für die UNESCO gehört das Weinbaugebiet Conegliano-Valdobbiadene zum Weltkulturerbe Foto: Arcangelo Piai
Es ist gar nicht so einfach, des Rebstocks Herr zu werden. Die Wärme hat die Triebe der Glera-Traube auf Peitschenlänge wuchern lassen. Mirco Grotto kann sich auf die Zehenspitzen stellen und die Hände noch so weit recken, und doch reicht der 1,83 Meter-Mann nicht so weit an die rankenden Spitzen heran, dass er sie um den Spalierdraht winden kann. Also nimmt er einen Hocker zu Hilfe. Daraufhin steht er mit zwei Beinen am Abgrund der steil abfallenden Weinterrasse – ein Bild, das man sich kaum anschauen kann, ohne nervös zu werden. Und eines, das sich im September zur Weinlese wiederholen wird. Ja, die heldenhafte Arbeit am Hügel Cartizze ist eine Herausforderung. Und zugleich das größte Glück – für die Winzer wie auch für die Liebhaber des besten Proseccos der Welt.
Mirco Grotto auf dem Weg zum Cartizze-Gipfel (Foto: C. Reshöft)
Ein Prickeln, das die Weinbauern zum Schäumen bringt
Prosecco? Bei diesem Wort denkt so mancher an die bei Damenrunden so beliebte, süffige Variante aus dem Supermarkt. Oder an das blubbernde Gebräu in Dosen, das Mitte der Nullerjahre, von einer grellblonden Milliardenerbin angepriesen, für Furore auf dem Markt der Prickeldrinks sorgte und den Spumante in den Verruf des Massenfusels brachte. Der ramponierte Ruf des italienischen Exportschlagers versetzte die Weinbauern im Veneto derart ins Schäumen, sodass sie etwas zur Ehrenrettung des Proseccos unternehmen mussten. Mit Erfolg: Seit 2009 ist das 6.100 Hektar große Produktionsgebiet zwischen Conegliano und Valdobbiadene mit der kontrollierten und garantierten Herkunftsbezeichnung DOCG geschützt. Nun ist der Prosecco Superiore trockene Klasse statt süße Masse. Und der vom Cartizze ist die Krönung.
Der Cartizze: Top-Lage für einige der besten Prosseccos (Foto: Claudia Reshöft)
Begehrte Top-Lage
Mirco Grotto sitzt nach getaner Arbeit in seinem Garten bei Santo Stefano. Er blickt auf die besonders begehrte Lage des DOCG-Gebiets. 110 Weinbauern, zu denen auch er gehört, teilen sich die 107 Hektar extremen Steilhänge, die über Jahrmillionen von Moränenablagerungen, Sandstein und Ton geformt wurden. Tagsüber wird der Weinberg Cartizze von der Sonne geküsst, in den kühlen Nächten streichelt ihn der Wind. Es sind das milde Mikroklima und der uralte Boden, die dem sortenreinen Superiore di Cartizze seinen außergewöhnlichen Charakter verleihen. In blassem Strohgelb, mit grünlichen Reflexen perlt der Prosecco in dem Kelchglas, das Mirco uns reicht. Für uns ein unerwartet trockener Genuss von leicht spröder Noblesse, überraschend frisch, mit einer Note von Pfirsich und Aprikose. „Dies ist der Zero, mit null Prozent Restzucker. Er ist gemacht für ein paar wenige, die seine Reinheit zu schätzen wissen“, sagt Mirco mit dem Stolz eines Passionierten, der eine Schwäche für Raritäten pflegt.
