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Kultur Gut Hasselburg: Wo die Musik zu Hause ist

Menschen, die auf dem satten Grün des weiten Innenhofs ihre Picknickdecken ausbreiten. Entspannte Gesichter im Licht der untergehenden Sonne, hier und da heiteres Gelächter, das erst verstummt, als die Musik ertönt und die laue Abendluft erfüllt. Gäste, die sich barfuß tanzend im Rhythmus wiegen …

Stifter Constantin Stahlberg
Foto: Claudia Reshöft

So etwa mag Constantin Stahlberg sich das vorgestellt haben, als er sich mit seiner Stahlberg Stiftung daran wagte, Gut Hasselburg in Ostholstein zu sanieren. Einen Ort hatte er schaffen wollen, an dem die Musik zu Hause ist und an dem Menschen Urlaub machen können wie im Bilderbuch. Daraus wurde ein bauliches Mammutprojekt, das nach zehn Jahren Bauzeit und der Investition eines zweistelligen Millionenbetrages kürzlich abgeschlossen wurde. Die kulturelle Vision des Stifters hat sich damit jedoch noch nicht gänzlich erfüllt.

Einzigartiges Gutshof-Ensemble

Wie aus dem Bilderbuch: Das Torhaus des Kultur Gutes Hasselburg in Schleswig-Holstein
Foto: Claudia Reshöft

Das Gut Hasselburg nahe Neustadt in Holstein gehört zu den wohl elegantesten feudalen Ensembles Schleswig-Holsteins. Schon die Anfahrt durch die schnurgerade, 300 Meter lange Lindenallee lässt vermuten, das prachtvoll geschwungene Torhaus mit seinem Rundbogentürmchen auf dem Mittelpavillon sei das Gut selbst. Doch sobald die von Mauern umschlossene Torzufahrt passiert ist, gelangt man in den weiten Innenhof des Gutes, der von zwei imposanten Gebäuden gerahmt wird.

Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune steht auf dem ostholsteinischen Gut Hasselburg nahe Altenkrempe
Foto: Claudia Reshöft

Zur rechten Hand liegt Deutschlands größte erhaltene Reetdachscheune. Wegen ihres einzigartigen Ständerwerks und der immensen Ausmaße von 74 mal 24 Meter wird sie auch Eichenkathedrale genannt und als Konzertscheune, beispielsweise während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals, genutzt. Zur Linken begrenzt das kürzlich eröffnete Kuhhaus mit seinem backsteinernen Kreuzgewölbe das Ensemble. Erst hinter dem von einer Baumreihe bestandenen Wassergraben liegt das von Kavaliershäusern flankierte, spätbarocke Herrenhaus Hasselburg. Hier residiert die Hörspielproduzentin Heikedine Körting (u. a. Die drei ???, TKKG, Hui Buh, das Schlossgespenst).

Vom Herrensitz zum Kultur Gut

In dem Herrenhaus von Gut Hasselburg residiert die Hörspiel-Produzentin Heikedine Körting
Foto: Claudia Reshöft

Heikedine Körting ist zu verdanken, dass Constantin Stahlberg den spätbarocken Landsitz entdeckte. Die beiden kennen sich seit 26 Jahren. Der Ex-Unternehmer, Hamburger Mäzen und passionierte Musiker komponierte Musik für ihre Hörspiele. Als Gut Hasselburg – und mit ihm auch das von Körting gepachtete Herrenhaus – 2005 zum Verkauf stand, schwebte ihm vor, hier könne ein kulturelles Zentrum entstehen, in dem neben der klassischen Musik auch Theater oder Musicals eine Heimat finden. „Wir möchten hier sämtliche Spielarten der Kultur durchdeklinieren“, sagt Constantin Stahlberg. Er legt Wert darauf, dass in Hasselburg Kultur zu Hause ist, die den Menschen gefällt. Vielen Menschen, und nicht etwa nur einem elitären Kreis.

Schon unter Heikedine Körting und ihrem 2016 verstorbenen Mann Andreas Beurmann, einem Musikwissenschaftler, hatte sich die Hasselburgsche Konzertscheune in den 1980er Jahren als Spielstätte des Schleswig-Holstein Musik Festivals einen Namen gemacht, ebenso mit den durch den Kulturkreis Hasselburg e. V. während der Wintermonate veranstalteten Kammerkonzerten im Herrenhaus. Doch erst mit der Übernahme Hasselburgs durch die Stahlberg Stiftung konnte die baufällig gewordene Konzertscheune nach neuesten baulichen Vorschriften saniert werden. Das war aber nur der Auftakt zu einem Gesamtkonzept.

Bildschön schlafen im Torhaus

Das designprämierte Torhaus Foto: Claudia Reshöft

„Als wir Hasselburg übernahmen, hat uns der desolate Zustand doch überrascht. Die Scheune und das Kuhhaus waren marode und auch das Torhaus war stark sanierungsbedürftig“, erinnert sich Constantin Stahlberg. Zudem musste das gewaltige Vorhaben auf wirtschaftlich solide Beine gestellt werden. Das von Gregor Greggenhofer entworfene Torhaus von 1763 mit seinen beiden Seitenflügeln wurde unter Denkmalschutzrichtlinien saniert und für die behutsame Umsetzung durch den Bund Deutscher Architekten (BDA) ausgezeichnet, sowie mit einem Denkmalschutzpreis bedacht. Heute beherbergt das spätbarocke Juwel das Café Cembalo, das von Freitag bis Sonntag geöffnet ist. Sowie neun nach Musikinstrumenten benannte Ferienwohnungen und weitere neun Komponisten-Gästezimmer, in denen das Interieur auf jegliche Effekthascherei verzichtet. Stattdessen dominieren hier klare Linien und aus edlem Holz handgefertigtes Mobiliar.

Staunen und feiern im Kuhhaus

Mehr Raum für Gäste, die nahe der Lübecker Bucht ihren Urlaub verbringen möchten, bieten die Ferienwohnungen im kürzlich eröffneten Kuhhaus. Im Zentrum jedoch steht das backsteinerne Kreuzgewölbe, ein faszinierender Saal mit beinahe sakral anmutender Atmosphäre, in den durch bodentiefe Fenster das Tageslicht fällt. Hier finden bis zu 150 Personen Platz – anlässlich von Hochzeiten oder anderen Veranstaltungen. Auch eine Ausstellung zu Heikedine Körtings Hörspiel-Reihe Die drei ??? soll schon bald Besucher in das Kuhhaus locken Die ersten Requisiten schlummern bereits in Glasvitrinen. Zudem sind Fotoausstellungen geplant.

Neuer Mittelpunkt: das backsteinerne Kreuzgewölbe
Foto: Claudia Reshöft

Kathedrale der Musik: die Konzertscheune

Bevor Constantin Stahlberg sich Hasselburgs annahm, hatte er als Pianist auf der Bühne des Barocksaals gestanden. Mittlerweile hat der musikverliebte Mäzen, der in Hamburg das Jugendprojekt musical@school ins Leben gerufen hat, einige seiner eigenen Musical-Kompositionen (u.a. Mona Lisa, Sherlock) in der schleswig-holsteinischen „Eichenkathedrale“ zur Aufführung gebracht.

Ob Während des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals oder bei einer Kleinkunstveranstaltung – in der Konzertscheune schlägt das musikalische Herz von Gut Hasselburg Foto: Claudia Reshöft

Bedingt durch die Covid19-Maßnahmen kann die Konzertscheune in diesem Jahr nicht wie gewohnt genutzt werden. Doch entspannt sich die Lage, wird es in der Konzertsaison 2021 u.a. zu weiteren Aufführungen von Stahlbergs Erfolgs-Musical Mona Lisa kommen. Auch das Schleswig-Holstein Musik Festival wird wieder auf dem Kultur Gut Hasselburg zu Gast sein.

Kleinkunst unter freiem Himmel

Einstweilen aber wird auf der Open Air Bühne Kleinkunst geboten – von der Lesung bis zum Bar Jazz-Konzert (https://hasselburg.de/veranstaltungen/). Und wer mag, bleibt nicht nur für zwei, drei Stunden, sondern auch für längere Zeit in den bildschönen Ferienwohnungen, in denen man sich nur allzu gern wachküssen lässt.

Mehr Infos sowie Termine zu den Veranstaltungen
auf dem Kultur Gut Hasselburg

www.hasselburg.de

www.stahlberg-stiftung.de

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Kloster Cismar-Ausstellung: Zum Fressen gern …

Zum Fressen gern … der Titel der aktuellen Ausstellung im Kloster Cismar hat mich neugierig gemacht. Mir selbst fällt eine Menge ein, was ich zum Fressen gernhabe: meine Tochter, den Bärlauch im Garten, meinen Hund Frida, meinen besten Freund … Das ist in diesem Zusammenhang natürlich nur ein geflügeltes Wort für eine ausgeprägte Form der Zuneigung. Im Tierreich hingegen bezeichnet das Fressen und Gefressenwerden die Notwendigkeit des Überlebens. Und da bleibt es nicht aus, dass uns Menschen etwas abhandenkommt, was uns lieb und teuer ist. Kulturschätze zum Beispiel gehören dazu. Was passiert, wenn Kleinstlebewesen den Bestand jahrhundertalter Bücher gefährden, mussten die Mönche des Benediktinerstifts Admont erfahren.

Dorothea Jöllenbeck führt durch die Ausstellung
Foto: Strandkorb-Geflüster/C.Reshöft

Schädlinge drohten die wertvollen Bände in ihrer weltgrößten Klosterbibliothek für immer zu zerstören. „Das brachte die Ordensmänner auf die Idee, das Jahresmotto ‚Zum Fressen gern‘ zu entwickeln“, erklärt Dorothea Jöllenbeck, die im Auftrag der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen durch die Ausstellung im Kloster Cismar führt. „Diesem Motto folgend, entstand ein facettenreicher Veranstaltungszyklus. Und sie luden die auf historische Sammlungen spezialisierten Berliner Fotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold nach Admont ein, um eine ganz eigene Interpretation zu finden“, so Jöllenbeck.

Erleuchtung inklusive

#Corona folgend wurden die Ausstellungsräume im 1. Obergeschoss des Klosters Cismar zur Einbahnstraße erklärt. Gleich zu Beginn zieht es mich magisch zu einem Bild, auf dem der „Heilige Geist“ in Form einer holzgeschnitzten Taube über einem Igel schwebt. Umgeben ist das Stacheltier von geradezu paradiesischen Früchten, die dem Admonter Wachsobst-Museum entstammen. „Eine zugegeben gewagte Inszenierung. Anfangs hatten sich die Fotografen auch gesorgt, das Bild könnte von ihren Auftraggebern, den Mönchen, als Blasphemie abgelehnt werden, aber die Benediktiner zeigten sich aufgeklärt und nahmen es mit Humor“, erklärt Dorothea Jöllenbeck.

Ausschnitt aus dem Einführungsvideo zur Ausstellung

Die komplette Video-Einführung zur Ausstellung „Zum Fressen gern“ durch Dorothea Jöllenbeck könnt ihr auf meiner Facebook-Seite anschauen

Fotoausstellung "Zum Fressen gern" im Kloster Cismar

Fotoausstellung "Zum Fressen gern" im Kloster Cismar: Dorothea Jöllenbeck erklärt, die "photograpischen Einblicke in den Benediktinerstift Admont"

Gepostet von Strandkorbgeflüster am Dienstag, 7. Juli 2020

Noch mehr über Kunst im Ostseeferienland findet ihr hier https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/06/26/von-knicks-kueken-und-kreislaeufen-in-der-landwirtschaft/

Augenzwinkernde Inszenierung

Köpcke und Weinhold hatten vier Wochen Zeit, aus den reichen Schätzen des Kulturhistorischen und Naturhistorischen Museums im Benediktinerstift Admont die passenden „Hauptdarsteller“ für ihre an Gemälde erinnernden Arrangements zu suchen. Die bisweilen über hundertjährige Präparate, Aufzeichnungen und Rezepte haben sie vor schwarzem Tuch im Stil von Jagd- und Küchenstillleben der Renaissance inszeniert.


Das Ergebnis ist eine ebenso liebevolle wie hintersinnige Fotoausstellung im Kloster Cismar, die Dr. Carsten Fleischhauer aus Schloss Gottorf kuratiert hat. Köpcke und Weinhold verweisen im ersten Saal auf überraschende Größenverhältnisse, etwa wenn ein Strauß ein Ei in eine Kinderwiege legt oder ein kleiner Kolibri sich auf einer Nautilusschnecke niederlässt. Doch zumeist handeln die faszinierenden Motive vom Fressen und Gefressenwerden. Etwa wenn geflügelte Beutegreifer, nebst Seehund über einer naturkundlichen Zeichnung von Fischen lauern. Oder ein von einem Schwarm furchterregender Raubfische eskortierter Kugelfisch wirkt wie eine unheimliche Begegnung im Weltraum.

Wo Zuneigung durch den Magen geht

„Zum Fressen gern“ hatten Köpcke und Weinhold wohl auch ein paar höchst lebendige gute Klostergeister. Weil die beiden als Gäste im Stift Admont in den Genuss der guten Klosterküche kamen, haben sie den Küchenfrauen ein anspielungsreiches fotografisches Denkmal gesetzt. Denn die Liebe zu ihrer Aufgabe ging offenbar sprichwörtlich durch den Magen. ¶

„Zum Fressen gern“ ist noch bis zum 18. Oktober 2020 im
Kloster Cismar, Bäderstraße 42. https://kloster-cismar.sh/ zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr.

 Der Eintritt ist kostenlos; Spenden sind willkommen.
Geschlossene Gruppenführungen sind nach Anmeldung möglich.
 Ab 1. August finden wieder öffentliche Führungen statt:
Samstag 01. August um 10 Uhr
Sonntag 16. August um 11 Uhr
Samstag 29. August um 11 Uhr
Sonntag 13. September um 14 Uhr
Freitag 02. Oktober um 15 Uhr
Sonntag 18. Oktober um 15 Uhr
Kosten:3 Euro pro Person

 Anmeldung bitte per Mail an service@landesmuseen.sh
oder telefonisch unter 0 43 66 – 884 65 22.

Infos zum Benediktinerstift Admont unter www.stiftadmont.at

Infos zu den Sammlungsfotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold unter http://sammlungsfotografen.de

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Von Knicks, Küken und Kreisläufen in der Landwirtschaft

Auf Reportage ist man einiges gewohnt: Nach 1200 Kilometern Anreise ist der Protagonist plötzlich erkrankt. Eine lange vorbereitete Geschichte über Weinbergpfirsiche scheitert an nicht enden wollenden Regengüssen. Und eine wahnsinnig (!) spannende Geschichte stellt sich vor Ort nach ein paar Recherchen als Luftnummer heraus. Oder: Ein Fototermin, von dem man glaubt, er sei in einer Viertelstunde erledigt, zieht sich über Stunden hin. Am Ende hat man nur eine Handvoll brauchbare Motive. Aber dafür ist man um unbezahlbare Abenteuer reicher, so wie in diesem Fall.

Von wegen, einmal eben um die Ecke fahren …

Mein Herzensprojekt Landkunststück habe ich euch ja schon vorgestellt (https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/02/01/herzensprojekt-landkunststueck/). Aus der Vorstandsarbeit habe ich mich zurückgezogen, aber mit den Landwirten und KünsterlInnen fühle ich mich noch immer verbunden. Also bin ich fix mal rübergefahren nach Siggeneben, ist ja bei mir um die Ecke. Die Künstlerin Inga Momsen aus Flensburg http://www.ingamomsen.de hat dort für Heike und Kai-Dieter Kölle von Gut Rosenhof (Gemeinde Grube http://www.gemeinde-grube.de) ein Schwimm-Knick geschaffen. Die Kunst-Installation war lange geplant, dann kam Corona und mit ihm Lieferprobleme (aber das alles auszuführen würde jetzt einfach zu lange dauern). „Inga“, sagte ich, „ich brauche ein Foto für mein www.strandkorb-gefluester.de. Ich würde gern mal für eine Viertelstunde rumkommen.“ Inga: „Alles klar, ich sag dir Bescheid, wenn ich kurz davor bin, meine Installation ins Wasser zu lassen.“ Es sind ja nur fünf Minuten von hier nach dort.