Mirco Grottos Ziel: Zero Zucker
Von Mirco Grotto kühl serviert: Prosecco superiore Cartizze auf dem Weingut Garbara (Foto: Claudia Reshöft)
Die Liebe zu dem, was er tut, wurde ihm in die Wiege gelegt. Mirco wuchs im Veneto auf dem Weingut Garbara (www.garbara.it) zwischen Rebstöcken auf. Sogar während der zwei Jahrzehnte, die er als leitender Angestellter in Brillenindustrie engagiert war, half er bei Ernte und Pflege am Steilhang. Als sein Vater Ambrogio die schwere und gefährliche Arbeit nicht mehr allein bewältigen konnte, kehrte Mirco zurück. Mit dem Ehrgeiz, einen Prosecco superiore zu schaffen, wie er nie dagewesen war. Als er aufs Ganze ging und einen seiner ohnehin trockenen Cartizze von jeglichem Restzucker befreite, meinte ein Freund: „Den kannst du nicht verkaufen!“ Mirco Grotto aber war überzeugt: „Wenn man einen Wein macht, den man liebt, findet man auch seine Klienten.“ Und die stehen Schlange, denn von seinem Garbara Zero werden nur 6.000 Flaschen pro Jahr abgefüllt. https://garbara.it/de/
Die alten Weinstöcke der Sorelle Bronca
Das Weingut der Schwestern Antonella und Ersiliana Bronca, nur wenige Kilometer vom Cartizze entfernt, erscheint mit seinen 25 Hektar im Vergleich mit Garbara wie ein Riese. In der Produktionshalle glänzen Edelstahltanks, Kühlaggregate surren und chromblitzende Rohrleitungen pumpen den Most von einem Tank in den anderen. Prosecco-Erzeugung ist eine Hightech-Produktion, so viel ist klar. Dem voraus geht jedoch die Arbeit im Weinberg, die in der gesamten DOCG-Region (www.prosecco.it) ausschließlich von Hand bewältigt wird.
Die Schwestern Bronca im Keller des Weinguts (Foto: C. Reshöft)
Antonella fährt mit mir in die Hügel von Colbertaldo. Zu Fuß geht es steil bergan, vorbei an Felsabbrüchen, die den kalk- und mineralhaltigen Boden erkennen lassen. Antonella streicht mit der Hand durch das dichte Weinlaub und greift nach einer Glera-Traube, die ein paar Wochen später zu goldgelben Beeren gereift sein wird. „Diese Weinstöcke sind über 40 Jahre alt und bringen eine exzellente Qualität hervor“, sagt sie. Und die ist gerade gut genug für ihren mehrfach prämierten Prosecco superiore, der so heißt wie die Parzelle auf der wir soeben stehen: Particella 68.
Ausgezeichneter Proseco: Particella 68 (Foto: C. Reshöft)
Allein unter Männern
Es war nicht vorgesehen, dass Antonella und Ersiliana einmal den Familienbetrieb übernehmen würden. „Wir gehören zu einer Generation, in der Frauen eine Ausbildung machten, heirateten und Kinder bekamen. Die Handlese im Weinberg, die Vinifikation – das war Männersache“, erinnert sie sich. Aber dann starb der Vater vor 25 Jahren plötzlich. Für Antonella und ihre Schwester war es keine Frage: Wir machen weiter. Anfangs hatten die Frauen es schwer, sich in der Männerdomäne zu behaupten. Über die Jahre haben sie aber mit Feingefühl und viel Verstand so fein ausbalancierte Prosecchi Superiore geschaffen, dass es den männlichen Kollegen Respekt abnötigt. Mittlerweile reist Antonella als Botschafterin ihres Weinguts, aber auch für die gesamte DOCG-Region zu Symposien und Kongressen. Denn in der Heimat des Proseccos wird nicht nur perlender Spumante superiore gekeltert, auch stille Weine in Rot und Weiß, die so charakteristisch sind wie das Land. http://www.sorellebronca.com/
Die lieblichen Hügel von Conegliano-Valdobbiadene sind die Heimat des Proseecco superiore. Die UNESCO hat die Landschaft nahe Venedig zum Weltkulturerbe erklärt
Ein Hauch Sommerfrische
Liebliche Hügel, über die das nahe Meer beständig eine leichte Brise sendet. Eine überbordende Flora und Fauna. Dazwischen schmiegen sich pittoreske Städtchen, Burgen, Schlösser und Klöster. Es ist kein Wunder, dass die wohlhabenden Venezianer die Region einst als ihren Garten für die Sommerfrische betrachteten. Mittlerweile gehören die lieblichen Hügel, die Heimat des Proseccos, zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Diese kulturelle Vielfalt zu erhalten, die Böden zu schonen und Gutes besser zu machen statt mehr vom weniger Guten – das haben sich die Weinbauern vorgenommen. Dies ist auch ein Ziel von Federico Ricci vom Landgut Le Fade (www.lefade.com) bei Susegana.