„Schwimm-Knick“ in Rosenhof: Poesie in der Landschaft

Aus 45 Minuten wurden vier Stunden und Inga brauchte mehr als ihre beiden Hände – also auch meine –, um ihren Schwimm-Knick zu Wasser zu lassen: Taue spannen in einem Kahn mit Leck, der sich im Seegras immer wieder festfuhr und durch den Ostwind ständig vom Kurs abkam, während der Wasserpegel im Rumpf stieg. Brüchiges Material, das ersetzt werden musste … Am Ende ist die Aktion geglückt. Und nun schwebt der Schwimm-Knick übers Wasser.


Respekt vor der Geduld von Kai-Dieter Kölle und seinem „Assistenten“ Jakob, die eine gefühlte Ewigkeit am Ufer saßen und uns Frauen bei der Schwerstarbeit zugesehen haben, ohne uns anzutreiben 😉 Ich danke Inga Momsen für ein Stück Poesie inmitten der Landschaft Ostholsteins und beglückwünsche meinen Verein zu einem weiteren Landkunststück, das diese Region noch lebenswerter macht. Und meine Foto und meine Interviews mit Inga Momsen über ihre künstlerische Interpretation und Kai-Dieter Kölle über das, was in als Landwirt antreibt, die habe ich am Ende auch noch bekommen.

Die Dateien habe ich auf meiner Facebook-Seite hochgeladen:

Zum Lauschen mit Inga Momsen, die mächtig gegen den Ostwind anreden musste, geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=2981760621921999

Zum Lauschen mit Kai-Dieter Kölle geht’s hier entlang:

https://www.facebook.com/watch/?v=692698548180290

Den Schwimm-Knick findet ihr zwischen Rosenhof und Siggeneben auf dem Teich rechts hinter dem Wald

„Mobile Home“ in Groß Schlamin: Davon träumen Legehennen

Ein Landkunststück von Arno Neufeld für
den Geflügelhof Wulf in Groß Schlamin

Lena Niehoff und Tim-Ole Wulf mit Berta
Foto: Strandkorb-Geflüster/C. Reshöft

Tim-Ole Wulf und Lena Niehoff in Groß Schlamin halten Geflügel – Legehennen im Freiland und in Bodenhaltung. Und sie mästen Hähnchen für den Lebensmittelhandel. Als Arno Neufeld http://arnoneufeld.de die beiden das erste Mal besuchte, war er noch erfüllt von den Bildern seiner Kindheit, auf denen Hühner im Gras nach Würmern pickten. Die Realität heute ist eine andere. Ob bio oder konventionell – Hühner werden im großen Stil gehalten. Arno nahm das mit Humor. Und wie hat er seine Aufgabe erfüllt, Kunst für den Verein LANDKUNSTSTÜCK e.V. http://www.landkunststueck.de zu erschaffen?       

Arno Neufeld über sein Mobile Home
Witziger Guckloch-Effekt

„Angesichts der Abläufe und des Lebenswandels vor Ort dachte ich, ob die Hühner in ihren Träumen nicht ein wenig Abwechslung und Entspannung herbeisehnen. Da sie selbst nicht als überragende Flieger bekannt sind, habe ich mit einem Mobile Home Abhilfe geschaffen. Damit biete ich den Hühnern auf dem Hof einen modellhaften Ausflug an, der Komfort und Luftveränderung verbindet.“

Die Installation „Mobile Home“ ist ein stillgelegter VW Golf. Auf der Außenhaut des Wagens sind malerische Szenen aus dem Hühnerleben abgebildet, kleine Gucklöcher gestatten einen Blick in das komfortable Wageninnere. Dort hat Arno für warme Nester gesorgt. Es gibt eine Kükenkrippe auf der Hutablage. Futternäpfe dürfen nicht fehlen und die Getränke werden stilvoll vorgehalten. Sogar Sitzstangen und Hühnerleiter sind Bestandteil der Ausstattung.

Aber am besten setzt ihr euch einfach mal aufs Fahrrad und guckt selbst mal rein.
Kleiner Tipp: Nach Einbruch der Dämmerung ist es besonders schön, denn dann macht sich Schummerlicht im Mobile Home breit. Aber pssst! Die Hühner sind dann schon längst zu Bett gegangen.

Adresse: Geflügelhof Wulf, Hauptstraße 14, Groß Schlamin

„kreise, kreise“ in Krummbek: Der Klang von Milch und Mist

Ein Landkunststück von Maria Malmberg
für Gut Krummbek (Gemeinde Schashagen)

Familie de la Motte hat den Wirtschaftskreislauf auf ihrem Hof perfektioniert. Stark vereinfacht funktioniert das so: Getreide dient als Futter für die Milchkühe des Hofes, die Kühe geben Milch, die Gülle aus dem Stall wird in einer Biogasanlage aufbereitet, mit der Energie werden der Hof und die umliegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude gewärmt. Und was an festen Bestandteilen übrigbleibt, landet als Einstreu wieder im Kuhstall.

Wie Martin de la Motte und seine Familie wirtschaften, erklärt er hier (auf meiner Facebook-Seite) – unterlegt von einer ersten Klang-Hörprobe: https://www.facebook.com/watch/?v=214136906334099

Kälber-Kinderstube auf Gut Krummbek
Foto: Strandkorb-Geflüster/ C. Reshöft

Die Künstlerin Maria Malmberg http://mariamalmberg.de hat diesen Wirtschaftskreislauf in ihrer Klanginstallation „kreise, kreise“ interpretiert. „Der Kreislaufgedanke findet sich zum einen formal in der Innenkreisplatte wieder, aus der die Installation erklingt und auch in der Klangschale, in der ich den Klang erzeugt habe“, erklärt Maria ihr Landkunststück. „Inhaltlich habe ich mich auf die Stationen konzentriert, die Martin de La Motte mir bei dem Hofrundgang gezeigt hat. Zum einen den Weizen, die Milch der Kühe, photonengereinigtes Wasser, flüssiges Substrat und Gülle. Alle diese flüssigen Materialien habe ich nacheinander in eine Klangschale gefüllt und die Töne, die dabei erzeugt wurden, mit speziellen Mikrofonen aufgenommen, während ich die Klangschale umkreist habe. Zusätzlich habe ich ein Unterwassermikrofon installiert, das die Bläschen und Wassertropfen hörbar macht – das klingt dann fast wie ein Glockenspiel …“

Maria Malmbergs kreise, kreise ist ein ganz besonderes Hörerlebnis! Nehmt euch 9 Minuten Zeit dafür – und genehmigt euch dazu ein Glas Milch von der Milchtankstelle am Hof gegenüber

Adresse: Hof Krummbek, Dorfstraße 5, 23730 Schashagen – gegenüber von der Milchtankstelle

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Strandkorb-Geflüster

Der Zauber des Holunders


Amely Gräfin Platen ist auf dem Friederikenhof http://www.gut-friederikenhof.de, nahe dem Weißenhäuser Strand, aufgewachsen. Ihr Vater lehrte sie viel Wissenswerte über Pflanzen, Tiere und Bäume. Der Schäfer der Familie gab ihr Einblick in die Heilkraft der Pflanzen. Und auf dem benachbarten Schloss Weißenhaus lauschte sie den Geschichten und Märchen ihres Großvaters Clemens Graf Platen. Heute ist Amely selbst ausgebildete Märchenerzählerin und Heilpflanzenexpertin

Wer mit Amely Gräfin Platen draußen unterwegs ist, betrachtet die Natur mit anderen Augen. Denn die 47-Jährige Ostholsteinerin kennt sich aus mit magischen Kräften und verborgenen Mächten, die unsere Umwelt beseelen. Während wir am Wald entlanglaufen, um einige Holunderdolden zu ernten, fliegt plötzlich ein Buntspecht auf. „Da, ein Hollen-Vogel“, sagt Amely. Und schon sind wir beim Thema. Denn der Buntspecht gilt als Göttinnenbote. Denn seine Gefiederfarben Schwarz, Weiß und Rot sind im keltischen Raum den drei Lebensstadien von Geburt, Leben und Tod zugeordnet. Und genau diese Farben finden sich auch im Holunder wieder.
Wenn man der Pflanzen- und Kräuterkundigen glauben darf, ist der Wildstrauch nicht nur ein Busch, dessen Blüten im Juni betörend duften und sich wunderbar für köstlichen Sirup verwenden lassen. Vielmehr sei er das Zuhause von Mutter Holle.
Wohl jeder kennt Frau Holle, die uns durch ausgiebiges Schütteln ihrer Kopfkissen schneereiche Winter beschert. Und auch die gleichnamige Märchengestalt, die die faule Pechmarie bestraft und die fleißige Goldmarie mit Gaben überschüttet. Für Amely von Platen geht die Bedeutung der germanische Gottheit Mutter Holle weit darüber hinaus.