Federico Ricci: Rocker mit einer Schwäche für Rote
Federico Ricci vom Weingut Le Fade (Foto: Claudia Reshöft)
Mit Hipster-Bart und „Jesus looks like me“ auf dem von der Arbeit angegrauten weißen T-Shirt steigt der Spross des Großgrundbesitzers Luca Ricci samt Cocker-Hündin Uva (ital. für „Traube“) in den Jeep. In rasantem Tempo jagt er über die Straße. An einem Waldstück öffnet sich ein schmiedeeisernes Tor,. Weiter geht es über Stock und Stein durch ausgedehnte Weinhänge. Etwas versteckt verbirgt sich hinter einer Böschung ein Refugium des Ricci-Imperiums. Unterhalb eines Felsens sind vor wenigen Jahren junge Weinstöcke gepflanzt worden. An ihren Füßen sammeln sich Beikräuter. Hin und wieder bückt sich Federico, um Ampfergewächse mitsamt der Wurzel herauszuziehen. „Wir experimentieren zurzeit mit einer anderen Form der Bodenbearbeitung. Das wilde Kraut zwischen den Zeilen wird untergepflügt, denn es nimmt den Reben Nährstoffe und Oberflächenwasser weg. Der Vorteil gegenüber chemischer Unkrautbekämpfung ist: Im Boden fördert das Grün die Humusbildung. So bleiben die nützlichen Insekten und Bodenbakterien erhalten. Das kommt auch unseren Weinen zugute“, meint Federico.
Salute, Spumante superiore!
Am Abend eines langen Tages lädt er uns noch auf ein Glas in die Halle des Landguts Le Fade ein. Wir stoßen am Kamin mit einem perlenden, extra trockenen DOCG-Prosecco aus den eigenen Weinbergen an – was sonst. Wir prosten uns noch mit einem stillen, harmonisch-rundem Roten an, einem Merlot namens Baúsk. Auch dessen Heimat liegt in den Hügeln zwischen Conegliano und Valdobbiadene, wo es noch viel zu entdecken gibt. Deshalb sage ich an dieser Stelle: Salute, Spumante superiore!
In bester Gesellschaft: Claudia Reshöft mit Freundin Renate und Prosecco (privat)
Verträumt …
… nostalgisch …
… und imposant: das kleine Städtchen Vittorio Veneto
Die ehrwürdige Abtei in Follina
Historische Fassade am Markt von Follina
Pittoreske Städtchen, die das nahegelegene Venedig vergessen lassen (Fotos: Claudia Reshöft)
Auf der Vespa durch die Heimat des Proseccos (Foto: privat)
Die verschwiegenen Straßen und romantischen Städte erschließt man sich am fröhlichsten auf einer original italienischen Vespa. Super Service und geführte Tagestouren findet ihr bei Paolo Serravallo von Rent Dolomiti in Vittorio Veneto. www.vesparentdolomiti.it
Mit Oriana auf Prosecco-Tour
Wer eine ausgedehnte Prosecco-Tour plant, sitzt besser nicht selbst am Steuerrad. Taxi-Königin Oriana kennt die besten Güter und die schönsten Strecken der Region. 5 Stunden, bis zu 6 Personen, 160 €, Tel.: +39 3404227040, http://www.orianancc.it
Noch mehr Genussadressen: Weingüter & Restaurants
Weingüter
Außergewöhnlich und kompromisslos sind die Raritäten von Silvano Follador auf dem Weingut Follador https://silvanofollador.it/
Die Villa Sandi mit ihren Spitzen-Prosecchi gehört zu den großen, mehrfach ausgezeichneten Erzeugern der Region. http://www.villasandi.it
Bei Marchiori lassen sich die für den DOCG-Prosecco verwendeten Trauben in Reinform probieren. www.marchioriwines.com
Restaurants
Tizianos Kräuterkreationen in dem zauberhaften Ristorante Al Capitello in Tarzo sind einfach göttlich! www.ristorantealcapitello.com
Ein Garten wie im Paradies: Sternerestaurant La Corte mit dem BistroLa Cantinetta in Follina. www.lacortefollina.de
Fische und Meeresfrüchte in Vollendung werden im Ristorante Ai Laghi (Auf Facebook ailaghi@yahoo.it) in Revine Lago serviert.
Das Interieur bezaubernd, die Küche gehoben bodenständig in der Osteria al Castellettoin Pedeguarda. www.alcastelletto.com
Hotels – zum Übernachten schön!
Zauberhafte Zimmer mit Aussicht und Pool im Relais d’Arfanta in Tarzo. ANMERKUNG: Aufgrund der Covid-19-Situation ist der Saisoneröffnungstermin verschoben. Reservierung auf Anfrage http://www.relaisdarfanta.it
Direkt neben dem ehrwürdigen Kloster in Follina liegt das Dei Chiostri. www.hoteldeichiostri.com
Nicht verpassen!
Fundgrube für Textil-Liebhaber: die Lanificio Paoletti (Foto: Claudia Reshöft)
Ein Besuch in der traditionsreichen TextilwebereiLanificio Paoletti in Follina mit ihrem kleinen Museum ist für alle Liebhaber wunderbarer Stoff ein absolutes MUSS. www.lanificiopaoletti.it
Amely Gräfin Platen ist auf dem Friederikenhof http://www.gut-friederikenhof.de, nahe dem Weißenhäuser Strand, aufgewachsen. Ihr Vater lehrte sie viel Wissenswerte über Pflanzen, Tiere und Bäume. Der Schäfer der Familie gab ihr Einblick in die Heilkraft der Pflanzen. Und auf dem benachbarten Schloss Weißenhaus lauschte sie den Geschichten und Märchen ihres Großvaters Clemens Graf Platen. Heute ist Amely selbst ausgebildete Märchenerzählerin und Heilpflanzenexpertin
Wer mit Amely Gräfin Platen draußen unterwegs ist, betrachtet die Natur mit anderen Augen. Denn die 47-Jährige Ostholsteinerin kennt sich aus mit magischen Kräften und verborgenen Mächten, die unsere Umwelt beseelen. Während wir am Wald entlanglaufen, um einige Holunderdolden zu ernten, fliegt plötzlich ein Buntspecht auf. „Da, ein Hollen-Vogel“, sagt Amely. Und schon sind wir beim Thema. Denn der Buntspecht gilt als Göttinnenbote. Denn seine Gefiederfarben Schwarz, Weiß und Rot sind im keltischen Raum den drei Lebensstadien von Geburt, Leben und Tod zugeordnet. Und genau diese Farben finden sich auch im Holunder wieder. Wenn man der Pflanzen- und Kräuterkundigen glauben darf, ist der Wildstrauch nicht nur ein Busch, dessen Blüten im Juni betörend duften und sich wunderbar für köstlichen Sirup verwenden lassen. Vielmehr sei er das Zuhause von Mutter Holle. Wohl jeder kennt Frau Holle, die uns durch ausgiebiges Schütteln ihrer Kopfkissen schneereiche Winter beschert. Und auch die gleichnamige Märchengestalt, die die faule Pechmarie bestraft und die fleißige Goldmarie mit Gaben überschüttet. Für Amely von Platen geht die Bedeutung der germanische Gottheit Mutter Holle weit darüber hinaus.
Götterwohnung …
Das Glück ist mit denen, die einen Hollerstrauch im Garten haben
»Der Sage nach ist Mutter Holle eine weise, gütige Frau. Von einem unterirdischen Lichtreich aus wacht sie über die Menschen und begünstigt oder bestraft ihr Tun. Mutter Holle oder Holda, wie die Germanen sie nannten, wurde als Hausgöttin verehrt und man glaubte, dass sie im Holunder lebt. Holda heißt übersetzt so viel wie die Holde, Strahlende und Gütige. Man geht davon aus, dass sich die Sagenfigur Holle aus der nordischen Göttin Frigg, entwickelte, die im Holunderbusch wohnte und von dort aus über Haus und Hof wachte. Wenn sich im Garten, vor dem Haus oder der Scheune ein Holunderbusch ansiedelte, galt das als Segensbeweis der Hausgöttin. Dort wurde er gehegt und gepflegt. Von Zeit zu Zeit trug man auch Opfergaben in die sogenannte Holler-Ecke. Die Hausfrau goss zum Beispiel regelmäßig Wasser oder Milch an die Wurzeln, um die alte Göttin gnädig zu stimmen.
… und Kultstätte
Der Holunderstrauch verspricht Gesundheit
Zu den Zeiten, als das Wünschen noch half, hängte man dem Holunder Krankheiten an. Dazu bedurfte es eines guten Reimes und tiefer Entschlossenheit, die Krankheit los zu werden. Man befestigte ein rotes Band am Ast des Hollerbusches und sagte dazu beispielsweise dieses Sprüchlein auf: „Goden Abend, Herr Fleder, hier bring ick min Feber!“ Hatte man Zahnschmerzen, ging man rückwärts aus der Stube zum Holler, während man dreimal sagte: „Liebe Hölter, leiht mir einen Spälter, den bring ich Euch wieder.“ Dann entnahm man dem Holunder einen kleinen Span, rieb ihn an der schmerzenden Stelle und steckte ihn dann wieder in die Spalte. Der Baum würde den Schmerz mit sich in die Erde hinunterziehen.