Götterwohnung

Das Glück ist mit denen, die einen Hollerstrauch im Garten haben

»Der Sage nach ist Mutter Holle eine weise, gütige Frau. Von einem unterirdischen Lichtreich aus wacht sie über die Menschen und begünstigt oder bestraft ihr Tun. Mutter Holle oder Holda, wie die Germanen sie nannten, wurde als Hausgöttin verehrt und man glaubte, dass sie im Holunder lebt. Holda heißt übersetzt so viel wie die Holde, Strahlende und Gütige. Man geht davon aus, dass sich die Sagenfigur Holle aus der nordischen Göttin Frigg, entwickelte, die im Holunderbusch wohnte und von dort aus über Haus und Hof wachte. Wenn sich im Garten, vor dem Haus oder der Scheune ein Holunderbusch ansiedelte, galt das als Segensbeweis der Hausgöttin. Dort wurde er gehegt und gepflegt. Von Zeit zu Zeit trug man auch Opfergaben in die sogenannte Holler-Ecke. Die Hausfrau goss zum Beispiel regelmäßig Wasser oder Milch an die Wurzeln, um die alte Göttin gnädig zu stimmen.

… und Kultstätte

Der Holunderstrauch verspricht Gesundheit

Zu den Zeiten, als das Wünschen noch half, hängte man dem Holunder Krankheiten an. Dazu bedurfte es eines guten Reimes und tiefer Entschlossenheit, die Krankheit los zu werden. Man befestigte ein rotes Band am Ast des Hollerbusches und sagte dazu beispielsweise dieses Sprüchlein auf: „Goden Abend, Herr Fleder, hier bring ick min Feber!“ Hatte man Zahnschmerzen, ging man rückwärts aus der Stube zum Holler, während man dreimal sagte: „Liebe Hölter, leiht mir einen Spälter, den bring ich Euch wieder.“ Dann entnahm man dem Holunder einen kleinen Span, rieb ihn an der schmerzenden Stelle und steckte ihn dann wieder in die Spalte. Der Baum würde den Schmerz mit sich in die Erde hinunterziehen.

Tor zu Unterwelt

Viel Leben steckt in den tot scheinenden Ästen

Schaut man sich den Hollerbusch genau an, wirken die knorrigen Äste, die das saftige Grün tragen, wie tot. Daher gilt der Holunder nicht nur als Domizil der Hausgöttin, sondern auch als ein Tor zur Unterwelt. Und damit zum Totenreich. Starb ein Familienmitglied, trank man bei der Totenwache Holunderblütentee. Für den Sarg nahm der Schreiner mit einer Elle aus Hollerholz Maß, derweil der Tote auf dem Reisig gebettet wurde. Auch die Grabkreuze des Verstorbenen wurden oft aus dem Strauchholz gefertigt. Schlug dieses wieder aus, nahm man das als gutes Omen.
Unglück, vielleicht sogar den Tod bedeutete es, wenn man einen Holunder fällte. Musste er doch einmal entfernt werden, durften das nur Kinder und Witwen tun. Denn sie genossen das besondere Wohlwollen der Holda. Oder man kündigte die notwendige Fällung respektvoll an.«

An dieser Stelle verschweige ich mal lieber, dass ich den Holunder in meinem Garten nichtsahnend einmal radikal beschnitten. Ein Jahr hat er gebraucht, um sich davon zu erholen. Großes Unglück ist mir erspart geblieben. Wer weiß, vielleicht bin ich ja doch gesegnet … Sicherheitshalber werde ich gelegentlich mit einem Glas Milch begießen. Oder eine weiße Speise „opfern“, zum Beispiel dieses Erdbeer-Joghurt-Parfait mit Holunder https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/06/08/naschen-unterm-hollerbusch/

Götterspeise: ein Parfait von Erdbeeren und Holunder

Mehr zu Amely Gräfin Platen unter http://www.amalind.de

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Die Würde des Menschen
ist antastbar

Der Tod kommt unerwartet, auch wenn genug Zeit blieb, um sich auf ihn vorzubereiten. Zwei Jahre hat er sich Zeit gelassen. Zwei Jahre sind eine lange Zeit für ein Kind, das gerade in die Schule gekommen ist, als seine Mutter schwer erkrankt. Und zwei Jahre Schmerzen und Leiden sind eine viel zu lange Zeit für die Mutter, die gern noch geblieben wäre. Bei ihrem Mann, ihren beiden Töchtern. Aber der Tod fragt nicht nach Sehnsucht, nach Liebe, nach Hoffnung. Beate Rincks Mutter starb an Krebs. Da war das Mädchen gerade mal acht Jahre alt. Vielleicht ist deswegen der Übergang vom Leben zum Tod ihr Thema. Ein Thema, das die meisten Menschen lieber verdrängen.
Hier erzählt Beate Rinck, Initiatorin des Fördervereins Hospiz Wagrien-Fehmarn e.V., warum der Tod ihr ebenso nah ist wie das Leben.

Die Unfassbarkeit des Todes

„Das Sterben begleitet mich schon seit meiner Kindheit in Niedersachsen. Als ich sechs Jahre alt war, erkrankte meine Mutter an Krebs. Ich erinnere mich noch genau an die Besuche im Krankenhaus, zwei Mal die Woche. Es gehörte zu meinem Alltag dazu, dass ich meine Mutter am Mittwoch und am Samstag oder Sonntag mit meinem Vater im Krankenhaus besuchte. Ich erinnere mich noch an das Krankenzimmer und den Blick auf hohe Bäume in denen Krähen wohnten. Es ist sehr lange her, aber ich habe fest daran geglaubt, dass meine Mutter wieder gesund wird. Etwas anderes ist für ein Kind dieses Alters ja auch nicht vorstellbar. Erst einige Tage bevor sie tatsächlich starb, klärte mich eine gute Bekannte der Familie auf Wunsch meines Vaters auf. Ich erinnere mich, dass ich sehr zornig auf die Frau war und ihr kein Wort geglaubt habe. Auch bei niemand anderen fragte ich nach, ob stimmt, was sie mir erzählte. Die Antwort wollte ich wohl nicht hören. Meine Mutter verstarb im Krankenhaus, ihr Bett war neben einen Schreibtisch im Arztzimmer geschoben, dort habe ich sie noch einmal gesehen.
Unsere Mutter unwiederbringlich verloren zu haben, war für mich und meine ältere Schwester nur schwer zu überwinden. Der Kummer über den Verlust der Mutter blieb, auch nachdem mein Vater sich – wohl auch aus ganz praktischen Erwägungen heraus – rasch wiederverheiratete.
Als ich 16 war, verstarb auch er völlig unerwartet nach einem Herzinfarkt. Diese beiden frühen Todesfälle haben sicher mein ganzes Leben geprägt. Aber das ist mir erst viel später bewusst geworden.“

Was ist richtig?