Tor zu Unterwelt
Viel Leben steckt in den tot scheinenden Ästen
Schaut man sich den Hollerbusch genau an, wirken die knorrigen Äste, die das saftige Grün tragen, wie tot. Daher gilt der Holunder nicht nur als Domizil der Hausgöttin, sondern auch als ein Tor zur Unterwelt. Und damit zum Totenreich. Starb ein Familienmitglied, trank man bei der Totenwache Holunderblütentee. Für den Sarg nahm der Schreiner mit einer Elle aus Hollerholz Maß, derweil der Tote auf dem Reisig gebettet wurde. Auch die Grabkreuze des Verstorbenen wurden oft aus dem Strauchholz gefertigt. Schlug dieses wieder aus, nahm man das als gutes Omen. Unglück, vielleicht sogar den Tod bedeutete es, wenn man einen Holunder fällte. Musste er doch einmal entfernt werden, durften das nur Kinder und Witwen tun. Denn sie genossen das besondere Wohlwollen der Holda. Oder man kündigte die notwendige Fällung respektvoll an.«
An dieser Stelle verschweige ich mal lieber, dass ich den Holunder in meinem Garten nichtsahnend einmal radikal beschnitten. Ein Jahr hat er gebraucht, um sich davon zu erholen. Großes Unglück ist mir erspart geblieben. Wer weiß, vielleicht bin ich ja doch gesegnet … Sicherheitshalber werde ich gelegentlich mit einem Glas Milch begießen. Oder eine weiße Speise „opfern“, zum Beispiel dieses Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/06/08/naschen-unterm-hollerbusch/
Götterspeise: ein Parfait von Erdbeeren und Holunder
Ringel, ringel, reihe, sind der Kinder dreie. Sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!
Erinnert ihr euch noch an den Reim? Als Kind habe ich ihn zwar mitgesungen, hatte aber keine Ahnung, was das für ein „Hollerbusch“ sein sollte. Denn wer wie ich im Norden großgeworden ist, kennt den Holunderbusch als Fliederbeerstrauch. Eigentlich sind die beiden Sträucher ganz leicht zu unterscheiden: Der Gemeine Flieder blüht im Mai. Man kann seine Blüten essen. Die Fliederbeeren dagegen blühen im Juni. Ihre Blüten sind ebenfalls genießbar, am besten aber schmecken sie mir zu Sirup verarbeitet oder gebacken. Besonders lecker sind dann wieder die besagten Beeren. Sie wandern ab August ins Erntekörbchen und werden zu Saft und Suppe verarbeitet. Aber noch ist es Frühsommer und an den Herbst mag ich jetzt nicht denken. Also habe ich die ersten weißen Dolden eingesammelt und Holunder-Sirup daraus gekocht. Der ist die Grundlage für eines meiner Lieblingsdessert, das so schön ist diese Jahreszeit passt.
Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder
Rezept für 6 Personen
400 g Erdbeeren
1 gehäuften EL Vollrohrzucker
200 g Schlagsahne
2 frische Eigelbe
25 ml Holunderblütensirup
25 g Zucker
150 g Sahne-Joghurt
einige Holunderblüten und evtl. Erdbeeren für die Deko
Erdbeeren putzen, kleinschneiden und mit Vollrohrzucker pürieren. Sahne steif schlagen und kaltstellen.
Eigelb, Sirup und Zucker mit dem Handmixer über einem heißen Wasserbad dick-cremig aufschlagen. Im kalten Wasserbad die Creme so lange rühren, bis sie gut durchgekühlt ist.
Zuerst Joghurt unter die Masse ziehen, dann 2/3 des Erdbeerpürees (Rest beiseitestellen) und die Schlagsahne unterheben. Die Masse im Wechsel mit dem Rest Püree in Dessertschalen schichten. Danach mindestens 7 Stunden einfrieren.
Vor dem Servieren das Parfait ca. 30 Minuten antauen lassen. Gegebenenfalls löst ihr das Parfait durch Eintauchen in Heißwasser vom Rand und stürzt es dann auf die Dessertschale. Mit einigen Holunderblüten oder Erdbeeren garniert servieren.
Lasst es euch schmecken!
Welche Geheimnisse der Holunder birgt, verrät Amely Gräfin Platen demnächst im Land-Lauschen bei Claudias Strandkorb-Geflüster im Beitrag Der Zauber des Holunders
Hamburgs Alsterarkaden mit Blick auf das Rathaus (Foto: Anne Eickenberg)
Diese Tipps für einen perfekten Tag in der Elbmetropole stammen aus meinem Buch National Geographic Styleguide Hamburg *. Die tollen Bilder dazu hat die Fotografin Anne Eickenberg gemacht (http://www.anne-eickenberg.de)
Frühstück im Café Schmidt
Mit Hafenblick
Der frühe Vogel sichert sich einen Platz am Fenster
Franzbrötchen-Frühstück im Café Schmidt
Zwischen Fischereirestaurants und Feinschmeckermärkten hat sich dieses charmante Café einquartiert. Deshalb heißt die hauseigene Kaffeemarke »Waterkant«. In der gläsernen Bäckerei werden die ausgezeichneten Tartelettes, Kuchen, Torten und Quiches zubereitet. Ich werde rundum glücklich beim Frühstück mit einem typisch hamburgischen Franzbrötchen und selbst gebackenen Broten. Kein Wunder, denn bei Schmidt & Schmidtchen schmeckt Norddeutschlands erster Brotsommelier heraus, ob der Salzanteil 1,8 oder 1,9 Prozent beträgt. Nehmt deshalb unbedingt ein Ankerbrot mit! • Große Elbstraße 212 http://www.schmidt-und-schmidtchen.de
Saúde! Portugals Sonne im Gin Sul
Schmeckt wie Urlaub
Gin Sul Destillerie
Das besondere Aroma
Sobald an der Südwestküste Portugals die Lack-Zistrose „weint“, wird sie geerntet. Das harzige Öl ihrer Blätter ist eines der Geschmacksgeheimnisse des portugiesischen Gins, der in Hamburg destilliert wird. Entdeckt hatte Stephan Garbes das neben Wacholder blühende Aromawunder per Zufall während eines Urlaubs. Daraufhin begrub der Ex-Werber seinen Aussteigertraum und gründete eine Destillerie in seiner Heimatstadt. Seither betört der Duft gebrannten Wacholders, Rosmarin und Zitrone die Nasen. Und der frische Geschmack berauscht all jene, die Gin-Kultur für sich entdecken wollen. • Bahrenfelder Steindamm 2 http://www.gin-sul.de
Männermode bei Christian Adler
Männerparadies
Sakkos für den traditionsbewussten Herren
Unverzichtbarer Duft-Klassiker
Diese Pullover! Ohne Bündchen, ohne jeden Schnickschnack. Gestrickt aus bester Schurwolle, gefertigt in einer norddeutschen Strickmanufaktur. Sie sind nach Christian Adlers Entwürfen gemacht für Männer. Aber auch weibliche Kunden, die auf der Suche nach dem Besonderen für den Mann an ihrer Seite durch die „Herrenboutique“ stöbern, dürften sich in diese und andere Edelteile verlieben.Weil Christian nur macht, was er mag, gibt es bei ihm nicht nur klassische Teile ausgesuchter Designer und guten Kaffee. Er verkauft auch traumhafte Bildbände und selbst designte Allzweckschürzen – und die sind, wie sollte es anders sein, für Männer gemacht. • Bei der Reitbahn 3 http://www.adler-altona.de
Mittags ins Ti Breizh
Gallettes – risch gebacken
Mit Blick zum Fleet
Bon appetit!