Der Tod und das Sterben haben Beate Rincks spätere berufliche Entwicklung beeinflusst. An der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH) machte sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester und blieb dort bis 1989 im Dienst. Die letzten sechs der insgesamt zehn Jahre arbeitete sie als Pflegekraft in der Transplantationsmedizin. Eine intensivmedizinische Abteilung, in der es sprichwörtlich um Leben und Tod geht. Um Hoffnung. Und um die Fragen: Welchen Wert hat ein Leben? Wird das neue Herz abgestoßen? Erhält ein Patient ein passendes Spenderorgan, das ihm noch Jahre qualitätvollen Lebens schenken kann? Oder stirbt er oder sie auf der Warteliste?
Sie weiß um die inneren Konflikte, die das Team tragen muss. Und auch die Ärzte, die sich dem Eid des Hippokrates verpflichtet fühlen. Der besagt unter anderem, … Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht … Im Klinikalltag aber können Ärzte nicht allein das Wohl, den Nutz und das Frommen im Blick behalten, die Forschung und auch ein gewisser betriebswirtschaftlicher Druck hält sie mitunter dazu an, Entscheidungen zu treffen, die zeitweise scheinbar weder der Würde, noch der Menschlichkeit dienen – speziell im Umgang mit Sterbenden. Das ergibt sich aus den intensivmedizinischen Möglichkeiten, die in einem Transplantationsbereich voll genutzt werden, das wurde auch mit den Patienten und Angehörigen vorher besprochen.

Schwierige Entscheidungen

Anfangs habe ich mich intensiv fortgebildet und das neue Wissen in die Arbeit mit den schwerkranken Patienten eingebracht. Mit den Jahren wurde die Arbeit dort, wie bei allen KollegInnen, zu einer hohen emotionalen Belastung. Das eigentlich Belastende war nicht der Tod nach einer schweren Abstoßung oder anderen Komplikationen. Es war vielmehr das Leiden, dass einige PatientInnen z. B. im Verlauf durchlebten. Eine Universitätsklinik ist neben der Patientenversorgung in einem hohen Maße an Forschung interessiert. Da erschien es mir manchmal, als wären die Überlebensraten, also reine Statistik, wichtiger als die Würde der Betroffenen. Das konnte schon einmal ethischen Auseinandersetzungen zwischen den Berufsgruppen führen.
Für die Pflegekräfte waren einige ärztliche Entscheidungen schwierig zu bewältigen oder nachzuvollziehen, da sie zumeist während der ganze Dienstschicht mit den Patienten verbrachten und so die die Nöte der PatientInnen dichter erlebten.“

Neubeginn in Ostholstein

Ende der 80er Jahre erfolgte eine berufliche Veränderung , weil Beate Rinck und ihr Mann von Niedersachsen nach Schleswig-Holstein zogen. Sie arbeitete vertretungsweise in der ambulanten Pflege, gab Pflegekurse für das Rote Kreuz, um dann – bis nach der Geburt der Tochter – an die Krankenpflegeschule in Oldenburg zu wechseln. Sie wechselte dann als Pflegedienstleitung ins Management des damaligen Kreiskrankenhauses, das  2005 vom Sana-Konzern übernommen wurde. Ihr Anliegen für ihre Pflegeteams blieb aber immer der achtsame Umgang mit den PatientInnen.

Ethik und Ökonomie – ein Widerspruch?

„Es schloss sich eine Weiterbildung zur Ethikberaterin im Gesundheitswesen an. Als Ehtikberaterin beschäftigt man sich intensiv mit den Rahmenbedingungen, die mit den Lebensschwellen verbunden sind, wie z. B. Geburt und Tod. Ethikberaterinnen können Ethikkomitees etablieren und leiten, ethische Fallbesprechungen für Teams, Patientinnen und Angehörige durchführen.  
Es war Teil meiner Tätigkeit, alle ethischen Handlungsanweisungen für die Krankenpflege mitzuschreiben, die jetzt u.a. in den Sana-Kliniken auf Fehmarn oder in Eutin angewendet werden. Darin steht beispielsweise, dass Sterbende einen Anspruch auf ein Einzelzimmer haben und ihnen eine würdevolle, gepflegte Atmosphäre zu ermöglichen ist.
Soweit die Theorie. In der Praxis gestaltete sich das manchmal schwierig speziell bei hoher Belegung der Klinik. Ein Beispiel: Bei der Planung eines Neubaus mit mehreren Stationen stellte ich fest, dass es keine Einzelzimmer gab. Wo also sollten Sterbende würdevoll untergebracht sein oder wie sollten z. B. infizierte Patienten isoliert werden?  Würde man in den Doppelzimmern in der letzten Lebensphase eines Betroffenen ein Bett sperren, würde eine Belegung fehlen – mit anderen Worten: es wäre aus Sicht von Ökonomen nicht voll genutzt.
Den Pflegeteams war es ebenso wie mir sehr wichtig, dass Sterbende am Ende des Lebens allein oder mit ihren Angehörigen sein konnten. Pflegende haben ein ausgeprägtes Gespür dafür, wenn es um ethische Grenzfälle und gegen die Würde der Patienten geht. Mitarbeiterinnen formulierten in diesen Zusammenhängen auch häufig den Wunsch, dass es wichtig sei, ein Hospiz in der Region zu haben. In diesen Situationen nahm ich mir vor, mich zu einem späteren Zeitpunkt um eine Einrichtung zu kümmern, in der Menschen ein gutes Ende erleben dürfen. Nun ist es soweit. Und das ist gut so.“

Nachsatz: Beate Rinck schied 2016 aus dem Krankenhausdienst aus. Sie ist die Initiatorin und Gründerin des Fördervereins Wagrien-Fehmarn. https://www.hospiz-ostholstein.de/

Mehr zu den Plänen für ein Hospiz in Ostholstein findet ihr hier:

https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/05/30/hospiz-den-tagen-mehr-leben-geben/

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Strandkorb-Geflüster

Hospiz: Den Tagen mehr Leben geben …

Als Pflegekraft und spätere Pflegedienstleiterin war Beate Rinck mit vielen Situationen konfrontiert, in denen es um das Lebensende von Menschen im Krankenhaus ging. (Mehr dazu findet ihr in dem Protokoll Die Würde des Menschen ist antastbar: https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/05/30/die-wuerde-des-menschen-ist-antastbar/?preview=true&_thumbnail_id=973)

Ihre langjährigen Erfahrungen waren für sie Anlass, sich für die Gründung eines Hospizes im ländlich geprägten Ostholstein einzusetzen. Unterstützt durch die AktivRegion Wagrien-Fehmarn e. V. (https://ar-wf.de/home.html) gestaltete sie Arbeitskreise, in denen Mitdenker das Konzept festzurrten. Ein Jahr später wurde der Förderverein Hospiz Wagrien-Fehmarn e.V. (https://www.hospiz-ostholstein.de/) gegründet. Seither ist die Heringsdorferin in der Region unterwegs, um für ihr Anliegen zu werben. Warum sie das macht, hat sie mir beim gemeinsamen Strandkorb-Geflüster http://www.strandkorb-gefluester.de erzählt.

Beate Rinck wirbt auch in Vorträgen für die Anliegen des Fördervereins Hospiz Wagrien-Fehmarn. Das Sterben ist für manche Zuhörer ein heikles Thema, auf das sie mit Unsicherheit reagieren. Sie sagt dann meistens: „Keine Sorgen, man stirbt nicht schneller, nur weil man über den Tod spricht.“ Schon redet es sich leichter.
Liebe Beate, du machst dich für die Gründung eines Hospizes in Ostholstein stark. Was unterscheidet ein Hospiz von der Palliativstation eines Krankenhauses?

Zunächst einmal ist die Palliativstation einer Klinik eine ganz normale Station in einem Krankenhaus, also können das auch Mehrbettzimmer sein. Allerdings ist diese Abteilung personell besser aufgestellt, und die pflegerische und medizinische Versorgung ist intensiver als auf den anderen Stationen. Alle Ärzte und das Pflegepersonal haben eine palliative Zusatzausbildung. Eine palliative Behandlung im Krankenhaus bedeutet , dass dort Patienten untergebracht sind, die mit Schmerzmedikamenten versorgt  und mit ihren Symptomen eingestellt werden und mit ihrer Erkrankung durchaus noch ein, zwei Jahre leben können. Andere Patienten sind dort in den letzten Tagen oder Wochen bis zu ihrem Lebensende. Ein würdiges Ende ist dem Behandlungsteam sehr wichtig.

Und was ist das Besondere an einem Hospiz?

Die letzte Sterbephase ist ein intimer Vorgang, der von den Menschen am Lebensende sehr unterschiedlich erlebt wird, es geht um Ängste, um Sorge um die Zurückbleibenden, aber auch dem Bedürfnis nach Ruhe, Erlösung und manchmal auch noch um Klärung von Ungesagtem. Oft sind die allerletzten Tage gekennzeichnet von einem hohen Schlafbedürfnis. Anders als im Krankenhaus unterstützt ein sehr persönlich gestalteter und geschützter Rahmen Sterbende darin, ihre Emotionen ausleben zu dürfen und sich vom Leben zu lösen.

Wie muss ich mir das genau vorstellen?

Im Gegensatz zum Krankenhaus bezeichne ich ein Hospiz gern als eine Art schönes Gesundheits-Hotel für Menschen in der allerletzten Lebensphase. Da dürfen persönliche Bilder an den Wänden sein, viel Farbe und Pflanzen. Dort darf gegebenenfalls sogar der geliebte Hund oder die Katze zu Besuch kommen. Vor allem aber können die Angehörigen auf Wunsch mit im Zimmer schlafen oder in einem Gästezimmer. Kurz gesagt: In einem Hospiz geht fast alles. Es ist zwar ein Ort zum Sterben, an dem das Leben aber nicht aufhört, mit allem was dazu gehört: die Angst und Tränen, aber auch die Fröhlichkeit und Freude über die Blumen oder die Enkelkinder, die zu Besuch kommen.

Das klingt beinahe so, als wäre es wie zu Hause …

Ja, zu Hause sterben zu dürfen, wünschen sich die meisten Menschen. Doch dieser Wunsch geht nur für wenige in Erfüllung. Denn je nach Schwere der Erkrankung stehen viele Fragen im Raum: Gibt es jemanden, der mich versorgen kann? Ist der Partner emotional stabil genug, um diesen manchmal schweren Weg mitzugehen? Kann ich von den Aufgaben ablassen, die im gewohnten häuslichen Umfeld zu besseren Zeiten auf mich gewartet haben? Denn bei manchen Menschen verhindert allein ein Blick in den Garten, in dem die Stauden jetzt unbedingt noch beschnitten werden müssten, das notwendige Zur-Ruhe-kommen, dass man zum Loslassen braucht. Das Unerledigte kann zur Belastung werden. Und auch die Sorge um die geliebten Menschen, die man zurücklassen muss. Im Hospiz erfahren die sterbenden Gäste aber, dass wir uns nicht nur für sie, sondern uns auch um ihre Angehörigen kümmern, auch über den Tod hinaus.

Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Tage zu geben,
sondern den Tagen mehr Leben

Das Credo des Fördervereins Hospiz Ostholstein – ein Zitat von Cicely Saunders, der Begründerin der Hospizbewegung
Wie wird die Betreuung im Hospiz gewährleistet?

Die Versorgung wird von den Mitarbeitenden mit einer palliativpflegerischen Zusatzausbildung übernommen. Unterstützt werden diese von Sozialarbeit, Physiotherapie und Servicepersonal. Die ärztliche Versorgung erfolgt durch Hausärzte und Palliativmediziner. Nach ihren individuellen Behandlungsplänen orientieren sich die Pflegenden. Bei Bedarf werden ärztliche Visiten durchgeführt, eine ständige ärztliche Anwesenheit wie in Krankenhäusern ist in Hospizen aber nicht üblich. Ein ganz wichtiger Baustein sind die ehrenamtlichen Helfer und Unterstützer, ohne die die den sterbenden Menschen zugewandte Arbeit kaum zu leisten ist.

Was macht nach deiner Erfahrung den Menschen das Sterben leichter?

Schmerzfreiheit und Freiheit von quälenden Symptomen wie Angst, Luftnot oder Erbrechen. Die Lieblingsmusik. Ein Blick ins Grüne. Die Gesellschaft geliebter Menschen oder ihrer Tiere. Wohlige Kindheitserinnerungen, die als Wunsch wiederkehren, etwa nach einem Stück Erdbeerkuchen. Das Beibehalten von kleinen Ritualen – und sei es der Eierlikör am Vormittag um 11 Uhr. Ein Leitsatz der Palliativmedizin lautet: „Der Sterbende ist der Dirigent“. Also werden seine Wünsche erfüllt – auch wenn die Gäste den Kuchen dann doch nicht aufessen können oder eigentlich nur einmal am Gläschen schnuppern wollen.

Der Sterbende ist der Dirigent

Ein Leitsatz der Palliativmedizin
Um Sterbenden das zu ermöglichen, sammelt euer Förderverein Spenden. Wofür genau benötigt ihr das Geld?

Insgesamt werden ca. 4 Millionen Euro benötigt, wobei 25 Prozent bestenfalls über Fördermittel des Landes SHchleswig-Holstein übernommen werden. Der restliche Betrag muss über Spenden und Kredite finanziert werden. Von daher ist jeder Cent ein Baustein für das Hospiz.

Wo soll euer „Gesundheits-Hotel zum Lebensende“ denn entstehen?

Im östlichen Teil Holsteins sind bisher sind stationäre Hospize in Kiel und Lübeck zu finden. Die ländliche Region in Wagrien und auf der Insel Fehmarn, der Bereich bis Plön und nach Süden bis Neustadt sind also komplett unterversorgt. Wir wünschen uns einen Standort, der gut erreichbar ist und haben, auch in Absprache mit dem Sozialministerium, Oldenburg in Holstein in den Fokus genommen. Dort haben wir aktuell ein Grundstück in Aussicht, das ideale Voraussetzungen bietet. Es liegt am Stadtrand von Oldenburg und wäre perfekt geeignet. Es wäre groß genug, um zehn bis zwölf Gästezimmer mit Terrasse und Angehörigenapartments zu bauen und bietet einen wunderbaren Ausblick über die Wiesen. Wäre das nicht wunderbar?!

Mehr Infos zum Förderverein und Möglichkeiten zur ehrenamtlichen Mitarbeit

https://www.hospiz-ostholstein.de/

Ihr möchtet spenden?

Förderverein Hospiz Wagrien-Fehmarn e.V.

Sparkasse Ostholstein
IBAN: DE92 2135 2240 0179 2254 95
BIC: NOLADE21HOL

Volksbank Ostholstein Nord-Plön eG
IBAN: DE65 2139 0008 0000 2998 12
BIC: GENODEF1NSH

Weitere Angebote zum Hospizdienst in Ostholstein

Beistand am Lebensende, https://www.beistand-am-lebensende.de

Hospizinitiative Eutin e.V., http://hospizinitiative-eutin.org

Hospizverein Preetz e.V., https://hospizverein-preetz.de/

Hospizverein Lütjenburg e.V., https://hospizverein-luetjenburg.de

Elisabeth Krankenhaus Eutin, https://www.sek-eutin.de

SAPV im östlichen Holstein, http://sapv.online

Palliatvnetz im östlichen Holstein e.V., http://www.palliativnetz-östliches-holstein.de

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Land-Lauschen

Imker aus Leidenschaft

Max Voß‘ Beuten auf dem Hof in Cismarfelde

Es ist endlich wärmer geworden an diesem Sonntag, ein paar Tage nach den Eisheiligen. Und Max Voß ist ein bisschen spät dran mit seiner Arbeit, wie er von den Kollegen gehört hat. „Wir hatten ja einen sonnig-warmen April und Mai und die Rapsblüte ist früh in diesem Jahr. Meine Imkerfreunde haben die erste Tracht schon geschleudert, nun muss das also losgehen“, sagt er, zieht seine blaue Arbeitsjacke an und marschiert von seinem Wohnhaus rüber zum Hof. In der Scheune streift er seine Schutzkleidung über die blaue Arbeitsjacke, schnappt sich sein Arbeitsgerät. Dann schaut er nach seinen Bienen. Denn bevor es ans Honigschleudern geht, wird in der „guten Stube“ der Immen erstmal aufgeräumt.