Krasser kann der Gegensatz kaum sein, wenn ihr die coole HafenCity verlasst und rüber in die Deichstraße, das Herz des historischen Hamburgs, wechselt. Hinter der barocken Fachwerkfassade von Nr. 39 versteckt sich das Haus der Bretagne. Im Souterrain geht es vorbei an einer Boutique mit maritimer Mode – immer schön der Nase nach. In der Crêperie Ti Breizh werden köstliche Buchweizen-Galettes gebacken. Mein Favorit: mit Roquefort, Birne, Parmaschinken und Walnüssen, dazu ein bretonischer Apfelwein. Délicieux! Im Sommer genieße ich meinen Lunch auf dem Ponton direkt am Nikolaifleet, wo sich einst der Hamburger Hafen befand. • Deichstr. 39 http://www.tibreizh.de
Bedrucktes von Frohstoff
Fröhlich – wie schon der Name verrät
Viel zu schön zum Abtrocknen
Hier bekommt man alles, was sich bedrucken lässt
In einer Seitenstraße des Großneumarkts findet ihr diesen hübschen Laden. Die beigefarbenen Kacheln sind Relikte aus den 1930er-Jahren. Da wurden in dem Krämerladen noch Lebensmittel verkauft. Es gab wohl sicher schon Geschirrhandtücher aus Leinen, aber die waren wahrscheinlich nicht so schön wie die von Frohstoff. Tiere, Pflanzen und Maritimes sorgen für gute Laune. Ob Brotbeutel, Servietten, Kissen oder ein Postkartengruß – alles, was die Manufaktur verlässt, ist selbst genäht oder per Hand vom Sieb gedruckt. Und weil dabei nur ökologisch vertretbare Materialien verwendet werden, nehmen wir guten Gewissens ein paar Souvenirs mit nach Hause. • Wexstraße 38 http://www.frohstoff.de
Kaufrausch im Perle Store
Die „Perle“ am Großneumarkt
Was für Kinder …
… und andere Hingucker
Von klassisch bis ausgefallen
Fotos: Anne Eickenberg
Ja, natürlich hat Sabine Brandt schlichte Brands, wie Hanseaten sie mögen: Klassische Mode in Grau, Blau und Beige und herausragender Qualität. Echte Entdeckungen in der »Perle« macht ihr aber zwischen den Statement-Mustern und -farben, die den Concept-Store am Großneumarkt dominieren. Das zwischen Innenstadt, Hafen und Planten un Blomen verortete Quartier hat sich in den vergangenen Jahren neu erfunden. Auch die gebürtige Hessin Sabine hat eine Schwäche für alte Ideen im neuen Gewand und den Blick für das Besondere, ob es nun um Mode geht, ausgefallene Geschenke oder Accessoires, von denen man sich nie wieder trennen mag. • Großneumarkt 22 http://www.perlestore.com
Dekoratives aus dem Maison F.
Immer an der Wand lang
Magische Schatzkiste
Herbarium zum Hinhängen
Exquisite und fabelhafte Einrichtungsideen
Edle Fundgrube: Maison F. in der Nähe des Großneumarkts Fotos: Anne Eickenberg
Fabelhafte Wesen bevölkern den exotischen, ein wenig geheimnisvollen Laden von Falk Pachulski: Affen tragen Lampen- schirme, langarmige Kraken bewachen Keramiktöpfe, leuchtende Korallen blühen auf edlem Porzellan, dazwischen chinesische Deckelvasen und mit Achat-Scheiben belegte Boxen. Der Einrichter, der sich gerne auf seinen Reisen durch die Beneluxländer inspirieren lässt, war viele Jahre Merchandiser bei einem renommierten Juwelier. Dieses traumhafte Geschäft ist mit so viel Fantasie, Geschmack und Liebe dekoriert – da findet ihr sicher ein einzigartiges Souvenir. • Poolstraße 32 http://www.maison-f.de
Papeterie bei Papier & Feder
Mekka für Schreibfans
Alles von Hand gedruckt
Die Auswahl fällt schwer …
Schreib mal wieder – mit Vergnügen bei Papier & Feder Alle Fotos: Anne Eickenberg
Ich habe tatsächlich schon ein kleines Vermögen ausgegeben für Briefpapier, Karten, Kistchen und Schreibgeräte. Egal wo ich bin, zieht es mich dorthin, wo ich meine Lust auf Papeterie befriedigen kann. Rea Ortmanns wunderbarer Laden gehört definitiv dazu! Zwischen handgeschöpften Papieren mit eleganten Stahlstichmotiven und ungewöhnlichen Grußkarten, wie jenen mit den ebenso schlichten wie originellen Hamburg-Motiven (von der Ladeninhaberin selbst gedruckt) und den tollen Armbänder aus originalen Schreibmaschinentasten, fällt die Wahl diesmal besonders schwer. • Colonnaden 108/Ecke Esplanade http://www.papierundfeder.com
Land-Look von Todt & Meiers
Geländegängiges Schuhwerk
Schlicht und schnörkellos
Von Kopf bis Fuß anziehend
Klassische Mode bei Todt & Meiers in der Weidenallee Alle Fotos: Anne Eickenberg
Die Fassade ist aus den Fifties, die Mode für Frauen und Männer dahinter ist jedoch zeitlose schöne Basis-Garderobe fürs Drüber und Drunter. Von der Umhängetasche ohne Blingbling über nicht einengende Blusen bis zur fabelhaften Shapewear von Spanx ist alles angenehm schnörkellos. Ich liebäugele mit einem stoffummantelten silbernen Flachmann als Geburtstagsgeschenk für den besten meiner Freunde, entscheide mich dann aber egoistisch für ein Paar Schnürer von Cordwainer und eine knautschige Kulturtasche von Qwstion, die sich als wahres Raumwunder auf Reisen entpuppt. • Weidenallee 17 http://www.todt-meiers.de
Kuchentraum im Harbor Cake
Platz in der ersten Reihe
Urgemütlich
Lecker Torten!