Jetzt, wo das Futterangebot reicher und es draußen wärmer wird, geraten die Bienen ins Schwärmen, denn im Bienenstock ist es durch die nachwachsende Generation eng geworden. Sogenannte Ammenbienen, die bisher mit der Pflege und Aufzucht der Brut beschäftigt waren, beginnen nun extra große Zellen zu bauen, die sogenannten Weiselzellen, aus denen neue Königinnen schlüpfen werden. „Sind die erst einmal da, folgen sie ihrem Schwarmtrieb und nehmen die Hälfte des Bienenvolkes mit sich“, sagt Max. Und weil er an seinen Tieren hängt, kann er das keinesfalls zulassen.

Die Tiere, das Draußensein sind ein Teil seiner selbst

Max Voß prüft den Wassergehalt des Nektars mit einem Refraktometer, mit dem auch der Öchslegrad von Wein bestimmt wird

Max Voß ist in seinem langen Leben schon vieles gewesen: Landwirt, Besamer, Feuerwehrmann, Mitstreiter beim Erhalt des historischen Klosters Cismar, Klosterjäger und sogar ein König, genauer gesagt: Schützenkönig beim Bürgervogelschießen der Freiwilligen Feuerwehr Cismar. Kurz: ein Mann jener Generation, die ohne Zögern anpackt, weil das „Wir“ und der Zusammenhalt an erster Stelle stehen. Zwei Dörfer weiter, in Manhagenerfelde (Gemeinde Lensahn), ist er als Sohn eines Kolonialwarenhändlers großgeworden. Aus Liebe zu seiner Frau Erika heiratete er, ein gelernter Landwirt, auf einen landwirtschaftlichen Betrieb in Cismarfelde ein. Doch in den 1970er Jahren reichten die 35 Hektar Acker und Weideland für das Milchvieh nicht mehr aus, um rentabel zu sein. Das Vieh wurde aufgegeben, das Land verpachtet. Also war Max 40 Jahre lang als Besamer unterwegs in der Region. Mit dem Sperma, das Zuchtbullen gespendet hatten, sorgte er für den Nachwuchs auf den ostholsteinischen Milchbetrieben, weshalb die Rinderbauern ihn scherzhaft den Beinamen „Rucksackbulle“ gaben. Neben Beruf und Ehrenamt nahm er sich noch Zeit für die Tiere, „zum Ausgleich“ wie er sagt.

Wunderwerk Wabe: Bienen „verständigen sich über engsten Körperkontakt

Doch die waren um vieles kleiner als die Rinder. Anfangs züchtete Max Hühner, dann Tauben – bis allergische Reaktionen der Geflügelleidenschaft ein Ende bereiteten. Aber wenn man mit der Natur aufgewachsen ist, dann wird sie Teil von einem selbst, ein Leben lang. Auch bei Max hörte das Sehnen nicht auf: nach eigenen Tieren, nach dem Draußensein. Also verlegte er sich aufs Imkern, so wie sein Vater, der 1942 im Krieg sein Leben verlor, da war Max gerade mal fünf Jahre alt. Und nun steht er selbst mit seinen 83 Jahren hier auf dem Hof der Schwiegereltern, vor seinen Bienen, mit denen er seine lebenslange Passion als Landwirt ausleben kann. Seit er über die nützlichen Insekten wacht, nennt er sich mit einer Mischung aus Stolz und Ironie „Massentierhalter“, denn in seinen neun Bienenstöcken leben insgesamt 360.000 der nützlichen Insekten auf allerengstem Raum.

Ein Fehler und alles ist zunichte

„Landwirtschaft ist wie eine Sucht“, sagt er. „Man arbeitet über das ganze Jahr auf den Ertrag hin. Macht man nur einen groben Fehler, gibt es keinen Ertrag.“ Einer dieser Fehler könnte das bei Imkern gefürchtete Schwärmen sein. Deshalb untersucht Max akribisch jede einzelne Kiste, Zarge genannt. Solch eine Zarge wiegt an die 25 Kilo, schätzt Max, gefühlt ist sie aber deutlich schwerer – an die 30 Kilo nehme ich an. Ich kann sie jedenfalls um keinen Zentimeter anheben. Und auch Max kann sie mittlerweile nicht mehr herumwuchten, zu viele Jahre harter Arbeit lasten auf seinen Schultern. Aber Timo Stark kann das, der ewig hilfsbereite Nachbar, ein kräftiger junger Mann. „Ein Glück, dass ich ihn habe“, sagt Max.

Timo Stark (rechts) ist mittlerweile Max Voß‘ wichtigste Stütze und macht seinem Namen alle Ehre

Max öffnet den Deckel, zieht nacheinander die einzelnen Waben heraus und begutachtet die einzelnen Zellen. „Alles okay“, sagt er. Deckel drauf, Timo hievt die Zarge beiseite. So geht es fort, bis zur übernächsten Kiste, die beiden machen nicht viele Worte. „Guck mal hier, hier ist eine Weiselzelle. Die breche ich jetzt raus“, sagt Max beinahe schuldbewusst, greift aber entschlossen zum Beitel und knipst die Weiselzelle weg.

Bienen nützen heißt, sie schützen

Goldgräberstimmung: Ist der Wachsdeckel erst abgeschabt, kann der Honig aus den Waben fließen

Für Max sind Bienen faszinierende Tiere. „Wie die sich organisieren, das ist schon ein Wunder“, sagt er. Aber ihm geht es, wie jedem anderen Imker auch, um einen möglichst reichen Ertrag. Das Schwärmen eines halben Volkes wäre da schwer zu verkraften. Schmerzhafter ist nur der massenhafte Verlust durch einen Schädling, der die Beute heimsucht: die Varroamilbe. Das ist ein aus Ostasien eingeschleppter Parasit, der die Bienen und ihre Brut auf vielfältige Weise schwächt. „Die nisten sich mit Vorliebe in Drohnenzellen ein“, weiß Max. Deshalb muss er auch dem männlichen Nachwuchs zu Leibe rücken. Wieder zieht er eine Wabe heraus. Deutlich stehen die mit Wachs verdeckelten Zellen hervor, denn die Larven der Männchen sind deutlich größer als die der Weibchen. Beherzt bricht Max den größten Teil heraus. „Ein paar muss ich schon im Stock belassen“, sagt er, „denn ohne Drohnen gäbe es keinen Nachwuchs, und ohne Nachwuchs keinen Honig.“

Fast einen halben Tag bringen Max und Timo mit dem „Säubern“ des Bienenstocks zu. Dann ist es genug für heute. Jetzt geht’s für Max erst einmal nach Hause zu seiner Frau Erika. Pause machen, ausruhen und Kraft schöpfen für den nächsten Tag. Dann werden die prall mit flüssiger Süßigkeit gefüllten Waben geschleudert, für den ersten Honig der Saison.

Info Wer in den Genuss von Max Voß‘ Rapshonig kommen will, muss sich sputen. Der Haustürverkauf startet etwa am 10. Juni 2020 in Cismarfelde 1, 23743 Grömitz-Cismar.
Öffnungszeiten Gibt’s nicht. Der Hausherr meint: „Einfach klingeln! Wenn keiner da ist, dann habt ihr Pech gehabt.“

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Raps: Das Gold Ostholsteins

Heute wollen die Wolken über dem Ostseeferienland einfach nicht weichen. Hartnäckig raubt eine geschlossene Decke dem Grün der Landschaft seine Strahlkraft. Das Gelb des Rapsfelds leuchtet sogar bei dieser trüben Stimmung, aber der betörende Blütenduft, der einen bei einem Spaziergang in sonniger Wärme ganz beschwipst machen kann, kitzelt nur noch als feiner Hauch die Nase.

Oke Steensen bei der Kontrolle seines Rapsfeldes

Auch Oke Steensens sonst strahlendes Gesicht ist bewölkt. Er streift durch den Raps, knipst hier und da eine Blüte ab und pult sie mit den Fingernägeln auseinander. „Da, da ist schon wieder einer“, sagt er. „Das ist ein Kohlschotenrüssler, der legt seine Eier in den Schoten ab. Daraus entstehen Larven, die den Schotenansatz auffressen.Wenn dann noch die Kohlschotenmücke dazukommt, müssen wir mit Ernteausfällen rechnen. Da hilft nur noch hoffen, dass alles gut geht, denn um Pflanzenschutzmittel auszubringen, ist es jetzt zu spät.“

Eine Weide für Bienen und andere Insekten

Die sich goldgelb im beständigen Wind der Ostsee wiegenden Rapsfelder sehen aus wie ein Frühsommermärchen. In diesem blühenden Mikrokosmos tummeln sich Hunderttausende Bienen, die hier den Nektar für die erste Tracht des Jahres sammeln. Zwischen diesen nützlichen Insekten, die nur zum Naschen vorbeischauen, lassen sich an der kohlartigen Pflanze aber einige Schädlinge dauerhaft nieder, etwa der Rapsstängelrüssler, der Kohltriebrüssler und eben auch die Kohlschotenmücke und der Kohlschotenrüssler. Sie finden in den langen Stängeln oder Schoten ideale Brutstuben für ihre Larven. Vor allem der Rapsglanzkäfer, der die Blüten abfrisst, kann zu Totalausfällen führen, weshalb ökologisch angebauter Raps (laut Ökolandbau) mit 0,2 Prozent Anteil an der gesamten deutschen Rapsanbaufläche eine Ausnahmeerscheinung ist. 

Ob sich ein möglicher Ernteschaden in Grenzen halten wird? Das wird sich erst in ein paar Wochen zeigen. Zwar neigt sich in diesen Tagen die Rapsblüte dem Ende zu, doch erst im Juli werden die ausgereiften Schoten gedroschen. Und dann fallen wieder einige Zentner Saat ab, aus der flüssiges Gold aus Ostholstein gewonnen wird.

Gesundes aus der Flasche

Blüte, Korn und Rapskuchen

Zuhause, auf Steensens Bauernhof, hält Oke Milchvieh. Für die Rinder ist Raps energiereiches Futter. Aus den Körnern lässt sich aber auch ein ernährungsphysiologisch wertvolles Öl gewinnen. Einige Zentner Rapssaat aus der letzten Ernte hat Oke Steensen noch von Nachbarn ergattern können. Die hängen in einem großen Sack im oberen Geschoss des alten Speichers und rieseln von dort direkt in die Ölpresse. Auf der einen Seite fließt kalt gepresstes Öl, auf der anderen Seite fallen die festen Bestandteile als pelletförmiger Rapskuchen in die Schubkarre, um als eiweißreiches Kraftfutter in den Trögen der Milchkühe zu landen.

„Sieht das nicht herrlich aus?!“, sagt Oke, während er zusammen mit seiner Frau Eike das sonnengelbe Rapsöl in Flaschen abfüllt. Das sieht nicht nur herrlich aus, es schmeckt auch so und ist zudem gesund. Es enthält das antioxidativ wirkende Vitamin E und liefert eine optimale Balance von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, die dabei helfen, einen zu hohen Spiegel an schädlichem LDL-Cholesterin im Blut zu senken.

Das Schönste daran aber ist, dass jeder Esslöffel einem die Wartezeit auf die Rapsblüte im nächsten Jahr verkürzt.

* Das gute Rapsöl bekommt ihr im Regiomaten von Steensens Bauernhof (www.steensens-bauernhof.de), Cismarfelde 16,
23743 Grömitz-Cismar

Rapsöl: Vom Leuchtmittel zum Küchenliebling

Ursprünglich stammt die Ölpflanze aus dem östlichen Mittelmeerraum. Angeblich war sie schon bei den alten Römern bekannt und wurde zur Gewinnung von Speise-, vor allem aber von Lampenöl verwendet. Hierzulande galt Raps, neben dem artverwandten Rübsen, im 16./17. Jahrhundert als wichtigste Brennstofflieferant für Öllampen. Als Öl in der Küche kam es wegen seines bitteren Geschmacks bestenfalls in Hungerperioden auf den Tisch. Erst ab etwa Mitte der 1970er Jahre kamen Neuzüchtungen auf den Markt, die nur noch geringe Mengen der bitteren Erucasäure enthielten und nahezu frei waren von giftigen Senfölgylkosiden. So konnten die neuen Sorten bedenkenlos als Speiseöl verwendet werden. Raps als nachwachsender Rohstoff ist auch Bestandteil der Biokraftstoffe.

Gut zu wissen

Ob aus Oliven, Leinsaat, Disteln oder Sonnenblumen gepresst – es gibt verschiedene Pflanzenölkategorien. Was die einzelnen Bezeichnung bedeuten

Nativ: Wird aus geschälter oder ungeschälter Saat ohne Wärmezufuhr gewonnen. Bitte nur für die kalte Küche verwenden, da es nicht erhitzt werden darf.

Kalt gepresst: wird aus ausgewählter Saat und besonders schonend hergestellt.

Nicht raffiniert nennt man natives Öl, das zur Erhöhung der Haltbarkeit mit Wasserdampf behandelt wurde.

Raffiniert: Gepresst oder extrahiert mithilfe von chemischen Lösemitteln und Wärmezufuhr. Kann zum höher temperierten Braten und Kochen verwendet werden.

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Von wegen platt …

… natürlich haben wir Berge im Ostseeferienland – aus Seegras. Aber zugegeben: ein paar Böen aus dem Westen und zwei Tage Sonne, dann sind sie wieder verschwunden

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Meeres-Rauschen

Von frommen Lämmern, Landschaftsgärtnern und Delikatesslieferanten

Der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner allerdings hat vor über 460 Jahren in seinem „Thierbuch“ folgendes vermerkt: „Ein Schaf ist ein mildes, einfältiges, demütiges, stilles, gehorsames, furchtsames und närrisches Tier … Wenn eines sich verläuft …, stürzen sich die anderen alle hernach.“ Ich bin überzeugt, man wird den unterschiedlichen Hausschafrassen und -typen, die allesamt vom Armenischen Mufflon abstammen, mit dieser Charakterbeschreibung nicht gerecht. Aber ihr an Schicksalsergebenheit erinnernder Sanftmut erklärt wahrscheinlich, warum die Kirche die Metaphern vom Hirten (dem Pastor) und seiner Herde (der Gemeinde) gebraucht und das Lamm Gottes zum Sinnbild für den alles erduldenden Jesus Christus wurde. Vielleicht fiel es dem Menschen wegen dieser genügsamen Facette so leicht, sich die wolligen Wiederkäuer zunutze zu machen. 

Neben der Wolle, der Milch und dem Fleisch finden Schafprodukte vielfältige Verwendung. Was nach der Schlachtung übrig bleibt, bildet beispielsweise das Rohmaterial für Leime, Kerzen und Seife sowie kosmetische Produkte. Der Darm dient als Wurstpelle und wird zum Bespannen von Tennisschlägern verwendet. Trotzdem gibt es immer weniger Schafe. Bundesweit weiden noch gut 1,6 Millionen der wolligen Nutztiere, in Schleswig-Holstein sind es, nach Angaben des Schaftzuchtverbands, 200.00 Mutterschafe. Dreizehn Jahre zuvor waren es beinahe doppelt so viele. Warum die Schäfer sich von ihren Herden trennen? Weil die extrem zeitraubende Bürokratie ihnen über den Kopf wächst und die Schafhaltung unwirtschaftlich wird. 

Küstenschutz auf vier Beinen

Aber zum Glück prägen die wolligen Paarhufer noch immer das Landschaftsbild zwischen den Meeren. Mit „goldenem Tritt“ trampeln sie die Deiche fest, die der Mensch einst dem Meer abgerungen hat und seither gegen Sturmfluten verteidigt werden müssen. Und den Bewuchs knabbern sie mit ihrem „goldenen Biss“ knapp über den Wurzeln ab. Auf diese Weise bilden sich festere Grasnarben aus, durch die heranflutende Wassermassen nicht so leicht in den Deich eindringen können. Auch Wiesen, Äcker und Kargland halten sie so von Verbuschung frei.

Die lütten Lämmer, die gerade am Deich nördlich von Dahme herumtollen und Bocksprünge vollführen, wissen noch nichts davon, wie unentbehrlich sie sind. Und wir? Wir genießen das große Kino und schauen den „Deichgärtnern“ entzückt bei der Arbeit zu.

Wozu Schafe noch gut sind, findet ihr hier: https://www.strandkorb-gefluester.de/2020/04/07/die-frau-die-ein-ganzes-tal-veraendert-hat/