Kleine Café-Perle: das Harbor Cake im Karo-Viertel Alle Fotos: Anne Eickenberg
Was dabei herauskommt, wenn sich ein kerniger Südtiroler und eine Hamburgerin zusammentun? Ein unbeschreiblich gemütliches, bis ins Detail liebevoll gestaltetes kleines Café. Unter leuchtenden Globen an der Decke, zwischen Kaffeesäcken, maritimen Bildern und alpinen Liebhabereien erliegen wir dem, was Giorgio in der Küche zaubert und Yvonne mit Hingabe serviert. Zum Beispiel den unverschämt leckeren Käsekuchen mit Passionsfrucht, sahniges Himbeer-Tiramisu, Tiroler Walnusstorte oder verführerische Knödelspezialitäten, die authentisch nach Giorgios schöner Heimat schmecken. • Marktstraße 36 http://www.harbor-cake.de
Viva! Mexiko Straße
Miguel Zaldívar mag es authentisch
Nach dem Originalrezept von Miguels Mama
Gute Laune gibt’s inclusive
Kunterbunt und ganz schön lecker – Mexiko Straße Alle Fotos: Anne Eickenberg
Heute stehen in der vergnügt bunten Taqueria in einer Seitenstraße der Reeeperbahn Tostadas de Chapulines und Tuétano auf der Tageskarte. Was das ist? Nicht fragen, einfach probieren! Ansonsten entgehen euch die Spezialitäten der authentischen Küche Mexikos. Mit dieser will uns Miguel Zaldívar bekannt machen. Das gelingt ihm und seinem Team auf so sympathische Weise, dass man ihren Empfehlungen blind vertraut. Die Ceviches und Guacamoles köstlich, die – auch veganen – Tacos umwerfend. Mein Favorit: die mit schwarzen Bohnen und Kochbanane, nach einem Rezept von Miguels Mama. • Detlev-Bremer-Straße 43 http://www.mexikostrasse.com
Kunstvoll übernachten im Kleinen Schwarzen
Kunst an den Wänden …
… und sogar im Heizungsraum
„Das kleine Schwarze“ in Eimsbüttel
Kreatives Paar: Bettina und Ralph Merz
Und im nächsten Jahr sieht alles anders aus
Kunstverliebt: Das kleine Schwarze Fotos: Anne Eickenberg/ Das kleine Schwarze
In Eimsbüttel geht alles etwas gemütlicher zu – wie in einem Dorf, in dem man sich kennt und keine allzu großen Aufgeregtheiten schätzt. Umso überraschender ist das Hotel, das Bettina und Ralph Merz in einer ruhigen, von Kastanien gesäumten Wohnstraße geschaffen haben. Die Fassade von »Das Kleine Schwarze« ist in eben dieser Farbe gestrichen. Das ist aber auch schon das Einzige, was an diesem Hotel von Bestand ist. Checkt einer der vielen Stammgäste ein, kann es passieren, dass er sein Lieblingszimmer nicht wiedererkennt. Denn Bettina Merz und ihr Mann Ralph lieben und leben den ständigen Wandel. Die Bühnen-Kostümbildnerin und der Ex-Art Director beauftragen jedes Jahr Künstler mit der Neugestaltung aller Räume. Ein guter Grund, jedes Jahr wiederzukehren. • Tornquiststraße 25 https://das-kleine-schwarze.com/
Lust auf weitere Entdeckungen? In meinem Reiseführer findet ihr 132 außergewöhnliche Tipps: National Geographic Styleguide Hamburg, ISBN: 9783866905474